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Corona-Hilfen für Selbständige als beitragspflichtiges Einkommen

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Corona-Soforthilfen für Selbstständige beitragspflichtiges Einkommen sind. Auch wenn der Zuschuss später zurückgezahlt werden muss, gilt er steuerrechtlich als Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb und ist bei der Berechnung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen.
Pixabay, Pexels

Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung beschlossenen Regelungen abzufedern, gab es verschiedene staatliche Maßnahmen. Mit dem Programm „Soforthilfe Corona“ wurden Unternehmen und Selbstständige unterstützt, die sich im Frühjahr 2020 unmittelbar infolge der Corona-Pandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage befanden und massive Liquiditätsengpässe erlitten. Aber auch diese Mittel unterfallen dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung klargestellt hat.

Ein hauptberuflich Selbständiger aus dem Landkreis Emmendingen – der spätere Kläger – hatte aus dem Programm „Soforthilfe Corona“ von der Landeskreditbank Baden-Württemberg im April 2020 einen Zuschuss in Höhe von 4.500 Euro erhalten. Dieser Zuschuss wurde von dem zuständigen Finanzamt mit dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2020 als Teil der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt. Die Kranken- und Pflegeversicherung des freiwillig krankenversicherten Klägers hatte daraufhin den Zuschuss auch der Beitragsberechnung zugrunde gelegt. Hiergegen wandte sich der Kläger, der den Zuschuss im Jahr 2023 zurückzahlen musste, nachdem sich gezeigt hatte, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hatten. Er machte mit seiner beim Sozialgericht Freiburg erhobenen Klage insbesondere geltend, dass der Zuschuss wie ein Darlehen zu bewerten sei und daher keine Beitragspflicht auslöse.

Nachdem das Sozialgericht in erster Instanz die Klage abgewiesen hatte, blieb der Kläger auch mit seiner Berufung beim Landessozialgericht erfolglos. Der entscheidende 4. Senat hat ausgeführt, dass zu den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zählten, die als Arbeitseinkommen beitragspflichtig seien. Das Arbeitseinkommen sei danach nicht um den vom Kläger im Jahr 2020 von der L-Bank erhaltenen Zuschuss zu reduzieren gewesen. Insbesondere handele es sich hierbei nicht um ein Darlehen, sondern um einen Zuschuss, der vom Grundsatz her nicht zurückzuzahlen ist. Mit einer ggf. bestehenden Rückzahlungsverpflichtung solle nur im Einzelfall eine „Überkompensation“ vermieden werden. Damit sei der Zuschuss aus dem Programm „Corona Soforthilfe“ aber schon im Grundsatz als „nicht zurückzahlbarer verlorener Zuschuss“ und gerade nicht als Darlehen oder dergleichen ausgestaltet. Die Beklagte habe zutreffend darauf hingewiesen, dass in dem Jahr, in dem der Kläger den Zuschuss in Höhe von 4.500 Euro an die L-Bank zurückzahle, er dies gegenüber dem Finanzamt einkommensmindernd geltend machen kann. Diese Gewinnminderung führe dann – nach Erlass eines Einkommenssteuerbescheids für das Rückzahlungsjahr – zu einer entsprechend geringeren Beitragsbemessungsgrundlage.

Hinweis zur Rechtslage:

Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung § 15 Arbeitseinkommen (1) Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung § 240 Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder (4a) Die nach dem Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge werden auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides vorläufig festgesetzt; dabei ist der Einkommensteuerbescheid für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen; Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. Bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit werden die Beiträge auf der Grundlage der nachgewiesenen voraussichtlichen Einnahmen vorläufig festgesetzt. Die nach den Sätzen 1 und 2 vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt. […] 

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg

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