Immer neue Gesetze, aktuelle Urteile und sich ändernde Vorschriften machen es Unternehmern extrem schwer, in Steuerangelegenheiten auf dem Laufenden zu bleiben und keine Fehler zu machen. Hinzu kommt, dass bei Steuerprüfungen durch ausgefeilte Prüfverfahren Fehler immer öfter entdeckt werden – mit entsprechenden Folgen, denn Betriebsprüfer machen sich selbst strafbar, wenn sie im Verdachtsfall nicht die Steuerfahndung einschalten. Schnell interpretieren Finanzämter Fehler als vorsätzliche Steuerhinterziehung. Die möglichen Folgen reichen von hohen Nachzahlungen und Bußgeldern bis hin zu langwierigen Strafverfahren mit ungewissem Ausgang.
Immer mehr Unternehmen handeln und minimieren die steuerlichen Risiken mit Hilfe eines Tax Compliance Management Systems (Tax CMS). Dabei handelt es sich um eine Art Leitfaden, der dazu dient, alle steuerrelevanten Prozesse zu optimieren und zu überwachen. Vorteil für das Unternehmen: Weniger Fehler und eine optimierte Arbeitseffizienz.
Doch damit nicht genug: Ein Tax CMS schützt Entscheidungsträger in vielen Fällen vor der persönlichen Haftung. Immerhin haftet das Management persönlich auch für Fehler von Mitarbeitern. Laut einem aktuellen Erlass des Bundesfinanzministeriums kann ein innerbetriebliches Kontrollsystem als Indiz dafür gelten, dass kein bedingter Vorsatz für eine Steuerhinterziehung vorliegt (Az. IV A 3 – S 0324/15/10001).
Ein Tax-CMS ist zwar nicht vorgeschrieben, sollte aber möglichst in jedem Unternehmen eingeführt werden. Der Umfang kann je nach den gegebenen Rahmenbedingungen wie etwa der Unternehmensgröße variieren. Das Fehlerrisiko wächst, wenn die Aktivitäten mehrerer Abteilungen und Zuständigkeiten ineinandergreifen und zudem eine Vielzahl von Prozessen automatisiert abläuft. Besonders fehlerträchtig sind die Bereiche Umsatz- und Lohnsteuer. Ein Kontrollsystem kann hier einen Großteil der steuerlichen Risiken minimieren. Schon mit begrenzten Maßnahmen kann man viel erreichen.
Was ist zu tun?
Grundlage ist immer eine eingehende Analyse der relevanten Abläufe und Zuständigkeiten, die idealerweise in Zusammenarbeit mit dem steuerlichen Berater erfolgt. Der nächste Schritt ist eine systematische Risikoanalyse, die alle steuerlichen Fallstricke identifiziert und gewichtet. Darauf aufbauend werden Prozessabläufe entwickelt und schriftlich niedergelegt, die mögliche steuerliche Gefahren erkennen und ausräumen helfen. Ergebnis ist in der Regel ein Tax Compliance Leitfaden, der alle Erkenntnisse und Maßnahmen zusammenfasst und klare Verhaltensregeln vorgibt.
Allerdings: Papier ist geduldig. Der Erfolg von Tax Compliance steht und fällt damit, wie es in der Praxis gelebt wird. Unternehmen sollten sicherstellen, dass betroffene Mitarbeiter das Kontrollsystem kennen, alle Vorsichtsmaßnahmen beherzigen und das System regelmäßig auf Aktualität prüfen. Es zeigt sich auch, dass schon die Erarbeitung und Einführung eines solchen Systems das Bewusstsein der Mitarbeiter im Finanz- und Rechnungswesen für steuerliche Stolperfallen schärft.
Autorin:
Dr. Stephanie Thomas, Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachanwältin für Steuerrecht der Kanzlei WWS Wirtz Walter Schmitz GmbH in Mönchengladbach.