In der Regel wird der erste Verhandlungstermin dazu genutzt, Rechtsansichten auszutauschen und eine Tendenz aufzeigen. Entsprechend überraschend war, dass der BGH bereits gestern in dieser Sache geurteilt hat – insbesondere im Hinblick auf den Umfang der rechtlich aufgeworfenen Fragen.
Noch viel erstaunlicher ist aber das Urteil in der Sache selbst. Der BGH hat sich zugunsten des Versicherers ausgesprochen und die Revision des klagenden Gastwirtes zurückgewiesen. Diese Entscheidung dürfte für zahlreiche Versicherungsnehmer sehr bitter sein. Insbesondere, da vorangegangene Urteile, wie beispielsweise das des OLG Karlsruhe (Az. 12 U 4/21) für die Klägerseite Hoffnungen geschürt hat.
Anders als das OLG in Karlsruhe wertete der BGH, dass der Katalog der Krankheiten und Krankheitserreger aus dem Infektionsschutzgesetz, auf das sich gewöhnlich entsprechende Klauseln der Versicherer beziehen, abschließend sei. Die Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz deutet der BGH im Sinne eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers als ergänzende Klarstellung. Da der Wortlaut klar und verständlich sei, verstoße die Formulierung auch nicht gegen das Transparenzgesetz (§ 307 Abs. 1 und 2 BGB), so der BGH weiter.
Diese Entscheidung ist richtungsweisend. Zwar unterscheiden sich bei anhängigen Verfahren einige Bedingungen in ihrem Wortlaut, jedoch wurde die Entscheidungstendenz für andere Verfahren mit diesem Urteil festgelegt, soweit – wie vorliegend – in der Klausel eine Auflistung von Krankheiten und Krankheitserregern erfolgt ist. In Anbetracht dessen, dass der BGH an die Transparenz von AGB-Klauseln grundsätzlich sehr strenge Maßstäbe knüpft, ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar.
Aus meiner Sicht sollte bereits zu denken geben, dass der Wortlaut der gegenständlichen Klausel von Juristen und juristischen Spruchkörpern unterschiedlich verstanden wird. Zudem haben zahlreiche Versicherungsnehmer Klage erhoben, für die die Formulierung weder verständlich noch klar ist. Somit besteht ein Widerspruch zur Begründung des BGH, welcher doch auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers abzielt. Aus meiner persönlichen Sicht – und damit stehe ich sicherlich nicht alleine da – ist das vorliegende Urteil eine Fehlentscheidung. Recht haben ist leider nicht immer Recht bekommen.