Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn befasst sich regelmäßig mit der Unternehmensnachfolge in Deutschland. Die letzte Schätzung von 2021 kommt zum Ergebnis, dass im Zeitraum 2022 bis 2026 etwa 190.000 Unternehmen zur Übergabe anstehen. Die höchste Anzahl an Übergaben findet sich in der Branche der Unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie unter den Unternehmen der Größenklasse 500.000 bis eine Million Euro Jahresumsatz. Damit ist auch das Gastgewerbe auch von der sogenannten Nachfolgewelle betroffen, und Eigentümer müssen die richtigen Lösungen für diesen komplexen Prozess finden.
Genaue Formulierung des Testaments oder Erbvertrags wichtig
Im Hinblick auf die Testamentsgestaltung ist es von zentraler Bedeutung, die unterschiedlichen Interessen der Erben zu berücksichtigen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Insbesondere in Familienunternehmen, wie es in der Hotellerie und Gastronomie häufig der Fall ist, können emotionale Bindungen zu Konflikten führen, wenn einzelne Familienmitglieder bevorzugt oder benachteiligt werden. Durch die genaue Formulierung des Testaments oder eines Erbvertrags kann der Erblasser klare Anweisungen zur Unternehmensnachfolge hinterlassen, etwa indem bestimmte Nachfolgeregelungen festgelegt. Es kann sinnvoll sein, nicht nur den Nachfolger zu bestimmen, sondern auch Regelungen zur finanziellen Kompensation für die übrigen Erben zu treffen, um Liquiditätsengpässe im Unternehmen zu vermeiden. Außerdem kann eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel in das Testament aufgenommen werden, die verhindern soll, dass Erben ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen. Denn Pflichtteilsberechtigte können sofort die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils als Barzahlung fordern. Das kann bei einem Unternehmen schnell in die Hunderttausende gehen.
Ein weiterer rechtlicher Aspekt betrifft das Gesellschaftsrecht. Viele Hotellerie- und Gastronomiebetriebe sind als Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder als Personengesellschaften wie die Kommanditgesellschaft (KG) organisiert. Bei der Unternehmensnachfolge stellt sich die Frage, wie die Gesellschaftsanteile rechtssicher übertragen werden können. Dabei müssen etwaige Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Gerade bei Personengesellschaften sind Nachfolgeklauseln in den Gesellschaftsverträgen oft unzureichend formuliert, was bei einem Erbfall zu Konflikten führen kann.
Potenzielle steuerliche Belastungen einschätzen
Steuerlich betrachtet gehören die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zu den größten Herausforderungen in der Unternehmensnachfolge. Hotellerie- und Gastronomiebetriebe besitzen oft einen beträchtlichen Vermögenswert in Form von Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, was zu hohen steuerlichen Belastungen bei der Übertragung führen kann. Der Gesetzgeber hat zwar in den letzten Jahren steuerliche Erleichterungen für die Unternehmensnachfolge geschaffen, wie etwa die Steuervergünstigungen für Betriebsvermögen nach §§ 13a und 13b ErbStG, doch diese Vergünstigungen sind an strenge Bedingungen geknüpft. So müssen unter anderem die Lohnsummenregelung und die Behaltensfrist eingehalten werden, um die Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Das bedeutet, dass der Betrieb über einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren nach der Übertragung fortgeführt werden muss und das Lohnniveau nicht unter eine bestimmte Schwelle sinken darf. Außerdem hat der Bundesfinanzhof durch eine jüngere Entscheidung die Frage aufgeworfen, ob laufende Hotelbetriebe überhaupt von den angesprochenen steuerlichen Begünstigungen erfasst werden.
Eine weitere steuerliche Herausforderung stellt die Bewertung des Betriebsvermögens dar. Insbesondere in der Hotellerie, wo Immobilien oft einen erheblichen Teil des Vermögens ausmachen, kann es zu Differenzen bei der Bewertung kommen. Hier ist es notwendig, frühzeitig eine fundierte betriebswirtschaftliche Bewertung vornehmen zu lassen, um potenzielle steuerliche Belastungen einschätzen und Strategien zur Minimierung dieser Lasten entwickeln zu können.
Schrittweise Übergabe des Betriebs durch Schenkungen zu Lebzeiten
Um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, bedarf es einer sorgfältigen und vorausschauenden Nachfolgeplanung. Ein wesentlicher erster Schritt ist die rechtzeitige Einbindung von Fachleuten wie Rechtsanwälten, Steuerberatern und Unternehmensberatern, die auf die Besonderheiten der Hotellerie und Gastronomie spezialisiert sind. Eine rechtliche Absicherung der Nachfolge, etwa durch die frühzeitige Erstellung eines klaren Gesellschaftsvertrags und die Regelung der erbrechtlichen Angelegenheiten, ist von größter Bedeutung. Insbesondere im Hinblick auf Pflichtteilsansprüche ist es ratsam, frühzeitig Vereinbarungen mit allen betroffenen Erben zu treffen, um spätere Konflikte zu vermeiden.
Steuerlich kann eine schrittweise Übergabe des Betriebs durch Schenkungen zu Lebzeiten eine Möglichkeit sein, die steuerliche Belastung zu reduzieren. Durch die Ausnutzung der persönlichen Freibeträge und die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen lässt sich die Steuerlast über einen längeren Zeitraum verteilen. Zudem sollte die Betriebsstruktur auf ihre steuerliche Effizienz hin überprüft werden. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, den Betrieb vor der Übergabe in verschiedene rechtliche Einheiten aufzuteilen, um eine steuerlich günstigere Übertragung zu ermöglichen.
Durch mehrere Schenkungen den steuerpflichtigen Anteil reduzieren
Angenommen, ein Hotelbetrieb hat einen Wert von einer Million Euro, und der Inhaber plant, diesen Betrieb an sein Kind zu übergeben. Nach aktuellem Recht steht jedem Elternteil bei einer Schenkung an ein Kind ein Freibetrag von 400.000 Euro gemäß § 16 ErbStG zu. Dieser Freibetrag kann alle zehn Jahre erneut genutzt werden. Bei einer schrittweisen Übergabe über mehrere Jahre könnte der Inhaber daher durch mehrere Schenkungen den steuerpflichtigen Anteil des Betriebswerts deutlich reduzieren. Ein denkbares Szenario wäre beispielsweise die Aufteilung der Unternehmensübertragung in zwei Schenkungen: Zunächst wird eine erste Schenkung in Höhe von 400.000 Euro vorgenommen, die aufgrund des Freibetrags steuerfrei bleibt. Nach Ablauf der zehn Jahre könnte der Inhaber weitere 400.000 Euro schenkungsteuerfrei übertragen, sodass insgesamt 800.000 Euro ohne Steuerbelastung übergeben werden. Die verbleibenden 200.000 Euro, die über den Freibetrag hinausgehen, wären dann schenkungsteuerpflichtig. Da der Steuersatz für Schenkungen in der Steuerklasse I (Eltern an Kinder) bei Werten über 75.000 Euro bei elf Prozent liegt, würde die Steuerbelastung auf die restlichen 200.000 Euro nur 22.000 Euro betragen. Auf diese Weise ließe sich die Steuerlast für die Übergabe eines Unternehmenswerts von einer Million Euro auf einen geringen Bruchteil reduzieren. Zusätzlich könnte der Inhaber auch weitere Freibeträge, wie den sogenannten Betriebsvermögensfreibetrag nach §§ 13a und 13b ErbStG, in Anspruch nehmen, wenn bestimmte Voraussetzungen wie die Fortführung des Betriebs und die Einhaltung der Lohnsummenregelung erfüllt werden, was die steuerliche Belastung weiter verringern würde.