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Wie Corona-Hilfen zum gefährlichen Bumerang für Betriebe werden

Björn Grimm ist langjähriger Berater und Trainer für die Hotellerie und Gastronomie. Er warnt vor der Problematik, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Fördermittel offensichtlich nicht aufeinander abgestimmt sind. Dies bedeutet konkret, dass Betriebe aufgrund von Beihilferichtlinien durch die Inanspruchnahme von KfW-Krediten den Anspruch auf weitere Hilfsmittel verwirken könnten. Hier wiegen sich viele Betriebe in falschen Sicherheiten, wie ein konkretes Beispiel zeige.
Grimm Consulting
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Grimm Consulting betreut aktuell zahlreiche Hotel- und Gastronomiebetriebe, welche mehrheitlich mittelstandsgeprägt sind. Im vorliegenden Beispiel handelt es sich um ein Hotel mit starker gastronomischer Ausprägung. Vorhanden sind 65 Zimmereinheiten, Gastronomie, Wellnessbereich und Saalbetrieb. Beschäftigt sind ca. 70 MitarbeiterInnen. Der Betrieb unterliegt starken saisonalen Schwankungen und ist arg bemüht, die Liquidität für die kommenden Wintermonate sicherzustellen.

In Anspruch genommen und zur Auszahlung gekommen ist hier ein KfW-Darlehen über 800.000 EUR bei einer 10-jährigen Laufzeit. Weiter wurde Überbrückungshilfe von gut 150.000 EUR erwirkt, welche jetzt ggfs. zurückbezahlt werden müssten, da das KFW-Darlehen einerseits mit einem 100%igen Beihilfewert versehen wird und anderseits durch unglückliche Ausgestaltung unter die gleiche Beihilferegelung wie die Überbrückungshilfe I fällt. Dadurch können auch etwaige weitere Förderungen nicht in Anspruch genommen werden. Die beteiligte Hausbank, die im Auftrag der KfW handelt, ist genauso überrascht, ob dieser Umstände.

Unternehmen könnten aufgrund der hochkomplexen und nicht eindeutigen Beihilferegelungen in die Situation kommen, dass Überbrückungshilfe und KfW-Unternehmerkredit unter die gleiche Beihilferegelung fallen und daher je nach Ausgestaltung Beihilfehöchstgrenzen überschritten werden, mit der Folge, dass trotz Hilfs- und Förderbedürftigkeit Gelder zurückgezahlt werden müssen. Im vorliegenden Fall war schlussendlich allein die Laufzeit (>6 Jahre) des KfW-Unternehmerkredits ausschlaggebend dafür, dass man Beihilfegrenzen überschritten haben könnte. Hätte man sich für eine andere Laufzeit (<6 Jahre) entschieden, würde man sämtliche Beihilfegrenzen einhalten. Die Konsequenz dieser Entscheidung war aber selbst für versierte Unternehmer nicht erkennbar, da dies in den Verträgen und Merkblättern nur im Kleingedruckten und nur nach aufwändiger Recherche zu erkennen ist.

Der Darlehensvertrag war dazu nicht eindeutig, die Beihilfewertberechnung des Förderkredits ist nicht nachvollziehbar und die zeitliche Überschneidung der Beantragung und Bewilligung von verschiedenen Förderinstrumenten machte eine beihilferechtliche Einordnung für ein Unternehmen (zumal in einer Situation existenzieller Krise) mehr als herausfordernd. Unterstützende Hinweise dazu seitens der Hausbank oder der KfW erfolgten nicht. Nunmehr ist das Unternehmen in einer Situation, wo es trotz Hilfsbedürftigkeit erhaltene Förderungen zurückzahlen muss und ggfs. weitere Hilfen, wie die Überbrückungshilfe für die Monate Oktober bis Dezember nicht in Anspruch nehmen kann. Dies kann existenzgefährdend werden. Hier bestehe Handlungsbedarf, so Grimm, da die Programme nicht aufeinander abgestimmt zu sein scheinen.

Über den Autor:
Björn Grimm ist der Inhaber der Grimm Consulting, seit nunmehr 20 Jahren als Berater und Trainer in der Hotellerie und Gastronomie unterwegs und hat zwischenzeitlich mit seinem
Team mehr als 2.000 Betriebe beraten dürfen. Der Dipl. Touristikmanager, Hotelbetriebswirt und Hotelmeister verfügt über einen großen Erfahrungsschatz, den er den Mandanten und Teilnehmern in Beratungen, Seminaren und Vorträgen in humorvoller, ehrlicher eindrucksvoller Art weitergibt. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit zählt die betriebswirtschaftliche und operative Beratung von Mittelstandsbetrieben. Mehr Informationen unter: www.grimm-consulting.com / grimm@gastronomieberatung.de

nastya_gepp, Pixabay

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