Suche

Warnung vor bösem Erwachen bei Schlussabrechnung der Überbrückungshilfen III und III Plus

Welche neuen Urteile sollten Unternehmer:innen in der Gastronomie und Hotellerie unbedingt kennen? Besteht eine Antragsberechtigung bei Personalmangel für die Überbrückungshilfe III? Welche Rückzahlungsfristen sind bei den Corona-Hilfen zu beachten? Auf diese und weitere Fragen geben die Experten von ETL ADHOGA in ihrem wöchentlichen Live-Update Antworten. Sie warnen vor einem „bösen Erwachen" kurz vor Jahresende.
AndreyPopov | iStockphoto
Anzeige

1. Bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche: Ein wegweisendes Urteil des BAG

Als „Sensationsurteil“ (Erich Nagl) und „Paukenschlag“ (Steffen Pasler, ETL Rechtsanwälte) gilt eine vor wenigen Tagen verkündete Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG). Eine Arbeitnehmerin, deren Betrieb aufgrund einer behördlichen Anordnung zur Schließung gezwungen war, hatte einen Lohnanspruch in Höhe von 432 Euro eingeklagt. Das BAG widersprach aber ihrer Auffassung, es handele sich um ein Betriebsrisiko. Stattdessen liege ein allgemeines Risiko vor, dass alle Betriebe zu tragen hätten. Weshalb der Arbeitgeber in diesem Fall keinen „Annahmeverzugslohn“ zu zahlen habe. Ein wegweisendes Urteil, so Pasler: „Davon geht eine große Wirkung auf nahezu alle Arbeitsverhältnisse aus, die während der Pandemie von behördlichen Anordnungen beeinflusst worden sind“. Dem Urteil zufolge bestünde ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch. Die Konsequenz: „Arbeitgeber können gezahlte Löhne im Schließungsfall rückwirkend von ihren Angestellten zurückfordern“.

2. Überbrückungshilfe III: Antragsberechtigung bei Personalmangel?

Die Unsicherheit vieler Antragssteller bei den Überbrückungshilfen ist laut Erich Nagl „ein Grund, weshalb wir das GASTRObriefing überhaupt ins Leben gerufen haben“. Nun, da die Antragsfristen für die Überbrückungshilfe III am 02. November auslief und die zur Überbrückungshilfe III Plus am 31.12.2021 bevorsteht, häufe sich die „Rückfrageflut“ bei den Steuerberatern, wie Nils Jung von ETL ADHOGA München zu berichten weiß. Für Irritationen sorgt vor allem die Bedingung, dass die angegebenen Umsatzrückgänge Corona-bedingt seien müssen, nicht etwa durch Mitarbeitermangel verursacht. Für Jung eine enorme Herausforderung: „Wir sehen den Sachverhalt kritisch, denn auch Mitarbeitermangel ist häufig durch die Begleitumstände der Corona-Pandemie verursacht. Umsatzrückgänge aufgrund von Corona oder Mitarbeitermangel sind häufig nicht klar auseinanderzudividieren“.

3. FAQ-Unterschiede bei Überbrückungshilfe III Plus

Ärger droht Antragstellern vor allem hinsichtlich der FAQ in der Überbrückungshilfe III Plus. Auf einer wohl versehentlich an die Öffentlichkeit gelangten sogenannten Positivliste der Behörden fanden sich Beispiele, die förderberechtigt seien, allerdings in der offiziellen Anlage IV der FAQ wieder herausgenommen wurden. Dazu zählen vor allem Internet- bzw. fernwartungsfähige Software. Laut Jung ein „riesengroßes Manko“. „Die Positivliste wurde, da von einer offiziellen Behörde stammend, von Betrieben und Steuerberatern teilweise zur Grundlage des Handelns gemacht.“ Auch wenn Steuerberater stets betont hätten, dass man sich auf die Positivliste nicht verlassen könne, sei klar, dass nun kein Rechtsanspruch bestehe, die jeweiligen Posten, die aus der Anlage IV herausgestrichen wurden, erstattet zu bekommen. „Der Gesetzgeber sagt leider: Pech gehabt“, so Jung.

4. Rückzahlungsfristen

Zumindest in Hinsicht der Zahlungsfristen konnten Jung und Pasler den Betroffenen Antragstellern die größten Sorgenfalten nehmen. Jung rechnet mit großzügigen Zahlungsfristen von mehreren Monaten, ähnlich wie bei den Neustarthilfen. Zudem werden keine Zinsen erhoben, erst bei Zahlungsverzug. „Kein Unternehmen soll hier in Schwierigkeiten kommen“, beruhigte der Münchener. Und Pasler ergänzte, er befürchte auch keine Insolvenzgefahr der Betriebe bei hohen Rückzahlungen: „Die Überbrückungshilfen wurden ja getätigt, um eine Insolvenzgefahr zu bannen. Da sollte es nun also ausreichend Gesprächsmöglichkeiten zwischen Unternehmen und Behörden geben“.

Die ganze #53 mit vielen weiteren Infos zur Antragsstellung, Fristen sowie Einspruchsmöglichkeiten gibt es hier.

Hier geht es zum Episoden-Podcast in voller Länge

 

Weitere Artikel zum Thema

Too Good To Go
Mit überschüssigen Lebensmitteln können Hotels auf ganz unterschiedliche Weise umgehen. Eine besonders flexible Möglichkeit nutzen jetzt die ACHAT Hotels. Die überwiegende Zahl der mehr als 30 Betriebe bringt Essen, das nicht für Hotel-Gäste benötigt wird,[...]
freie-kreation | iStockphoto
Die Überbrückungshilfe wird in den Monaten September bis Dezember fortgesetzt. Dabei werden die Zugangsbedingungen abgesenkt und Förderung ausgeweitet. Je nach Höhe der betrieblichen Fixkosten können Unternehmen für die vier Monate bis zu 200.000 Euro an[...]
Chastity Cortijo, Unsplash
Trotz hoher Inzidenzen, einer stetig steigenden Inflation und großen Unsicherheiten aufgrund des Krieges in der Ukraine, verzeichnet der Onlineanbieter für Hotelarrangements kurz-mal-weg.de (KMW) ein starkes Buchungsaufkommen. So hat sich der aktuelle Buchungseingang zum Vergleichszeitraum 2019[...]
Imagesines | iStockphoto
Die Corona-Hilfen stellten für viele Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe eine wichtige finanzielle Stütze dar. Doch zunehmend werden die Hilfsgelder plötzlich von staatlicher Stelle zurückgefordert. LINDEMANN Rechtsanwälte erläutern die Gründe sowie Mechanismen der Corona-Hilfen und[...]
Markus Winkler von Pexels
Wichtige Updates und Informationen zur Corona-Krise für die Gastronomie und Hotellerie: +++ Neues Beihilfeprogramm „Schadensausgleich“ für Überbrückungshilfe III gestartet +++ Corona-Hilfen – Altmaier stellt erneute Verlängerung in Aussicht +++ Re-Opening Webseite online mit Ressourcen-Tips +++[...]
Unser Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit regelmäßigen Informationen zum Thema Gastgewerbe. Ihre Einwilligung in den Empfang können Sie jederzeit widerrufen.