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Drohende Probleme mit den cloud-basierten zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE) von Kassensystemen

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (kurz: BSI) hat sich im November 2020 entschlossen, neuen Anforderungen an cloud-basierte TSE-Lösungen zu stellen, wie sie in Gastronomie-Kassensystemen vorgeschrieben sind. Das kann nun bereits Ende Januar 2021 zu erheblichen Problemen führen. Die Diplom-Finanzwirtin und Betriebsprüferin Andrea Köchling gibt eine Einschätzung zur aktuellen Situation.
Andrea Köchling
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Das sogenannte „Kassengesetz“ (Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen) aus dem Jahr 2016 sieht vor, dass seit dem 1. Januar 2020 zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen (TSE) in „elektronische Aufzeichnungssysteme“ implementiert werden müssen. Zu diesen elektronischen Aufzeichnungssystemen gehören unter anderem elektronische beziehungsweise computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen, wie sie in der Gastronomie zum Einsatz kommen. Geregelt wird dies durch § 146a der Abgabenordnung (AO).

Späte Zertifizierung und aufgeschobene Fristen

Um diese Vorgaben umzusetzen, stehen seit Anfang 2020 erste Hardware-basierte TSE-Lösungen zur Verfügung. Anfang 2020 deshalb, weil die ersten dafür notwendigen Zertifikate des BSI erst am 20. Dezember 2019 vergeben wurden. Durch diese sehr späte Zertifizierung war es bislang nicht möglich, die Systeme deutschlandweit zu implementieren. Nachdem das Bundesministerium der Finanzen das Problem erkannt hatte, gab es am 18. August 2020 ein Schreiben dazu, dass an die zuständigen Landesfinanzbehörden ging. Darin geht es um die „Nichtbeanstandungsregelung bei Verwendung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO ohne zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung nach dem 31. Dezember 2019 und Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 148“. Konkret also darum, dass Unternehmen keine Beanstandungen durch die lokalen Finanzbehörden fürchten müssen, wenn beispielsweise (elektronische) Kassen bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Klar ist aber auch, dass es sich dabei nur um eine „Nichtbeanstandungsregelung“ handelt.

Die Pflicht, eine TSE einzuführen, besteht weiter!

Mit Ausnahme von Bremen hatten die Bundesländer bereits kurz vorher, im Juli 2020, beschlossen, bei bestimmten Voraussetzungen sogar einen Aufschub bis zum 31. März 2021 zu gewähren.

Das gilt auch für das erste nicht hardware-gebundene, cloud-basierte TSE-Modul. Es ist seit dem 30. September 2020 verfügbar (dem Tag der Zertifizierung durch das BSI) und wird von der Firma „Deutsche Fiskal“ angeboten, die dafür mit der Bundesdruckerei-Tochter D-TRUST zusammenarbeitet. Anders als sonst üblich beträgt die Laufzeit des Zertifikates hier jedoch nicht fünf Jahre, sondern nur vier Monate. Damit wird die Zertifizierung dieser TSE-Lösung zum 31. Januar 2021 auslaufen. Andere Lösungen sind noch nicht erhältlich, befinden sich aber – wie beispielsweise das der österreichischen fiskaly GmbH – teilweise schon im Zertifizierungsverfahren.

Geänderte Anforderungen an cloud-basierte TSE-Module

Als wäre das nicht genug, ist im November 2020 ein internes Arbeitspapier des BSI öffentlich geworden. Daraus geht hervor, dass das Bundesamt zukünftig neue Anforderungen an die Zertifizierung von cloud-basierten TSE stellen will. Schlimmer noch: Sie sollen bereits zum 31. Januar 2021 gelten. Wird das nun für all jene Gastronominnen und Gastronomen zum Problem, die auf die einzig verfügbare „Cloud-Lösung“ der Deutschen Fiskal gesetzt haben?
Doch nicht nur Nutzer der Deutsche Fiskal-Lösung sind betroffen, die diese in der Gastronomie einsetzen. Auch die Hersteller (und potentiellen Nutzer) von anderen cloud-basierten TSE, deren Lösungen sich bereits im Zertifizierungsprozess befindlichen oder in Kürze zur Zertifizierung angemeldet werden sollen, haben nun ein großes Problem.

Was bedeutet das für Gastronominnen und Gastronomen?

Fest steht: Die Kasse ist das Herz einer jeden Gastronomie. Sei es Restaurant, Imbiss Gaststätten, Cafés, Eisdielen, Kantinen, aber auch Caterer und Events u. a. Der Vorstoß des BSI sorgt nun einmal mehr für Unsicherheit rund um das Thema. Denn schon früher gab es hier regelmäßig Irritationen.
Unternehmer/innen, die sich für die entwickelte Lösung Fiskal Cloud der DF Deutsche Fiskal GmbH entschieden hatten können allerdings aufatmen. In einer Pressemitteilung der Deutschen Fiskal vom 29.01.2021 ist zu lesen, dass die, auf Grund von weiteren Vorgaben seitens des BSI notwendig gewordenen Rezertifizierung, jetzt planmäßig erreicht worden ist. Damit steht dem Handel und anderen Branchen eine moderne und zukunftsfähige Cloud-Lösung zur Verfügung, die zertifiziert und rechtssicher einsetzbar ist.

Allerdings ist aktuell weiterhin offen, ob – und wenn wann – andere Anbieter von cloud-basierten TSE die neuen Anforderungen umsetzen können und welche Folgen die neuen Anforderungen für die Einsetzbarkeit in den jeweiligen Kassen haben werden.

Hoffen auf Hilfe

Klar ist, dass sich bereits Ende 2020 diverse Verbände an die zuständigen Stellen gewandt haben. Konkret bekamen das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie die Länderfinanzverwaltungen einen Brief vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, dem Bundesverband der Deutschen Industrie, dem Deutsche Industrie- und Handelskammertag, dem Handelsverband Deutschland sowie dem Zentralverband des Deutschen Handwerks. In einer gemeinsamen Erklärung haben die Verbände von Politik und Verwaltung eine praxistaugliche Lösung gefordert.

Mein persönliches Fazit

Viele Gastronominnen und Gastronomen hatten gehofft, dass mit dem Ablauf des 31. März 2021 das Thema Kasse ein für alle Mal erledigt ist. Schon heute ist klar, dass sich diese Hoffnung nicht bestätigen wird. Das sorgt – verständlicher Weise – für Frust und Enttäuschung.
Persönlich denken ich, dass das Thema Kasse auch weiterhin ein leidiges bleiben und uns noch lange begleiten wird. Das gilt besonders dann, wenn die Finanzbehörden verstärkt von der Möglichkeit der „Kassen-Nachschau“ Gebrauch machen werden. Denn wie Sie vermutlich aus der betrieblichen Praxis wissen, werden diese Prüfungen bereits seit Anfang 2018 durchgeführt. Die detaillierten Regelungen dazu finden sich im bereits angesprochenen § 146b AO.

Danach müssen Sie als Gastronomin oder Gastronom dem Prüfer beziehungsweise der Prüferin Einsicht in die (digitalen) Kassenaufzeichnungen und -buchungen gewähren. Das gilt auch für die Organisationsunterlagen, die für die Kassenführung erheblich sind. Besonders wichtig ist außerdem, dass auf Anforderung die Verfahrensdokumentation zum eingesetzten Aufzeichnungssystem vorgelegt wird. Dazu zählt auch das Zertifikat der verwendeten TSE.
Ganz konkret kann ich jedem Gastronomen und jeder Gastronomin nur dringend raten, sich mit ihrem oder seinem Steuerberater oder -beraterin auszutauschen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Außerdem ist es dringend erforderlich, mit dem jeweiligen Kassen(system)anbieter oder dem TSE-Hersteller Kontakt aufzunehmen. Hier muss sehr kurzfristig geklärt werden, wie ein weiteres technisches Vorgehen aussehen könnte.

Aber Achtung: auch die Schulung der Mitarbeiter ist von immenser Bedeutung, denn diese müssen während einer Kassennachschau die Pflichten der/des Gastronomin/Gastronomen erfüllen, wenn diese/r nicht anwesend ist. Setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung und vereinbaren ein Seminar mit mir, damit Ihnen und Ihren Mitarbeitern/innen die Kassenführung leicht von der Hand geht und Sie Zeit und Geld sparen.

Autoreninfo:

Andrea Köchling ist Diplom-Finanzwirtin (FH) und Betriebsprüferin der Finanzverwaltung Hamburg. Sie ist bundesweit als Referentin zu den Themen Kassenführung, Umsatzsteuer und Verfahrensdokumentation tätig. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft geschrieben worden. Weitere Informationen unter andrea-koechling.de

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