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Arbeitszeiterfassung in Gastronomie und Catering – was macht ein rechtssicheres, wirtschaftliches Zeiterfassungs-Tool aus?

Durch den Gesetzesentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gewinnt das Thema Arbeitszeiterfassung weiter an Dynamik. Nachdem die jüngere Rechtsprechung bereits festgestellt hatte, dass die Arbeitszeit erfasst werden muss, legt nun auch der Gesetzgeber nach. Im Gastgewerbe erfassen die meisten Betriebe die Arbeitszeit bereits. Doch es ist fraglich, ob die hier gängige Praxis mit Zettel und Stift zukünftig noch rechtskonform sein wird. Bjarne Wilhelm, CPO Sawayo GmbH, gibt Tipps, wie eine revisionssichere, digitale Lösung aussehen sollte.
Fraser Cottrell, Unsplash

Arbeitszeiterfassung ist bereits Pflicht – neues Gesetz in Kürze erwartet

Im September 2022 gab es ein richtungsweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) zum Thema Arbeitszeiterfassung. Dieses kam nicht unerwartet, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits 2019 in seiner „Stechuhr-Entscheidung“ festgestellt, dass EU-Mitglieder Arbeitgeber zur Zeiterfassung verpflichten müssen.

Damit ist die Pflicht zur Einführung eines Zeiterfassungssystems für alle Arbeitgeber durch die Rechtsprechung inzwischen unmissverständlich festgestellt – auch wenn sie noch nicht im deutschen Gesetz verankert ist. Das BAG leitet diese Pflicht aus einer neuen Interpretation allgemeiner Arbeitsschutzvorschriften im Licht des EuGH-Urteils ab.

Das bestehende deutsche Arbeitszeitgesetz definiert zwar bereits eine Pflicht zur Erfassung von Überstunden, muss aber im Hinblick auf die Vorgabe des EuGH neu gefasst werden. Der kürzlich veröffentlichte Entwurf des Bundesarbeitsministeriums soll genau das leisten. Er muss zwar noch das Kabinett und das parlamentarische Verfahren durchlaufen; bereits 2023 könnte die gesetzliche Regelung allerdings rechtskräftig werden.

Was bedeutet die Verpflichtung für Gastronomie und Catering in der Praxis?

Alle Arbeitgeber haben ihren Beschäftigten ein elektronisches Zeiterfassungssystem bereitzustellen. Damit müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit, ihre Dauer, Pausenzeiten sowie etwaige Überstunden erfasst werden. Dies ist keine „Kann-Regelung“: Wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmenden freistellt, dieses System zu nutzen, ist das nicht ausreichend. Es muss verpflichtend eingesetzt werden. Auch wenn eine systematische Überwachung und Ahndung von Verstößen bisher nicht umgesetzt zu sein scheint und es je nach Unternehmensgröße eine Übergangsfrist geben soll – künftig könnten Bußgelder bis zu 30.000 Euro drohen. Als Unternehmen bis dahin abzuwarten und untätig zu bleiben, ist riskant. Die Lösung will hier gut überlegt sein und muss rechtssicher funktionieren.

Catering und Gastronomie: etablierte Zeiterfassung oft nicht mehr rechtskonform

Viele Unternehmen erfassen die Arbeitszeiten bereits. Das geschieht gerade in Gastronomie und Catering oft mit Zettel und Stift in Kombination mit händisch abgetippten Kalkulationstabellen. Ob diese Praxis im Rahmen der neuen Regulierung allerdings noch rechtskonform ist, ist fraglich, denn es mangelt an der von den Gerichten geforderten Transparenz, Objektivität und Revisionssicherheit. Daneben verlangt der Gesetzesentwurf explizit eine „elektronische Erfassung“. Ausnahmen sollen hier nur über Tarifverträge oder bei kleinen Unternehmen möglich sein.

Abgesehen davon sind die bisher üblichen Zeiterfassungs-Praktiken meist aufwändig oder fehleranfällig. Vor allem Kalkulationstabellen sind für die Branche nachvollziehbar umständlich. Zudem birgt jeder manuelle Bearbeitungsschritt ein Fehlerrisiko. Die schwere Lesbarkeit mancher Handschrift vertieft das Problem. Hinzu kommt mangelnde Transparenz und Datenverfügbarkeit auch für Arbeitnehmer: Sie können ihre Nachweise häufig nicht so einfach wieder einsehen, wenn sie erst einmal abgegeben wurden. Der Gesetzesentwurf sieht jedoch ein Auskunftsrecht vor – Beschäftigte sollen auf Wunsch jederzeit eine Kopie der Aufzeichnungen erhalten.

Am wichtigsten für Beschäftigte sind leichte Bedienbarkeit und Geschwindigkeit

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhoffen sich eine Erleichterung in puncto Arbeitszeiterfassung; ein unmittelbar verständliches und leicht bedienbares Hilfsmittel, das permanent zugänglich ist. Auf Arbeitgeberseite lassen sich mit dem richtigen System Zeit und damit personelle Ressourcen sparen. Idealerweise wird die praxistaugliche und nutzerfreundliche Arbeitszeiterfassung in der Gastro-Branche auch zur Möglichkeit, Personal stärker an das eigene Unternehmen zu binden.

Nicht zu vergessen: Eine zuverlässige Lösung muss den Anforderungen des Datenschutzes genügen und für lückenlose Rechtssicherheit sorgen. Auch hier sind bestehende Lösungen über Zettel, Stift und Kalkulationstabellen oft unzureichend: Zettel liegen nicht selten ungeschützt auf Schreibtischen und in Büros; Tabellendokumente sind oft auf ungesicherten Dateiablagen gespeichert; es gibt keine angemessenen Zugriffskontrollen. Eine zeitgemäße digitale Arbeitszeiterfassung benötigt eine DSGVO-konforme Infrastruktur und ein angemessenes Niveau an Datensicherheit, etwa durch Zwei-Faktor-Authentifizierung und angemessene Zugriffskontrollen.

Arbeitszeiterfassung via Smartphone-App

„Wichtig ist es für Arbeitgeber heute, eine digitale, nutzerfreundliche und flexible Lösung zu haben. Gerade im Gastro-Bereich braucht es eine Zeiterfassung, die überall ‚Plug-and-Play‘ funktioniert: Der Arbeitnehmer nimmt sein Smartphone, folgt der intuitiven Nutzeroberfläche seiner App, macht mit zwei, drei Touch-Bewegungen seinen Eintrag und fertig. Für Restaurantbetriebe eignen sich daneben auch Terminal-Lösungen. Das Terminal ist an die Zeiterfassungs-Software angebunden und jederzeit zugänglich. So vereinfacht es den gesamten Prozess von der Erfassung bis zur Auswertung für alle Beteiligten“, sagt Bjarne Wilhelm. Der CPO und Mitbegründer des Start-ups Sawayo hat gemeinsam mit seinem Rostocker Team eine Software-Plattform entwickelt, die Unternehmen bei Informations-, Dokumentations- und Nachweispflichten unterstützt.

Übliche Projektmanagement-Tools scheiden meist aus

Gerade bei der Zeiterfassung sei es für Caterer und Gastro-Betriebe wichtig, auf das richtige System zu setzen, um den kommenden gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Andernfalls könne es bei künftigen Prüfungen durch die Behörden ein böses Erwachen geben. „Es ist beispielsweise unerlässlich, dass eine Software neben den Soll-Zeiten auch die tatsächlichen Ist-Zeiten von Tätigkeit und Pausen erfasst. Um rechtlich Bestand zu haben, müssen die Eintragungen in das Tool revisionssicher sein. Es darf nach Abschluss eines Erfassungszeitraumes also keine undokumentierten Änderungen an bereits erstellten Einträgen mehr geben“, erklärt Bjarne Wilhelm.

Das ist die Ursache dafür, dass viele der geläufigen Projektmanagement-Tools nicht für eine rechtskonforme Zeiterfassung geeignet sind. Denn hier können auch im Nachhinein noch Zeiten, Orte und Tätigkeitsbeschreibungen angepasst werden. Essenziell sei auch die Erfassung von Mehrstunden, um den Dokumentationspflichten bei Überstunden nachzukommen, und verschiedene Arbeitszeit-Modelle und Vertrauensarbeitszeiten in einer Software abbilden zu können.

Rechtskonformität, Transparenz und Wirtschaftlichkeit verbinden

Dem Experten zufolge ist es auch entscheidend, dass eine Zeiterfassungs-App Mehrarbeit automatisch erfasst und dokumentiert. Zudem sollte das System selbstständig eine Veränderungshistorie anlegen, sobald durch Berechtigte Anpassungen an Einträgen vorgenommen werden. Dieses Dokument kann bei späteren Prüfungen dann leicht gefunden und abgerufen werden. „Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind wichtige Stichwörter, wenn es um eine zuverlässige Arbeitszeiterfassung geht. Aus wirtschaftlicher Sicht sind aber Flexibilität, Arbeitserleichterung und Integrierbarkeit ebenso entscheidend“, weiß Bjarne Wilhelm. Eine effektive Lösung muss Gastronomiebetrieben und Caterern möglichst viele manuelle Prozesse ersparen, Verwaltungsaufwand und Kosten reduzieren und selbst bei größeren Firmen in wenigen Wochen einsatzbereit sein.

Bei der Wahl eines entsprechenden Anbieters sollten Unternehmen prüfen, ob dieser seine Lösung auch auf die zu erwartenden neuen Regelungen zur Arbeitszeiterfassung hin ausgerichtet hat. Zudem kooperierten versierte Anbieter dem Experten zufolge mit Partnern aus dem Rechtsbereich und böten fachliche Beratung sowie Praxis-Leitfäden an. Laut Bjarne Wilhelm wird das Thema aktuell bleiben: „Auch wenn es noch Diskussionen um den aktuellen Gesetzesentwurf zur Arbeitszeiterfassung geben wird – daran, dass das Gesetz kommt, wird sich nichts ändern. Setzen Caterer und Gastronomiebetriebe rechtzeitig auf eine angemessene digitale Lösung, sind sie auf der sicheren Seite.“

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