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Mehrweg in der Gastronomie – wie funktioniert es in der Praxis?

Die 2023 in Kraft tretende Mehrwegpflicht für Gastronom*innen haben wir in ihren Bestimmungen bereits im ersten Artikel unserer Mehrwegserie unter die Lupe genommen. In diesem zweiten Artikel klärt Jan Patzer, Geschäftsführer von Crafting Future, Fragen zum Ablauf des Mehrwegprozesses. Es geht dabei neben den Kosten, auch um den Vorgang der Pfandabrechnung, die geltenden Hygienevorschriften sowie die Entsorgung der Behältnisse.
Crafting Future

Welche Kosten erwarten mich?

In dem neuen Verpackungsgesetz ist festgeschrieben, dass eine Mehrwegvariante nicht teurer sein darf als das gleiche Produkt in einer Einwegverpackung. Dabei ist es nicht ausreichend, die Mehrwegverpackungen nur zum Verkauf anzubieten, da für die Kund*innen die Möglichkeit bestehen muss, diese wieder abzugeben. Neben den angebotenen Mehrwegbehältnissen dürfen auch eigene Behältnisse der Kund*innen angenommen werden.

Es steht den Gastronom*innen frei, einen Pfand auf die Mehrwegverpackung zu erheben, um den Kostenunterschied zu den Einwegverpackungen auszugleichen. Dies kann entweder mithilfe eines eigenen Systems erfolgen oder durch Anschluss an eines der bereits bestehenden Mehrwegsysteme.

Wie läuft die Pfandabrechnung ab?

Bei der Pfandverrechnung ist das Wichtigste, dass diese nicht als Umsatz verbucht wird. Meist wird der Pfand im Kassensystem buchhalterisch auf ein separates Konto wie “Erlöse Leergut” gebucht.

Bei der abzuführenden Umsatzsteuer wird bei Pfandgeldern zwischen Transportbehältnissen und Warenumschließungen unterschieden. Bei Transportbehältnissen handelt es sich um Verpackungen, die den Warentransport, die Warenlagerung bzw. Warenpräsentation vereinfachen. Dazu zählen Getränke-Paletten, Rollcontainer und andere Frischekisten. Warenumschließungen beschreiben dagegen Behältnisse, die für den Transport von Lebensmitteln notwendig sind und bei den Endkund*innen verbleiben. Die Warenumschließung umfasst folglich auch das To-Go-Essen.

Das Pfandgeld für diese Art von Behältnissen wird als umsatzsteuerpflichtige Lieferung und die Rückzahlung an die Kund*innen als Entgeltminderung betrachtet. Dabei wird das Pfandgeld zunächst nicht bei der Umsatzsteuer berücksichtigt. Erst am Jahresende wird der entstandene Saldo umsatzsteuerrechtlich erfasst.

In der Praxis kann die Pfandabrechnung wie folgt aussehen: In einem Kassensystem werden zunächst die notwendigen Schritte für die Pfandabrechnung hinterlegt. Sobald das passiert ist, wird mit jedem ausgegebenen Essen die entsprechende Position “Pfand eingenommen” und bei der Rücknahme der Behälter “Pfand ausgegeben” eingebucht.

Sobald der Pfandbetrag erstattet wurde, tritt eine Entgeltminderung ein und die Mehrwertsteuer wird vom Finanzamt beglichen.

Welche Hygienevorschriften sind zu beachten?

Die Nutzung von Mehrwegbehältnissen steht nicht im Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen Hygiene in der Gastronomie. Werden die Behältnisse vorschriftsmäßig gereinigt, ist eine gespülte Mehrwegschale nicht weniger hygienisch als ein gespülter Teller in einem Restaurant. Dabei sollten die Gastronom*innen lediglich auf die Vorgaben bezüglich des Spülvorgangs achten, welche vom Material abhängig sind. Wird dieser Spülvorgang in die normalen Abläufe integriert, werden die Hygienevorschriften automatisch eingehalten.

Viel entscheidender für die richtige Hygiene sind Faktoren wie die Personalhygiene, welche regelmäßiges Händewaschen, Körperpflege und saubere Kleidung beinhaltet und die Lebensmittelhygiene. Letztere impliziert die Nutzung von frischen Lebensmitteln, deren getrennte Aufbewahrung sowie das ausreichende Erhitzen von Speisen. Ein weiterer Faktor ist die Küchenhygiene, bei der auf Ordnung und Sauberkeit der Arbeitsräume und Arbeitsmaterialien geachtet werden soll.

Da die genannten Aspekte im normalen Tagesgeschäft bereits fest integriert sind, kommt mit dem Mehrwegsystem lediglich ein kleiner Zusatzfaktor zum gesamten Hygienekonzept der Gastronomie hinzu.

Dürfen Behältnisse von Kund*innen angenommen werden?

Die Nutzung eigener Behältnisse ist nach Begründung des Lebensmittelverbands Deutschland unbedenklich, sofern das Verhalten und die Abläufe der Gastronom*innen hygienisch einwandfrei sind, sodass die Lebensmittelsicherheit gewährleistet wird und die Gastronom*innen ihre Sorgfaltspflicht erfüllen. Den Kund*innen wird dadurch ermöglicht, ihr eigenes Geschirr mitzubringen, um damit die Lebensmittel mit nach Hause transportieren zu können. Damit dies den Vorgaben entsprechend stattfinden kann, hat der Lebensmittelverband Deutschland eine von allen Bundesländern geprüfte wirtschaftsseitige Leitlinie in Form eines Merkblatts erstellt, welches die relevanten rechtlichen Aspekte sowie die notwendigen betrieblichen Voraussetzungen enthält. Es gibt den Gastronom*innen außerdem eine Empfehlung, wie die sachgerechte und hygienische Handhabung der kundeneigenen Behältnisse stattfinden soll.

Was passiert mit nicht ausreichend sauberen Behältnissen?

 

Die Gastronom*innen sind für die Hygiene und Sicherheit der von ihnen in Verkehr gebrachten Lebensmittel verantwortlich und schätzen somit auch die damit verbundenen hygienischen Risiken ein. Diese sind abhängig von der jeweiligen Abgabeform, also Bedienung oder Selbstbedienung, sowie der Art der Lebensmittel, wie beispielsweise ‘leicht verderbliche’ Speisen. Um eine Kontamination zu vermeiden, entscheiden also letztlich die Unternehmer*innen über das Befüllen oder das entsprechende Ablehnen der eigenen Behälter.

Ist ein von den Kund*innen mitgebrachtes Gefäß auffällig verunreinigt, werden diese darauf hingewiesen, selbst wenn der Zustand des eigenen Geschirrs im Verantwortungsbereich der Kund*innen und nicht der Gastronomie liegt. Dies gilt ebenso für von den Gastronom*innen für die Befüllung als ungeeignet betrachtete Gefäße.

Besteht das Risiko der Kontamination des Umfeldes durch ein stark verunreinigtes Behältnis eines Kunden oder einer Kundin, so muss der Betrieb die Befüllung aus hygienischen Gründen konsequent ablehnen.

Gleiches gilt auch für das Zurückbringen von Behältnissen aus dem Pfandsystem. Die Gastronom*innen sollten in ihrer Kund*innenkommunikation ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Pfandbehälter in einem sauberen Zustand zurückzubringen sind. Sind die Behälter stark verunreinigt oder werden sogar verschimmelt zurückgebracht, kann die Zurücknahme auch hier von dem Betrieb entsprechend abgelehnt werden.

Um die Kund*innen zu unterstützen, kann der Betrieb mittels leicht verständlichen Aushängen über wichtige hygienische Hinweise informieren.

Wie und wann muss ich die Mehrwegverpackungen entsorgen?

Vorweg sei gesagt, dass Pfandbehältnisse zwischen 200 und 500 Mal genutzt werden, bevor sie ausgetauscht werden müssen. Wird ein Mehrwegsystem genutzt, kümmert sich dieser Anbieter am Ende der Lebensdauer um die Entsorgung der Behältnisse. Entscheiden sich Gastronom*innen für ein eigenes Mehrwegsystem, sollte auf die Materialzusammensetzung geachtet werden, damit eine hohe Recyclingfähigkeit sichergestellt werden kann. Im besten Fall können die abgenutzten oder kaputten Pfandbehälter weiter im Kreislauf bleiben und müssen nicht verbrannt werden. Dadurch würden sonst wertvolle Rohstoffe verloren gehen, die weiter hätten genutzt werden können.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Einführung eines Mehrwegsystems zwar anfangs eine Umstellung erfordert, die Handhabung jedoch leicht in den Tagesablauf integrierbar ist. Bei weiteren Fragen können Sie auch gerne in unserem Leitfaden zur Mehrwegpflicht vorbeischauen und uns über unsere Webseite kontaktieren.

Zum ersten Teil des Artikels

 

Quellen:

Leitfaden Mehrwegpflicht Kapitel 3

www.lebensmittelverband.de/de/presse/pressemitteilungen/pm-20200325-merkblatt-lehrvideo-mehrweg-take-away-was-ist-an-hygiene-zu-beachten

https://www.lebensmittelverband.de/download/merkblatt-mehrweg-behaeltnisse

https://www.haufe.de/finance/haufe-finance-office-premium/pfandgeldleergut-umsatzsteuerliche-behandlung-5-berechnung-von-pfandgeld-fuer-die-ueberlassung-von-transportbehaeltern_idesk_PI20354_HI14263578.html

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