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Starke Krisenresilienz der Ferienhotellerie

Nach einem schwachen ersten Quartal 2022 mit einem deutschlandweit neuen Tiefpunkt bei der Anzahl der Übernachtungen (auch ohne Lockdown-Übernachtungsvolumen -34% ggü. 2019) folgte ein starkes zweites Quartal (nur noch -4% an Übernachtungen ggü. 2019), das vereinzelt sogar mit neuen Rekordwerten nicht nur in der Ferien-, sondern auch in der Stadthotellerie, das 2019er Niveau übertreffen konnte.
FelixMittermeier, Pixabay

Inländische Übernachtungen sind auf das Niveau von 2019 zurückgekehrt, fehlende ausländische Übernachtungen lassen das Volumen von 2019 noch nicht erreichen und sind im Wesentlichen für die fehlenden vier Prozent bei den Übernachtungen insgesamt verantwortlich. Im Zeitraum Mai bis Juli 2022 fehlen insbesondere asiatische Gäste: minus 50 Prozent lautet die Bilanz dieser Besuchergruppe gegenüber Vor-Corona-Niveau. Die Anzahl der Übernachtungen amerikanischer Gäste kann auf der anderen Seite leicht zulegen (+0,5% im Vergleich zu 2019er Werten), der leichte Anstieg kann allerdings die Rückgänge der Übernachtungszahlen bei den internationalen Gästen bei weitem nicht ausgleichen.

Performance der Stadthotellerie – ein Überblick

Hamburg weiterhin mit hohen Nächtigungsspitzen, Frankfurt überrascht mit Plus, Schlusslicht bleibt Stuttgart

In den Monaten Juni bis August gewinnen Deutschlands A-Städte bis zu 20 Prozent an ADR (Average Daily Rate = Nettoumsatz / belegtes Zimmer) gegenüber dem gleichen Zeitraum 2019. In der Auslastung sind die Hotels allerdings im gleichen Zeitraum 2022 weiterhin unter dem 2019er Niveau.

  • Hamburg und Köln führen mit Ergebnissen bei der Occupancy Rate/OCC(Belegung)- nur leicht negativ abweichend vom 2019er Niveau.
  • Hamburg gewinnt im Gesamtmarkt vier Prozent bei den Übernachtungen (Mai bis Juli ggü. 2019), ist damit Spitzenreiter. Die Relevanz der nationalen Gäste unterstützt hier (2019/2022: 27% bzw. 23% ausländische Gäste, 73% bzw. 77% inländische Gäste).
  • Düsseldorf kann sich, gemessen an der Anzahl der Übernachtungen, auf Platz zwei einordnen und ist damit zurück auf Vor-Corona-Level.
  • In Stuttgart und in Berlin ist der Rückgang der Übernachtungen im Vergleich zu 2019 von Mai bis Juli mit jeweils ca. -11% am größten.
  • Viele B-Städte vergleichsweise weiter in der Erholung vorangeschritten, z.B. Münster mit +8% an Übernachtungen von Mai – Juli im Vergleich zu 2019.
  • Während Frankfurt in der Pandemie vielfach das Schlusslicht in Bezug auf das Übernachtungsvolumen und KPI-Performance darstellte (Übernachtungen 2021: -66% geg. 2019), schafft es die Stadt im zweiten Quartal 2022 insbesondere bei inländischen Übernachtungen (+7% geg. 2019) zuzulegen (Übernachtungen am Beherbergungsmarkt Frankfurt „nur“ noch -6% geg. 2019 von Mai – Juli 2022). Beim ADR konnte sich die Mainmetropole in den Sommermonaten Mai bis August um ca. 20 Prozent steigern. Zu vermuten ist ein Anstieg der Übernachtungen aufgrund der Situation an den Flughäfen (Flugverspätungen, Flugausfall, verfrühte Ankunftszeiten vor Abflug), darüber hinaus ein Anstieg an Leisure-Gästen. Ausländische Übernachtungen bleiben 20 Prozent unter dem Niveau von 2019 – (internationale) Business-Gäste fehlen weiterhin.
  • Insgesamt bleiben Ankünfte und Abflüge am Frankfurter Flughafen in der zweiten Augusthälfte mit 33 Prozent unter Vor-Pandemie-Niveau.
  • Ähnliche Kennziffern sind an anderen internationalen deutschen Flughäfen zu beobachten.
  • Derzeit zeigt sich die Lage der Hotellerie in den einzelnen Städten insgesamt noch sehr volatil.

Feriendestinationen zeigen ihre gestiegene Relevanz in signifikanten Ratensteigerungen

Feriendestinationen schneiden im Durchschnitt insgesamt weiterhin besser ab als die Stadt. Schleswig-Holstein kann von Juni bis August bei den Übernachtungen um drei Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum 2019 zulegen. Auch Bayern (ohne München) kann sich im gleichen Zeitraum auf 2019er Niveau steigern.

Am Beispiel von Schleswig-Holstein ist zu erkennen, dass die Zwischensaison an Relevanz gewonnen hat. So konnten im April und Mai vier Prozent bzw. zehn Prozent mehr Übernachtungen erzielt werden als im Vergleichszeitraum 2019 (bezogen auf den gesamten Beherbergungsmarkt, also inklusive Ferienhäuser, Campingplätze usw.). Insbesondere steigert die Ferienhotellerie ihre ADR, teilweise bis zu einem Viertel über dem 2019er Niveau. Auslastungen sind im Vergleich im Juli und August auf das Niveau von 2019 zurückgekehrt, die Rekordwerte aus 2020 und 2021 waren allerdings nicht zu übertreffen. Dennoch ist die Entwicklung aufgrund der stark ADR-getriebenen Gesamtperformance mit dem Hintergrund der aktuellen Marktbedingungen (Wiedereröffnung des internationalen Reiseverkehrs, Rückgang Reisekostenbudgets aufgrund von Inflation und gestiegenen Energiekosten) als positiv zu bewerten. Es ist zu erwarten, dass die gestiegene Relevanz für die Ferienhotellerie und die positive Entwicklung ihrer Performance auch in Zukunft gehalten werden kann. Hier müssen Betriebe ihr Angebot entsprechend anpassen, um die Nachfrage langfristig zu halten und Alternativen für „Schlechtwettertage“ zu bieten.

Ausblick Wintersaison – Konsumeinbruch?

Die Vielzahl an Krisen und makroökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Inflation sowie der Ukraine-Krieg haben starke Auswirkungen auf die touristische Entwicklung des bevorstehenden Winters, aber auch auf die kommenden Jahre. Eine mögliche bevorstehende Energieknappheit, Kostensteigerungen, ein Wirtschafts- und Konsumrückgang gepaart mit hoher Inflation stellen die aktuell größten Herausforderungen der Hotellerie dar.

Die Mechanismen der Geldpolitik verringern den Konsum der Gesellschaft weiter. Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner mrp hotels, kommentiert die Auswirkungen auf die Hotellerie: „Hotelprodukte sind je nach Positionierung davon unterschiedlich stark betroffen. Luxusprodukte verzeichnen, so wie es derzeit bei vielen Betrieben aussieht, keinen Nachfrageverlust. Mittelkasse-Hotels, im Segment der klassischen ‚4-Sterne-Hotels‘, werden in den kommenden Monaten möglicherweise Nachfrageverluste verspüren. Des Weiteren sind Hotels mit einem hohen Vertragsgeschäft – durch Reiseveranstalter und Corporate-Verträge – besonders vom Wertverlust und den Kostensteigerungen betroffen, da diese häufig ihre Verkaufspreise unterjährig nicht ändern können. Neben dem freizeit-touristischen Gast werden auch Business-Reisen rückläufig. Die Wirtschaftssituation lässt auch Unternehmen weiter sparen, insbesondere bei Dienstreisen, Fortbildung, Seminare etc. zu merken.“

Profitabilität der Branche weiter schwindend

Martin Schaffer abschließend: „Die Preissteigerungen der Energiekosten, steigende Nahrungsmittelpreise, Personalengpässe und -kostenerhöhungen lassen die Gewinne von Hotelbetreibern auf ein Minimum schrumpfen. Um die steigenden Kosten abfedern zu können, und um 2019er Werte zu erreichen, müssten Zimmerpreissteigerungen oder Auslastungssteigerungen von über 20 Prozent erzielt werden. Nach Bereinigung der aktuellen Verkaufsraten am Markt ist derzeit zu erkennen, dass die Preise flächendeckend nicht ausreichend angehoben werden konnten, um die Gewinnmargen von 2019 zu halten.“

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