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Was ist 2022 im Arbeitsrecht zu beachten?

Im Bereich Arbeitsrechts bringt das Jahr 2022 relevante Änderungen und Neuerungen mit sich: vom neuen Mindestlohn, einer Mindestvergütung für Auszubildende bis hin zur elektronischen Krankschreibung und Arbeitslosmeldung. Was genau sich geändert hat und wie das im Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen ist, darüber haben wir mit der Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kaja Keller, von Gansel Rechtsanwälte gesprochen.
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Seit dem 01.01.2022 gilt ein neuer Mindestlohn: Was dabei jetzt bei der Erhöhung des Mindestlohns zu beachten für den Arbeitgeber? Wie muss diese Umstellung erfolgen? Gibt es Ausnahmen?

Der Mindestlohn wird in regelmäßigen Abständen erhöht. Das wird durch Mindestlohnkommission geregelt. Zum 1. Januar ist der Mindestlohn auf 9,82 EUR die Stunde gestiegen. Zudem schon festgelegt, dass der Mindestlohn zum Juli erneut steigt, dann auf 10,45 EUR pro Stunden. Das sind, darauf sei jetzt schon hingewiesen, die alten Vorgaben der Mindestlohnkommission. Denn im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist eine deutliche Erhöhung auf 12 EUR vorgesehen. Das ist allerdings noch nicht durch. Das heißt, es gelten die zuerst genannten jetzt 9,82 EUR und dann 10,45 EUR.
Der Arbeitgeber muss die Vergütung für seine Arbeitnehmer entsprechend anpassen. Der Mindestlohn gilt auch für Minijobber. Wenn das Gehalt nicht erhöht werden soll, ist die Alternative, den Arbeitsvertrag zu ändern und die Stunden zu reduzieren.

Wie wird die Einhaltung des Mindestlohns dann kontrolliert?

Ja, da gibt es verschiedene Wege. Bei Betriebsprüfungen fällt das auf. Betriebsprüfung sind Anschlussprüfungen. Das heißt, man wird, was Lohnsteuer und Rentenversicherung betrifft, im Anschluss geprüft. Das heißt, es gibt kein Jahr, was nicht geprüft wird.

Wie sehen die aktuelle Regelung zum Kurzarbeitergeld aus? Gab es hier Veränderungen?

Hier haben sich im Vergleich zu 2021 keine Neuerungen ergeben, sondern es wurden die bestehenden Regelungen bis Ende März 2022 verlängert. Dazu zählen unter anderem, dass die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf zwei Jahre begrenzt ist. Der Arbeitgeber bekommt den SV-Anteil nur noch zu 50 % erstattet. Der Zugang zur Kurzarbeit ist weiter erleichtert. Das heißt, man kann schon dann mit Mitarbeitern Kurzarbeit vereinbaren, wenn 10% der Belegschaft vom Entgeltausfall betroffen ist. Diese Grenze sonst deutlich höher.
Daneben muss berücksichtigt werden, dass Urlaub und Minusstunden aktuell vorher aufgebraucht werden müssen. Wenn der Jahresurlaub geplant ist, muss der Urlaub vor Beantragung der Kurzarbeit nicht aufgebraucht werden.
Auf geringfügige Beschäftigung wird das Kurzarbeitergeld weiterhin nicht angerechnet. 

Die sogenannten Corona Prämien sind ebenso erneut verlängert worden. Die rechtlichen Voraussetzungen haben sich dafür aber nicht geändert. Korrekt?

Ja, korrekt. Das ist auch wieder eine Verlängerung. Wenn Arbeitgeber die Prämie bisher gezahlt haben, dann können sie das leider nicht noch mal zahlen, sondern es gilt für die gesamten „Pandemie-Zeit“. Es können Zahlungen bis zu einer Gesamtsumme von 1.500 EUR geleistet werden. Das gilt jetzt bis März 2022.

Die Mindesthöhe der Ausbildungsvergütung wurde nach oben geändert. Wie hoch fällt das Plus aus? Und für welche Ausbildungsverhältnisse gilt diese neue Regelung genau?

Hier ist der monatliche Betrag um 35 Euro erhöht worden für das erste Ausbildungsjahr, also auf 585 EUR. Ab 2023 ist bisher festgelegt, dass er auf 620 EUR pro Monat steigt. Und das gilt auch für das zweite und dritte Ausbildungsjahr. Auch da gab es prozentuale Erhöhungen. Aber: das gilt nur für Verträge, die nach dem ersten erst 2020 geschlossen wurden.
Zudem haben Tarifverträge Vorrang. Das heißt, gibt es einen gültigen Tarifvertrag, sind die Regelungen darin zu beachten.

Wie sollte aus Ihrer Sicht die oder der Auszubildende reagieren, wenn diese Erhöhung nicht umgesetzt wurde?

Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, die gesetzlich vorgeschrieben Ausbildungsvergütung zu zahlen. Im Ausbildungsverhältnis gilt ein Sonderverhältnis im Vergleich zum normalen Arbeitsverhältnis. Das heißt, man kann und muss auch oft eine Schlichtungsstelle im Streitfall vorher anrufen. Ich würde tatsächlich als Auszubildender in der Regel zu meinem Vorgesetzten gehen, wenn es da jetzt einen Monat gibt, in dem die erhöhte Vergütung vielleicht noch nicht gezahlt wurde und ihn höflich darauf ansprechen. Oft kann man mit den Arbeitgebern, den Vorgesetzten reden. Die haben das dann vielleicht gar nicht auf der Pfanne, weil die jetzt gerade in den Zeiten sich mit ganz anderen Problemen herumschlagen. Und dann geht es vielleicht mal einen Monat unter. Einfach das Gespräch suchen.

Die Krankmeldung kann seit dem Oktober 2021 auch auf elektronischem Wege eingereicht werden. Zudem ist es seit dem 01. Januar 2022 möglich, die Arbeitslosmeldung auch online bei der Arbeitsagentur zu erledigen. Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus?

Die Krankmeldung ist grundsätzlich immer vom Arbeitgeber zu verlangen. Die Information über die Krankschreibung kann seit dem nun direkt digital vom Arzt an die Krankenkasse übermittelt werden. Wenn der Arbeitgeber irgendwann Zweifel daran hat, dass der Arbeitnehmer ständig erneut krank ist, dann kann er ihn zum Amtsarzt schicken.
Zu dem Thema passt ganz gut elektronische Arbeitslosmeldung. Mit der elektronischen Arbeitslosmeldung können sich Arbeitnehmer seit Beginn des neuen Jahres im Bereich der Arbeitslosenversicherung rund um die Uhr und ortsunabhängig arbeitslos melden. Ab dem 1. Januar 2022 ist die elektronische Arbeitslosmeldung der persönlichen Arbeitslosmeldung gleichgestellt. Bisher war ein persönliches Erscheinen zwingend erforderlich.
Es sollte von den Arbeitgebern beachtet werden für arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hinweisen muss, dass er jetzt alles mit der Arbeitsagentur auch elektronisch machen kann. Dieser Hinweis sollte beispielsweise als Zusatz in die Belehrung bei der Kündigung oder bei befristeten Verträgen.

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