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Gastlichkeit in Gefahr: Hotels reduzieren Speisekarten und Servicezeiten

„Die Gastlichkeit in Deutschland ist in Gefahr!“, so Alexander Aisenbrey, 1. Vorsitzender des Vereins Fair Job Hotels. Er fordert eine Reform der Ausbildung in der Hotel- und Gastrobranche sowie mehr Wertschätzung. Die Personalnot hat sich durch die Corona-Pandemie drastisch verschärft. Es sei nicht die Zeit des Jammerns, sondern des Handelns.
Alexander AisenbreyAlexander Aisenbrey
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Alexander Aisenbrey, 1. Vorsitzender des Vereins Fair Job Hotels und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Tourismus beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), warnt vor einer sich weiter deutlich verschärfenden Personalnot in der Hotel- und Gastronomiebranche. Schon jetzt leiden Hotels und Restaurants in Deutschland unter einem gravierenden Personalmangel. Dieser könne nur gelöst werden, wenn die Branche jetzt umsteuere und die Weichen für die Zukunft stelle.

„Das Problem ist hausgemacht“, sagt Aisenbrey, „die Branche hat sich selbst sehenden Auges in diese Krise manövriert.“ Eine qualitativ hochwertige und zeitgemäße Ausbildung sowie die Wertschätzung der Mitarbeiter sei über die Jahre vernachlässigt worden: „Das Ringen um gutes Personal und die Pflege der Mitarbeiter wurde zu wenig beachtet.“ Im Vergleich zu anderen Branchen gebe die Hotellerie und Gastronomie in diesem Bereich ein schlechtes Bild ab. Dies räche sich nun. „Die Krise, die wir jetzt erleben, war absehbar. Sie wurde jedoch jahrzehntelang wegignoriert“, sagt Aisenbrey.

Der Arbeitskräftemangel habe sich zum größten Problem für Hoteliers und Gastronomen entwickelt. Allein in Baden-Württemberg sind nach Angaben der dortigen Landesregierung nach der Corona-Krise nur 65 Prozent der möglichen Stellen besetzt. Die Folge: Hotels und Restaurants reduzieren Speisekarten und Servicezeiten, in Hotels werde das Angebot heruntergefahren. Dieses Bild sei deutschlandweit zu beobachten. Zudem brauche es eine bessere Bezahlung, sowie flexiblere und attraktivere Arbeitszeit- und Vergütungsmodelle.

„Es ist nicht die Zeit des Jammerns, sondern des Handelns“, fordert Aisenbrey. Es sei falsch, die Schuld bei anderen zu suchen oder allein nach der Politik zu rufen. Die derzeitige Krise müsse als „eine Riesenchance“ verstanden werden. Handeln müsse die Branche selbst. Nötig sei vor allem, die Ausbildung zu erneuern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr wertzuschätzen. Verbände, Organisationen, Politik und Betriebe müssten bereit sein, die Ausbildung zu modernisieren und gerade für junge Menschen sowie für Quereinsteiger attraktiver zu machen.

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Aisenbrey nennt konkrete Vorschläge für eine bessere und zeitgemäßere Ausbildung: Inhalte an die digitale und agile Gedankenwelt der jungen Menschen anpassen und diese alle zwei Jahre überprüfen. Neue, kombinierte Ausbildungsmodelle schaffen wie zum Beispiel die Kombination aus Hotelfachausbildung und einem Bachelor-Studium. Attraktivität der Ausbildungsberufe steigern. Hierfür müssten auch die Industrie- und Handelskammern (IHK) mehr Verantwortung und Kontrolle der Ausbildungsbetriebe übernehmen.

Über Alexander Aisenbrey und Fair Job Hotels e.V.

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Alexander Aisenbrey (51) ist Geschäftsführer des 5-Sterne-Superior-Golfresorts Öschberghof in Donaueschingen (Baden-Württemberg), Gründungsmitglied und 1. Vorsitzender des Vereins Fair Job Hotels, der es sich zum Ziel gemacht hat, gemeinsame und verbindliche Werte und Standards für den Umgang in der Hotelbranche zu schaffen und Jobs zu verbessern. Zudem ist Alexander Aisenbrey beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Tourismus sowie Initiator der neu gegründeten Union der Wirtschaft, einer Denkfabrik der deutschen Tourismus-, Hospitality- und Foodservice-Industrie.

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