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Google-Hintergrundrecherchen bei Bewerbern: Ein riskantes Spiel für Arbeitgeber

Ein Urteil, das Arbeitgeber im Gastgewerbe aufhorchen lässt: Google-Recherchen über Bewerber können zur bösen Falle werden, wenn die Spielregeln des Datenschutzes nicht beachtet werden. Rechtsanwalt Jens-Arne Former erklärt die Hintergründe zum Urteil und gibt Handlungsempfehlungen.
AS Photography, Pexels
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Das Gastgewerbe lebt von schnellen Entscheidungen, besonders wenn es um die Einstellung neuer Mitarbeiter geht. Aber Vorsicht: Wer dabei auf Google und Co. zurückgreift, um mehr über seine Bewerber herauszufinden, kann sich schnell in rechtliche Schwierigkeiten manövrieren. Ein Urteil des LAG Düsseldorf vom 10.04.2024 (Az. 12 Sa 1007/23) zeigt, wie riskant solche Internetrecherchen sein können. Besonders brisant: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt wurde (Az. 8 AZR 117/24).

Worum geht es?

In dem Fall hatte ein öffentlicher Arbeitgeber ohne Zustimmung des Bewerbers dessen Namen gegoogelt und relevante Informationen gefunden, die schließlich zur Absage führten. Das LAG Düsseldorf entschied, dass der Arbeitgeber den Bewerber über die Nutzung dieser Informationen hätte informieren müssen und sprach dem Bewerber eine Entschädigung von 1.000 Euro zu.

Warum ist das für Hoteliers und Gastronomen so wichtig?

Im Gastgewerbe wird gerne mal im Netz nach Informationen über potenzielle Mitarbeiter gesucht. Doch dabei wird oft nicht bedacht, dass die Verarbeitung dieser Daten ohne Einwilligung des Bewerbers unzulässig sein kann. Nicht nur berufliche, sondern auch private Daten können dabei ins Spiel kommen – ein gefährliches Minenfeld! Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sie datenschutzkonform handeln, sonst drohen empfindliche Schadensersatzansprüche.

Darf man überhaupt googeln?

Bei sogenannten Hintergrundrecherchen ist Vorsicht geboten (ausführlich hierzu Byers/Fischer: Rechtliche Vorgaben bei der Durchführung von sog. „Backgroundchecks“ArbRAktuell 2022, 90). Auch wenn es verlockend erscheint, einen Bewerber schnell mal zu googeln, gelten dabei strenge rechtliche Vorgaben. Der Datenschutz steht im Vordergrund, und Arbeitgeber dürfen nur auf öffentlich zugängliche Daten zugreifen, die einen direkten Bezug zur ausgeschriebenen Stelle haben. Rein private Informationen, wie politische Überzeugungen oder persönliche Vorlieben, sind tabu.

Zulässigkeit von Google-Recherchen:

  • Allgemein zugängliche Daten: Es ist erlaubt, auf öffentlich zugängliche berufliche Informationen wie berufliche Stationen oder Referenzen zurückzugreifen. Doch auch hier muss geprüft werden, ob die Daten tatsächlich relevant für die ausgeschriebene Stelle sind.
  • Keine privaten Informationen: Politische Haltungen oder andere private Daten dürfen nicht in die Bewertung einfließen, auch wenn diese öffentlich zugänglich sind. Das Recht des Bewerbers auf den Schutz seiner Privatsphäre wiegt schwerer als das Interesse des Arbeitgebers.

Soziale Netzwerke:

Auch bei der Nutzung von sozialen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing ist Vorsicht geboten. Informationen, die der Bewerber bewusst öffentlich gemacht hat, dürfen in der Regel verwendet werden, solange sie beruflich relevant sind. Daten aus privaten Netzwerken wie Instagram oder Facebook hingegen fallen in der Regel unter den Schutz der Privatsphäre und dürfen nicht ohne Einwilligung verarbeitet werden.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber im Gastgewerbe

Arbeitgeber müssen jetzt die Weichen richtig stellen:

  1. Gründe für Google-Recherchen klar definieren: Wer ohne Anlass googelt, geht ein hohes Risiko ein. Eine Recherche sollte nur bei konkreten Verdachtsmomenten (Lücken im Lebenslauf, Zweifel an vorgelegten Urkunden) erfolgen.
  2. Nur relevante Informationen nutzen: Beschränken Sie sich auf Informationen, die einen direkten Bezug zur ausgeschriebenen Stelle haben. Persönliche Vorlieben oder private Lebensbereiche sind für die Entscheidung irrelevant
  3. Informationspflichten ernst nehmen: Spätestens am Ende des Bewerbungsprozesses muss der Bewerber darüber informiert werden, dass eine Google-Recherche stattgefunden hat. Diese Verpflichtung ist nicht verhandelbar
  4. Dokumentation ist alles: Dokumentieren Sie alle Schritte der Datenverarbeitung und informieren Sie den Bewerber so transparent wie möglich. Nur so schützen Sie sich vor möglichen Schadensersatzforderungen und Bußgeldern.
  5. Referenzen erfragen. Internet ist nicht alles. Lassen Sie sich vom Bewerber Referenzen vorlegen und rufen Sie mit seiner Zustimmung an und informieren Sie sich bei der Referenz über den Bewerber.

Fazit

Das Urteil des LAG Düsseldorf zeigt klar, wie riskant Internetrecherchen im Bewerbungsverfahren sein können. Wer nicht aufpasst, kann schnell in Konflikt mit dem Datenschutz geraten und Schadensersatzforderungen ausgesetzt sein. Arbeitgeber im Gastgewerbe sollten sich daher streng an die gesetzlichen Vorgaben halten und Hintergrundrecherchen nur dann durchführen, wenn eine ausdrückliche Einwilligung des Bewerbers vorliegt. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht in der Revision entscheidet, doch die Richtung ist klar: Datenschutz hat Vorrang.

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