Die europa- und letztlich auch weltweit zurückgehende Infektionsdynamik und die fortschreitenden Impfkampagnen in vielen Ländern weisen deutlich den Weg aus der Corona-Pandemie heraus und zurück in die Normalität. Und dadurch nehmen jetzt auch Debatten an Fahrt auf, die in den vergangenen 16 Monaten wesentlich zu kurz gekommen sind. Vor allem rückt die Situation von Kindern und Jugendlichen und die Folgen der Pandemie für diese Gruppe in den Fokus.
Isolation, Homeschooling, kein Ausüben von Hobbys und Sport, keine Begegnungen mit Freunden: „Man kann schon so weit gehen und von einer verlorenen Jugend sprechen. Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stellt ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. Durch das Verschwinden der für Kinder und Jugendliche so wichtigen Bindungsorte werden wir in der Zukunft mit Bildungslücken, der Verkümmerung von sozialen Kompetenzen und der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen zu kämpfen haben. Es ist also allerhöchste Zeit, dass strukturierte pädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche schnellstmöglich wieder durchgeführt werden können“, betont Reinhard Zwerger, erster Vorsitzender des Bundesverbandes Individual- und Erlebnispädagogik e.V. Der Fachverband repräsentiert die Vielfalt der Arbeitsfelder der Individualpädagogik und der Erlebnispädagogik mit den Schwerpunkten Hilfen zur Erziehung, Klassenfahrten und Gruppenprogramme, Aus- und Weiterbildung und Erlebnistherapie.
Ohne Ferienfreizeiten, Klassenfahrten und andere Reiseerfahrungen fehlt den Kindern und Jugendlichen ein wichtiger Schritt zu mehr Selbständigkeit, Teamgeist und Weltoffenheit. Sie sind wichtig, um Ängste, Blockaden sowie das Gefühl abgehängt zu sein abzubauen, Zusammenhalt herzustellen und Lernbereitschaft zu erlangen. Doch nun gibt es Hoffnung, dass diese wesentlichen Angebote wieder durchgeführt werden können.
„Niedrige Inzidenzen und ein flächendeckender Impffortschritt ermöglichen in den Sommerferien pädagogische Aktivitäten für Kinder und Jugendliche im In- und Ausland, natürlich immer unter Beachtung sämtlicher Vorsichts- und Hygienemaßnahmen. Akteure in der Kinder- und Jugendreise haben sich dementsprechend mit Hygiene- und Schutzkonzepten vorbereitet, implementieren Teststrategien und bieten Angebote für kleine Gruppen an, um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten“, sagt Holger Seidel, Vorstandsvorsitzender von Reisenetz e.V., dem deutschen Fachverband für Jugendreisen. Die Organisation gilt als eines der aktivsten und größten Netzwerke im Bereich Jugendreisen in Deutschland.
Das bedeutet: So viele Angebote wie möglich werden auf die aktuelle Situation zugeschnitten, damit die Jugend, die seit Beginn der Pandemie viele außerschulische Erfahrungen nicht machen konnte, diese nun endlich nachholen kann. Minderjährige brauchen Gruppenerlebnisse mit Gleichaltrigen, um die lange Durststrecke verarbeiten zu können. Die Fachverbände machen deutlich, dass verantwortungsbewusste Ferienfreizeiten und außerschulisches Reisen vor allem jetzt in der letzten Phase der Pandemie möglich sind und dringend stattfinden sollten. Die Bandbreite der Angebote reicht von der Stadtranderholung bis zur Jugendreise.
Zugleich stellen Reinhard Zwerger und Holger Seidel stellvertretend heraus, dass noch viel unklar sei und passieren müsse, damit diese wichtigen Angebote flächendeckend wieder durchgeführt werden können. „Wie können Kinder und Jugendliche zu den Ferienfreizeiten gebracht werden? Wie können internationale und pädagogisch geschulte Teamer zum Einsatz kommen, wenn für Deutschland ein Einreiseverbot herrscht? Wie werden möglichst viele Kinder aller gesellschaftlichen Schichten erreicht und unterstützt? Das sind nur wenige der zahlreichen wichtigen Fragen, die uns und die Anbieter derzeit bewegen.“
Die Verbände fordern daher, Buchungen von Ferienfreizeiten und anderen Reiseformaten ab sofort in allen Bundesländern und unter den gegebenen Bedingungen zu erlauben, einheitliche und verbindliche Standards für Hygiene- und Sicherheitskonzepte für alle Bundesländer zu entwickeln und die politischen Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Formate wieder zu ermöglichen. Die Anbieter von Kinder- und Jugendreisen seien dazu bereit, fühlten sich sicher und freuten sich auf gemeinsame Aktivitäten mit den Teilnehmer:innen. Das Recht auf Erholung und Bildung für Kinder und Jugendliche müsse dringend wieder durchgesetzt werden.