kompakten Geschmack. Da ist von allem etwas dabei. Sie können perfekt als Sonn- tagsnachmittags-Kaffee zubereitet werden. Es gibt auch Spitzenkaffees aus Hawaii, Jamaika und Indonesien. Meine Sorten kommen aus Guatemala, Brasilien, Äthio- pien, Kenia, Indien und Indonesien. Wo bekommen Sie Ihren Kaffee? Müssen Sie dafür nach Hamburg in den Hafen fah- ren und ihn vom Container abnehmen? Das funktioniert tatsächlich so: Der Kaffee kommt über Hamburg in die Hafencity zum großen Coffee Plaza. Dort sitzen die Roh- kaffee-Händler, die nur kleine Röstereien beliefern. Diese Händler sind auf Kaffeespe- zialitäten spezialisiert. Sie kaufen nur sehr hochwertige Kaffeesorten und lagern sie in verschiedenen Kaffeelagern der Hansestadt. Wir lassen den Kaffee von dort per Spediteur abholen und nach Sylt transportieren. Das ist ziemlich aufwändig, aber wir haben einen tollen Spediteur gefunden. Die Kaffeeboh- nen sind dann noch nicht geröstet und wer- den wie in alten Spielfilmen in Jute-Säcke verpackt angeliefert. Wir haben die Säcke teilweise auch als Deko bei uns im Laden. Worauf legen die Kunden heutzutage Ihrer Meinung nach am meisten Wert? Hat sich etwas im Vergleich zu früher geändert? Der Genuss steht immer mehr im Vorder- grund. Es geht nicht mehr nur um den Wachmacher, vielmehr geht es – wie bei einem guten Wein – um das, was man schmeckt, wenn man den Kaffee trinkt. So wie: „Oh, das ist ein Aroma, das ich so noch nie probiert und geschmeckt habe.“ Es löst ganz andere Glücksgefühle aus, als ein- facher Kaffee mit Milch und Zucker. Die Leute legen heute auch mehr Wert auf Qua- lität und Transparenz. Sie möchten wissen, wo der Kaffee herkommt und wie die sozi- alen Strukturen vor Ort sind und das ist toll. Wenn Kollegen aus der Gastro Interesse haben, bei Ihnen Kaffee zu bestellen oder zum Probieren anzufordern, an wen kön- nen sie sich wenden? Am besten sprechen sie mich direkt an. Ei- nige meiner Gastrokunden erhalten eine Spezialmischung, der auf den Geschmack der jeweiligen Kundengruppe abgestimmt sein kann. Ob Filterkaffee oder Gastroma- schine, wir rösten oder mahlen entspre- chend den Vorstellungen und verschicken dann den Kaffee natürlich. kaffeeroesterei-sylt.com Wo genau liegen die Unterschiede zwi- schen Ihrem und industriellem Röstungs- verfahren? Bei der industriellen Röstung wird nur 70-90 Sekunden lang mit heißer Luft bei hoher Temperatur geröstet. Wir hingegen rösten bei circa 200 Grad am heißen Metall unseres Trommelrösters und wesentlich langsamer. Dadurch können sich die Aromen voll ent- falten und die Chlorogensäuren, die den Magen reizen können, werden abgebaut. Im Grunde gibt es bei den industriellen Groß- röstern gar keinen Kontakt mit Metall, so wie es bei uns der Fall ist, dort wirbelt und transportiert heiße Luft die Bohnen nur 90 Sekunden bei fast 500 Grad über eine Art Lochblech-Röststraße. Die Produktionsabläufe sind natürlich we- sentlich schneller bei den riesigen Röstanla- gen. Doch bei uns macht die Qualität den Unterschied, was sich dann auch im höhe- ren Preis niederschlägt. Hier spielt zudem die abzuführende Kaffeesteuer eine be- trächtliche Rolle. Pro Kilo müssen wir und alle anderen Kaffeeproduzenten in Deutsch- land 2,19 Euro an den Zoll abführen. Wir kaufen hochwertigen Rohkaffee und haben deutlich höhere Kilopreise. Wir wollen ganz klar wissen, wo der Kaffee herkommt. Das heißt, ich kann bei fast allen Kaffees in mei- nem Laden genau sagen, von welcher Finca er stammt und in welcher Höhe er angebaut wurde. Wie er fermentiert, ob er maschinell gepflückt und auch, wie er weiterverarbeitet und sortiert wurde. Was verbirgt sich hinter dem Beg riff „Hochland-Kaffee“? Die Anbauhöhe des Guatemala-Kaffee, den ich im Sortiment habe, macht ihn beispiels- weise zu einem Hochland-Kaffee, er wird nämlich auf 1400 bis 1600 Meter ange- pflanzt. Die Höhe hat Einfluss auf die Qua- lität, denn die Bohne reift langsamer, sie hat eine höhere Dichte und dadurch ein anderes Verhalten beim Rösten. Es entsteht eine deutlich höhere Aromenvielfalt. Gibt es auch einen geschmacklichen Un- terschied, wenn die Bohnen per Hand statt mit der Maschine geerntet wurden? Ja, denn der erfahrene Kaffeebauer sieht ge- nau, welche Bohne reif, unreif oder überreif ist. Die Maschine dagegen pflückt alles und im Nachhinein muss aufwändig die Spreu vom Weizen getrennt werden. Das heißt, es gelangen viele unreife oder überreife Kaffee- bohnen in den Ausschank. Wenn alles von Hand gepflückt wird, sieht man genau, wel- che Bohnen gerade optimal gereift sind. Es wird nicht alles an einem Tag abgeerntet, sondern die Plantagen werden immer wieder durchwandert und nachgeerntet. Wo wächst der beste Kaffee? Oder kann das so pauschal nicht gesagt werden? Das ist wirklich eine Geschmackssache. Für Guatemala-Kaffee ist zum Beispiel die leichte Schokoladen-Note charakteristisch. Wer eher etwas Fruchtiges haben möchte, geht in Richtung afrikanischer Bohnen: Äthiopien oder Kenia. Brasilianer haben oft einen sehr gefälligen, ausgewogenen und GASTGEWERBE TREND & TEST 2/2020 11