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Corona beschleunigt Strukturwandel bei Cityhotels

Mitten in der Coronakrise zeichnen sich bereits erste Trends für Transformationen im Hotelbereich ab. Das bestätigen die Teilnehmer einer Onlinepressekonferenz, die das Berliner Beratungsunternehmen RUECKERCONSULT unter dem Titel „Bedarf und Chance zur Umnutzung von Hotels in gewerbliches Wohnen“ durchgeführt hat. Was bedeutet das für die Inhaber?
phive2015, iStockphoto

Mögliche Veränderungen stehen demnach vor allem in der Cityhotellerie an, während die Ferienhotellerie künftig von einem Erstarken des Inlandstourismus, neuen Konzepten und Betreibern profitiere und ein gesteigertes Investoreninteresse auf sich ziehe, wie Martin Schaffer, Managing Partner mrp hotels, betonte. Nach Einschätzung von Einar Skjerven, Geschäftsführer der Skjerven Group führen die aktuellen Einschränkungen und Umsatzrückgänge in den Cityhotels dazu, dass in inhabergeführten Häusern immer häufiger über Änderungen des Konzepts beziehungsweise einen Exit nachgedacht wird. Darunter seien allerdings auch viele Hotels, die bereits vor der Pandemie vor strukturellen Herausforderungen standen. Wie ein Haus nach Ende des Hotelbetriebes umgebaut und als Serviced-Apartments-Projekt neu positioniert werden kann, erläuterte Jan Winterhoff, Head of Real Estate Expansion bei STAYERY, an einem Beispiel in Wolfsburg. Im Frühjahr 2022 wird dort in Nähe von Hauptbahnhof und VW-Gelände eine neue STAYERY mit 48 Apartments eröffnen.
In Anbetracht solcher Möglichkeiten und der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Cityhotellerie sieht Einar Skjerven ein erhebliches Umnutzungspotenzial. „Mehr als ein Fünftel der inhabergeführten Hotels erreichte während des Sommers nicht die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Auslastungszahlen“, sagt der Geschäftsführer der Skjerven Group. „Bei gleichzeitig rückläufigen Zimmerpreisen und eines durch Hygienemaßnahmen weiterhin nur eingeschränkten Betriebes wird die wirtschaftliche Situation einiger Häuser immer prekärer. Im Falle weiterer Einschränkungen erwägt daher etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer einen Exit beziehungsweise eine Änderung ihres Konzepts. Daraus ergibt sich ein beträchtliches Umnutzungspotenzial.“ An der von der Skjerven Group beauftragten Umfrage nahmen inhabergeführte Häuser mit drei beziehungsweise vier Sternen teil. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer hat weniger als 50 Zimmer. Nur knapp 30 Prozent der teilnehmenden Hotels ist mit ihrer aktuellen wirtschaftlichen Situation zufrieden. 60 Prozent beurteilen sie als schlecht beziehungsweise als sehr schlecht.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der deutschen Cityhotels führten dazu, dass sich betreiberseitig gleich mehrere Fragezeichen auftun würden, bestätigt Martin Schaffer. „Eine schwierige Betreiberfinanzierung treffe auf oft aufgebrauchte Reserven und aktuell vielfach recht unklare Zukunftsaussichten. Gerade Betreiber von 4-Sterne Stadthotels stellen sich die Frage nach der Perspektive“, sagt der Managing Partner von mrp hotels.
Deutliche Rückgänge beim Transaktionsvolumen zeigen allerdings, dass sich am bereits zur Jahresmitte beschriebenen „Wait-and-See-Modus“ vieler Eigentümer wenig geändert habe, sagt Schaffer. Entscheidend sei die Preisbildung, bei der hohes Kaufinteresse durch verfügbares Kapital und angesichts der Lage erwartetem Preisnachlass auf eine geringe Verkaufsbereitschaft stößt. Durch anhaltende staatliche Unterstützung bliebe es bei einer geringen Bereitschaft und auch Notwendigkeit, Verkäufen zu deutlichen Preisabschlägen zuzustimmen. „In der Folge haben es etablierte Investoren, die oft mit Fixpachten kalkulieren, deutlich schwerer, Produkte zu finden, auch weil Betreiber hybride Modelle mit flexiblen Pachten anstreben. Damit könnte auch der Einstieg von Private Equity und Mezzanin interessant werden.“
Jan Winterhoff von STAYERY und Einar Skjerven sehen zugleich einen hohen Bedarf an Konzeptänderungen und gute Chancen für flexible Wohnungsangebote, weshalb hier gute Opportunitäten für Investoren und Betreiber bestünden. „Junge Menschen und mobile Professionals drängen in die Städte“, sagt Skjerven. „Sie brauchen einen Ort, an dem sie komfortabel für einige Wochen oder Monate nächtigen und spontan andere Menschen mit ähnlichen Bedürfnissen treffen können, aber nicht zwingend eine Mietwohnung.“ Hier setzen Co-Living-Angebote und Serviced Apartments an.
Das Konzept des gewerblichen Wohnens, der Serviced Apartments sei eine Ergänzung des Wohnangebots für die mobile Working Community an der Nahtstelle von Wohnen und Hotel, betont Winterhoff. „Für den Eigentümer eines Hotels ist die gewerbliche Wohnnutzung eine Möglichkeit, einem in die Jahre gekommenen Objekt innerhalb einer mittelfristigen Zeitspanne neues Leben einzuhauchen, sie für die nächsten Jahre fit zu machen und einer neuen, ertragreicheren Nutzung zuzuführen.“
Winterhoff analysiert derzeit für STAYERY etwa 40 A-, B-, C-Städte mit starkem Wirtschaftscluster und touristischer Nachfrage als mögliche Expansionsziele. Dazu gehöre auch Wolfsburg, das trotz des großen Bedarfs noch nicht sehr oft auf der Landkarte der Apartment-Anbieter verankert sei. Die Fertigstellung der nunmehr ersten Hotelkonversion von STAYERY sei für Mitte 2022 geplant. Alles in allem werden damit bei der Eröffnung seit der Vertragsunterschrift ca. 18 Monate vergangen sein, was für den Eigentümer wiederum der Vorteil einer raschen Fortsetzung des Cashflows bedeute.
Das neue STAYERY-Haus wird im Erdgeschoss über Co-Working-Flächen und eine kleine Lounge mit einem Food & Beverage-Bereich sowie einen Waschsalon verfügen. Daneben gibt es die gewohnten STAYERY-Serviceleistungen wie digitalen und kontaktlosen Check-In, besetzte Rezeption, kostenfreies WLAN, Apartment-Reinigung und Smart TV mit Screensharing sowie Sky. Das Interior Design trägt erneut die Handschrift des Berliner Lifestyle-Architekten-Studio Aisslinger.
„Unser Konzept richtet sich primär an Geschäftsreisende, die ein Zuhause auf Zeit suchen, egal ob für ein paar Tage oder mehrere Monate. Trotz des großen Bedarfs vor Ort gibt es aber derzeit nur wenige Serviced-Apartment-Angebote in der Stadt. Dabei ist Wolfsburg mit der Volkswagen-Zentrale und den zahlreichen Pendlern, zum Beispiel aus Berlin, geradezu prädestiniert für zeitgemäße Konzepte, die sich an temporäre Projektmitarbeiter oder Geschäftsreisende richten. Insbesondere der Wandel in der Autobranche hin zur E-Mobilität und das damit verbundene Investment von VW wird einen verstärkten Bedarf an externen Projektmitarbeiten auf Zeit zur Folge haben“, sagt Winterhoff.

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