Am Ufer der Spree zaubern Max Freye und seine Mitstreiter authentische Gerichte aus Syrien und Afghanistan. Eine Gemüsesuppe mit Reis, Kichererbsen, Haferflocken, Nudeln und Kartoffeln schmort auf dem Herd und muss noch mit Kurkuma, Curry und Kardamom abgeschmeckt werden. Nicht zu vergessen: Der Kreuzkümmel, nach dem das Cateringunternehmen Kamun benannt ist.
„Kamun Catering ist aus dem Projekt ‚Balloon Kitchen‘ hervorgegangen, das meine Frau Leslie und ich zusammen mit der Stadtmission Berlin 2015 ins Leben riefen“, berichtet Max Frey. Neben seiner Projektküche entstand im Zuge des Flüchtlingsstroms 2015 eine Erstaufnahmestelle. Kurzerhand lud er mehrere Afghanen und Syrer in seine Küche ein, das Projekt „Balloon Kitchen“ war geboren. Geflüchtete erhielten dort die Möglichkeit, nationale Gerichte jeder Art zu kochen.
Der 42-jährige Autodidakt ergänzt: „Gäste aus ganz Berlin konnten mitkochen, mitessen und die neuen Kulturen kennenlernen.“ Als die Nachfrage wuchs, entstand die Idee, die köstlichen Speisen für jedermann anzubieten. „So entstand Kamun Catering“, sagt Max Frey, der eigentlich diplomierter Künstler ist.
Heute arbeiten sieben Köche und Kellner aus Afghanistan, Eritrea, Somalia und Syrien bei Kamun und sorgen für multikulturelle, kulinarische Begegnungen bei Firmenfeiern und privaten Festen. Der schöne Nebeneffekt: Über das Essen und den kulturellen Austausch bietet sich den neuen Mitbürgern die Möglichkeit, sich sozial und sprachlich zu integrieren. „Gleichzeitig drehen wir den Spieß um: Nicht den Geflüchteten muss geholfen werden, sie helfen uns bei der richtigen Zubereitung ihrer traditionellen Gerichte. Und sie helfen sich mit der Arbeit bei uns selbst“, sagt Leslie Frey, die Kamun organisatorisch betreut.
Erster Job mit 52 Jahren
Mohammad und Zahra Nazari sind zwei der Geflüchteten von Kamun. Das Ehepaar stammt aus Kabul, seit zweieinhalb Jahren leben sie in Deutschland. „Wir sind froh, in Deutschland eine neue Heimat gefunden zu haben“, sagt der 53-jährige Mohammad, der bereits in Afghanistan in Großküchen beschäftigt war.
Die eigentliche Expertise für die afghanische Küche bringt allerdings seine Frau Zahra ein. Bei dem Caterer trat sie ihren ersten Job überhaupt an – mit 52 Jahren. Zuvor war sie Hausfrau und übte sich an afghanischer Hausmannskost.
Mohammad und Zahra freuen sich, bei Kamun arbeiten zu können. „Für uns ist es wichtig, nicht den Tag mit Nichtstun zu verbringen“, sagt der Afghane. Aktuell wohnen sie noch in einer Flüchtlingseinrichtung. Ihr sehnlichster Wunsch ist nun eine eigene Wohnung. „Das werden wir auch noch schaffen“, sagt seine Frau.
Wandler zwischen den Welten
Max Frey ist überzeugt, dass die beiden auch das meistern werden. Er unterstützt die Nazaris auch fernab der Küche. Für ihn ist es wichtig, über das gemeinsame Arbeiten hinaus, einen offenen Austausch mit den Geflüchteten zu pflegen.
Die Freys und die Nazaris wandeln kulinarisch wie kulturell zwischen den Welten. Ihr Beispiel zeigt, dass Krieg und Vertreibung neben allem Elend etwas Positives hervorbringen können. Ihr Zusammentreffen hat sich zumindest für die Gastronomie der deutschen Hauptstadt als Gewinn herausgestellt. Für beide ist Kamun ein regelrechtes Erfolgsrezept.
Wir zusammen
Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist eines der größten Themen der Zeit. Was dabei oft übersehen wird: Die Wirtschaft war in der Vergangenheit schon immer auf Zuwanderung angewiesen – und ist es auch jetzt. Vor diesem Hintergrund wurde 2016 das Netzwerk „wir zusammen“ gegründet. Von zunächst 36 Initiatoren ist das Projekt inzwischen auf über 220 Partner angewachsen, darunter viele Dax-Konzerne, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen. Diese Unternehmen konnten bereits 33 500 Menschen für die Arbeit in Deutschland qualifizieren. Die Plattform www.wir-zusammen.de bietet neben Transparenz und Orientierung beispielhafte Lösungswege für die Integration von Geflüchteten. Sie soll weitere Unternehmen und deren Mitarbeiter motivieren und inspirieren, bei der Integration selbst aktiv zu werden.