Eigentlich ist die Idee doch gut: Mitarbeiter werben selbst für das Unternehmen, für das sie arbeiten. Dabei sind viele Formen denkbar. Angefangen von der Hochglanzbroschüre eines Hotels über Fotos auf der Homepage bis hin zur Weihnachtsfeier auf Social Media oder wie im vorliegenden Fall das Schulungsvideo; überall werden zufriedene und glückliche Mitarbeiter bei der Arbeit oder auch einer Veranstaltung gezeigt. Kunden, Gäste und Bewerber können sich leicht mit den abgebildeten Personen identifizieren, weil sie Menschen sind wie Du und ich. Und wenn sie die abgebildeten Personen dann noch im tatsächlichen Leben wieder treffen, kommt das Unternehmen nur noch authentischer rüber. Auf der anderen Seite fühlen sich auch die Mitarbeiter gewertschätzt und identifizieren sich auf diese Art und Weise mit ihrem Arbeitgeber. Eine „Win-Win-Situation“ könnte man meinen.
Dennoch häufen sich die Schadensersatzklagen wegen Datenschutzverstößen, so auch in dem zugrundeliegenden Fall. Vorliegend macht der Kläger unter anderen einen Schadensersatzanspruch wegen unerlaubter Verwendung von Video- und Fotoaufnahmen mit Abbildungen von ihm nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber geltend.
Was war passiert?
Der Kläger war bis zum 30. April 2019 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Werbetechnikbranche, als Werbetechniker im Bereich Folierung angestellt. Seit 1. Mai 2019 ist er bei einem Mitbewerber der Beklagten tätig. Die Beklagte veranstaltet unter anderem für interne Mitarbeiter und für Externe Schulungen in Sachen Folierung. Der Kläger leitete auch diese von der Beklagten angebotene Schulungen, wobei er besonderes Knowhow rund um das Thema „Folieren“ an die Teilnehmer weitergab. Während des Bestands des Arbeitsverhältnisses ließ die Beklagte mit Einverständnis des Klägers von diesem zahlreiche Fotos „bei der Arbeit“ machen und ein ca. vierminütiges Werbevideo produzieren, das sodann mit Einverständnis des Klägers zu Werbezwecken im Internet verwendet wurde. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis wurden die Fotos sowie das Video durch die Beklagte zunächst weiterhin verwendet.
Der Kläger forderte die Beklagte mehrfach zur Löschung des streitigen Bildmaterials auf. Die Beklagte kam der Aufforderung jedoch zunächst nicht nach. Dem geltend gemachten Beseitigungsanspruch leistete die Beklagte erst im Februar 2020 vollumfänglich Folge. Der Kläger klagte unter anderem auf Schadenersatz bzw. einer Geldentschädigung.
Wie haben die Arbeitsgerichte entschieden?
Das Arbeitsgericht Pforzheim sprach dem Kläger zunächst einen Schadensersatzsanpruch in Höhe von € 3.000,- zu. Dagegen legte der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht Bade-Württemberg (LAG) ein.
Das LAG entschied mit Urteil vom 27. Juli 2023 (Az.: 3 Sa 33/22), dass die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 82 Abs. 1 DSGVO bzw. zur Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund der unautorisierten Verwendung ihn betreffenden Bildmaterials in Video- und Fotoaufnahmen in Höhe von nicht nur € 3.000,-, sondern in Höhe von € 10.000,- verpflichtet ist.
Das LAG begründete seine Entscheidung damit, dass im vorliegenden Fall eine erhebliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vorliege. Nicht ausreichend berücksichtigt habe das Arbeitsgericht bei der Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung, dass die Beklagte den Kläger über den Bestand des Arbeitsverhältnisses hinaus zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt habe, so das LAG. In solchen Fällen müsse von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor könne die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden. Unter Abwägung der Umstände hielt das LAG einen Entschädigungsbetrag von € 10.000,- für angemessen.
Nicht unerwähnt sollte allerdings bleiben, dass das LAG in dieser Entscheidung auch klargestellt hat, dass die verspätete Auskunftserteilung auf ein Verlangen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO als solches noch keinen immateriellen Schaden darstellt. Ein bloßer Verstoß gegen die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung genügt nicht, um einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu begründen.
Was sollten Arbeitgeber bei der Veröffentlichung von Bildmaterial, das Mitarbeiter zeigt, beachten?
Dass Bilder und Videos von Mitarbeitern nicht ohne eine entsprechende Einwilligung dieser verbreitet oder zur Schau gestellt werden dürfen, ist seit jeher bekannt. Wichtig ist daher, dass der Arbeitgeber schon zeitlich vor der Veröffentlichung des Bildmaterials die Einwilligung des jeweils betroffenen Mitarbeiters einholt. Diese Einwilligung unterliegt mittlerweile den strengen Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), so dass im Einzelnen bei der Einwilligungserklärung Folgendes beachtet werden muss:
- Die Einwilligung muss freiwillig sein, d.h. die Einwilligungserklärung muss einen Hinweis enthalten, dass bei Nichteinwilligung keine negativen Konsequenzen drohen.
- Die Einwilligung muss schriftlich erfolgen.
- Die Mitarbeiter müssen darüber informiert werden, wo, zu welchem Zweck und in welchem Zusammenhang die Bildaufnahmen veröffentlicht werden.
- Die Mitarbeiter müssen darüber informiert werden, dass sie ihre Einwilligung jederzeit widerrufen können (§ 7 Abs. 3 DSGVO).
- Der Arbeitgeber muss seine Informationspflichten nach §§ 13, 14 DSGVO beachten.
Es empfiehlt sich, stets die Einzelheiten, sofern sie nicht vertraglich geregelt sind, mit dem Arbeitnehmer abzusprechen. Das Recht am eigenen Bild ist ein wichtiges Grundrecht jedes Einzelnen und bedeutet, dass dieses im Zweifel Vorrang vor den Interessen des Arbeitgebers hat.
Von einer Einwilligung kann nur abgesehen werden, wenn das berechtigte Interesse des Arbeitgebers gemäß § 6 Abs. 1 DSGVO überwiegt. Das ist z. B. der Fall, wenn eine Person nur zufällig als sogenanntes „Beiwerk“ auf einem Foto zu erkennen ist.
Mittlerweise werden von Arbeitgebern fast standardmäßig mit jedem neuen Anstellungsvertrag auch eine Einwilligungserklärung für die Veröffentlichung von Mitarbeiterbildmaterial zugeschickt. Meist werden diese Einwilligungserklärungen zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses auch abgegeben und es stört zu Beginn Mitarbeiter nur die Wenigsten.
Was passiert aber, wenn Mitarbeiter ausscheiden?
Auf einmal sind Mitarbeiterfotos beim „alten“ Arbeitgeber nicht mehr schmeichelhaft, sondern man möchte sein Gesicht da nicht mehr sehen. Gerade in der Gastronomie ist die Arbeitswelt schnelllebig, Mitarbeiter kommen und gehen. Wie gefährlich es ist, wenn Mitarbeiterfotos auch nach dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers für Webezwecke verwendet werden, zeigt der vorausgegangene Fall.
Das Urteil ist insoweit erfreulich für Arbeitgeber, dass nicht jeder Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung auch gleich einen Schadensersatzanspruch nach sich zieht. Allerdings können sich Arbeitgeber darauf nicht ausruhen.
Das Urteil des LAG Baden-Württemberg macht nochmals deutlich, was passiert, wenn man als Arbeitgeber zunächst gar nichts unternimmt.
Arbeitnehmer haben neben ihrem Recht am eignen Bild eben auch ein „Recht des Vergessenswerdens“, d.h. ein Arbeitnehmer hat bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen in der Regel auch einen Anspruch auf Löschung seiner Bilder. Diesem Anspruch muss der Arbeitgeber auch nachkommen. Versäumt er dies, kann es erheblichen Schadenersatzansprüchen auf der Grundlage der DSGVO zur Folge haben. LAG hat den Schadensersatzanspruch, den das Arbeitsgericht festgesetzt hatte, im vorliegenden Fall sogar noch erhöht, um beim Arbeitgeber einen gewissen Hemmungseffekt zu erzeugen.
Fazit
Arbeitgeber tun gut daran, einvernehmliche Regelungen über die Veröffentlichung von Bildmaterial mit den einzelnen Mitarbeitern zu treffen. Trotzdem viele Arbeitgeber schon standardmäßig Einwilligungserklärungen der Mitarbeiter einholen, gestaltet sich das Ausscheiden von Mitarbeitern zu einem immer größer werdenden Problem, nimmt der Arbeitgeber Bildmaterial von ausgeschiedenen Mitarbeitern nicht rechtzeitig aus dem Verkehr. Nicht ratsam ist es, nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters einfach abzuwarten, ob und was dieser gegebenenfalls unternimmt, frei nach dem Motto „Es wird schon gutgehen.“ Viel sinnvoller ist es, im Rahmen einer Ausscheidensvereinbarung (Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag) aktiv die Frage der weiteren Verwendung des Mitarbeiterbildmaterials zu regeln. Denkbar ist z.B. eine einvernehmliche kurze Verweildauer des Bildmaterials über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zu vereinbaren, gerade im Fall eines kurzfristigen Ausscheidens des Mitarbeiters, um dem Arbeitgeber so die Möglichkeit zu geben, adäquaten Ersatz zu beschaffen. Wie wichtig eine Vereinbarung gewesen wäre, zeigt der vorliegende Fall.
Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2023 – 3 Sa 33/22