Wofür waren die Corona-Soforthilfen eigentlich gedacht?
Nicole Mutschke: Als die Coronakrise sich im vergangenen März verschärft und es zu den umfassenden Lockdowns kam, war die Politik rasch mit Hilfsangeboten für die Wirtschaft zur Stelle. Bund und Länder stellten Milliarden bereit, auch um Soloselbstständigen und Kleinunternehmen wirtschaftlich unter die Arme zu greifen. Und das Versprechen war, diese Corona-Soforthilfen nicht als Kredit, sondern als Zuschuss zu geben. Insgesamt sollen so gut 2,3 Mio. Anträge gestellt und rund 15 Mrd. Euro an Soloselbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer ausgezahlt worden sein.
Kein Kredit, sondern Zuschuss? Klingt doch gut, was ist dann jetzt das Problem?
Nicole Mutschke: Auch wenn die Corona-Soforthilfe vielen Unternehmen geholfen hat, den Lockdown besser zu verkraften, so wurden die genauen Voraussetzungen für diese Hilfen nicht besonders gut kommuniziert. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass die Handhabung des Antragserfahrens für die Soforthilfe in den Ländern unterschiedlich war. Tatsächlich sollten die Soforthilfen ausschließlich zweckgebunden für betriebliche Kosten auf genutzt werden. Für andere Bereiche durfte das Geld also nicht verwendet werden. Für den privaten Lebensunterhalt sollte sich die Hilfe z.B. aus den Leistungen wie dem Arbeitslosengeld II, Wohngeld etc. ergeben. Auch Personalkosten sollten nicht aus der Soforthilfe bestritten werden, hierfür war eigentlich das verbesserte Kurzarbeitergeld gedacht. Wer daher die Corona-Soforthilfe zweckwidrig für andere Ausgaben als Sach- und Finanzausgaben genutzt hat, dem droht nun die ganze oder teilweise Rückzahlung der Gelder.
Wann können sonst noch Rückzahlungen drohen?
Aber auch Unternehmen, die die Soforthilfe korrekt eingesetzt haben, müssen möglicherweise etwa zurückzahlen. Das liegt daran, dass man die Soforthilfe letztendlich nur behalten darf, wenn man tatsächlich in einer coronabedingten Existenzkrise war. War das Geld letztlich nicht für die Überwindung von Liquiditätsengpässen nötig, etwa weil der Lockdown doch nicht so lange wie befürchtet gedauert hat oder die Einbrüche nicht so dramatisch waren, muss man mit Rückforderungen rechnen.
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Was bedeutet das jetzt für das Unternehmen in der Praxis?
Nicole Mutschke: Gerade in Nordrhein-Westfalen drohte dies vielen Selbstständigen, da die Corona-Soforthilfe hier in voller Höhe ausgezahlt wurde. Demgegenüber mussten Antragsteller etwa in Niedersachsen schon im Antragsverfahren ihre Einnahmen und Ausgaben schätzen und erhielten nur die sich daraus ergebende Differenz. Nun wird aber auch in NRW im Rahmen des sogenannten Rückmeldeverfahrens abgerechnet. Hier muss man nun für den Förderungszeitraum von drei Monaten seine Einnahmen und Ausgaben genau offen legen. Liegt danach eine Überkompensation vor, droht eine Rückforderung. Aber: NRW hat das Rückmeldeverfahren inzwischen erst einmal wieder angehalten, weil sich „einige der Abrechnungsvorgaben als problematisch erwiesen haben“. Also klären Bund und Länder erst einmal, wie das Abrechnungsverfahren nun eigentlich ablaufen soll.
Wie sollen sich betroffene Unternehmen bei Rückforderungen verhalten?
Nicole Mutschke: Wer einen Bescheid darüber erhält, dass Corona-Soforthilfen ganz oder teilweise zurückzuzahlen sind, sollte sich diesen Bescheid schon sehr genau ansehen. Erkennt der Staat insbesondere Ausgaben nicht an, die man in Ansatz gebracht wurden, sollte man genau prüfen oder prüfen lassen, ob dies tatsächlich so berechtigt ist. Da die Informationen der einzelnen Bundesländer zur Corona-Soforthilfe zum Teil so dürftig und teilweise auch widersprüchlich waren und sich im Laufe der Zeit die Anforderungen auch mal geändert haben, sollte man sich in dann nicht gut überlegen, ob man nicht gegen einen Rückforderungsbescheid vorgeht.
Was kann betroffenen Antragstellern sonst noch drohen?
Nicole Mutschke: Neben der Rückzahlung droht Antragstellern im schlimmsten Fall auch noch ein Strafverfahren, namentlich wegen sogenanntem Subventionsbetrugs. Nach dem Gesetz sind ausdrücklich auch leichtfertig gemachte falsche Angaben oder die leichtfertige zweckwidrige Verwendung von Geldern strafbewehrt, und zwar mit Geldstrafe oder mit Freiheitstrafe bis zu drei Jahren. Allerdings dürfte der Umstand, dass bei Antragstellung einiges unklar war und auch das Abrechnungsverfahren derzeit noch zwischen Bund und Ländern geklärt werden muss, in vielen Fällen gegen eine solche Strafbarkeit sprechen. Dennoch kann es je nach Umständen des Einzelfalls auch empfehlenswert sein, die unberechtigt erhaltene Soforthilfe von sich aus zurückzuzahlen, um dadurch straffrei auszugehen.
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Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist eine gefragte Rechtsexpertin in Fragen rund um das Coronavirus und deutschlandweit bekannt aus den Medien. Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten bundesweit engagiert und kompetent in allen Fragen im Zusammenhang mit dem Coranovirus und den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Fragestellungen