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Ein ganz heißes Eisen

Wer in seinem Betrieb etwas verändert, stößt meistens schnell an eine Grenze. Und die heißt: Brandschutz. Für viele Unternehmer sind die Anforderungen in diesem Bereich nicht nur ein rotes Tuch, sondern sogar existenzbedrohend. Die Anforderungen werden immer höher.
chuckmoser | iStockphoto.com

Es sind längst keine Einzelfälle mehr, die Unternehmer aus Hotellerie und Gastronomie berichten. Nach Brandschutzbegehungen durch die kommunale Verwaltung werden ganze Hotels über Nacht geschlossen, dürfen nicht mehr benutzt werden, weil ein zweiter Rettungsweg fehlt oder Fluchtwege zu lang sind. Oder ein junger Unternehmer will den elterlichen Betrieb übernehmen, muss aber zur Erlangung einer neuen Konzession Umbaukosten in den Brandschutz im sechsstelligen Bereich stemmen. Bei Neu- oder Anbauten übersteigen die reinen Investitionskosten in den Brandschutz schnell mal die Zehnprozenthürde – und verhindern damit oft die Umsetzung. Die hier beschriebenen Konstellationen sind weder fiktiv, noch handelt es sich um Einzelfälle. Nur leider landen sie nicht so oft in den Schlagzeilen wie die Brandschutzprobleme beim Neubau des Berliner Flughafens oder bei Stuttgart 21.

Keine Frage: Brandschutz ist ein wichtiges Thema. Doch viele Unternehmer stellen sich die Frage, warum die Anforderungen immer höher werden. Und warum der Bestandsschutz – an sich dafür gedacht, dass Betriebe auf dem bekannten und bewährten Niveau weiter am Markt bestehen können – mit dem Hinweis auf „Gefahr für Leben und Gesundheit“ ausgehebelt wird? Denn das ist inzwischen in den meisten Fällen so.

Klar, keine Genehmigungsbehörde will sich im Ernstfall dem Vorwurf aussetzen, nicht genau genug hingeschaut zu haben. Aktuell sind meist Unglücksfälle, die irgendwo passieren, für die Verwaltung Anlass, genauer hinzuschauen. Dabei ist die Gefahr, in Deutschland bei einem Brand ums Leben zu kommen, äußerst gering. Die Zahlen sind auf niedrigem Niveau stabil, im Straßenverkehr gibt es zehnmal mehr Todesopfer. Dennoch wird beim Brandschutz immer genauer hingeschaut, müssen Unternehmer immer weiter nachrüsten. Und das, obwohl Experten immer wieder darauf hinweisen, dass durch noch weitere zusätzliche Maßnahmen weder die Zahl der Brände noch die der Opfer reduziert wird. Man könne die Auflagen und Ausgaben endlos erhöhen, eine Welt ohne Brände wird es wohl nicht geben.

Schließung nach Feuerbeschau

Eine Feuerbeschau gab es beim Hotel Roter Hahn in Rothenburg ob der Tauber. Seit den 1970er-Jahren hatte es in dem 1380 errichteten Gebäude keine Feuerbeschau mehr gegeben. Anfang des vergangenen Jahres war es dann so weit – und Inhaber Dieter Gallus wurde von einem Tag auf den anderen die Vermietung seiner 27 Zimmer untersagt. Einen zusätzlich geforderten Fluchtweg kann er aber in dem denkmalgeschützten Gebäude mit historischer Bausubstanz nicht so einfach schaffen. „Das gesamte Gebäude nach heutigen Brandschutzanforderungen auszustatten, ist nur mit extrem großem Aufwand nötig“, berichtet Gallus. Über 600 Jahre lang waren Gäste im Hotel Roter Hahn untergebracht, seit der Feuerbeschau stehen die Zimmer leer – und Gallus fehlt mittlerweile ein deutlich sechsstelliger Betrag an Umsatz.

Ähnlich erging es dem Inhaber des „Maierwirt“ in Prutting, einem kleinen Ort zwischen München und dem Chiemsee. Seit fast 200 Jahren gibt es die Wirtschaft, die auch zwei Weltkriege überstanden hat – „aber nicht die brandschutzrechtliche Überprüfung im Januar“, wie sogar die FAZ berichtet. Vier Wochen blieben dem Wirt, um alle Anforderungen zu erfüllen – vom Entfernen von angeblich im Weg stehenden Möbeln bis hin zum Einbau selbstschließender Brandschutztüren. Warum alles, was da war, plötzlich nicht mehr reichen sollte, bleibt ein Rätsel. Sein Problem: Sowohl er als auch die Kommune hatten die Baugenehmigung für einige der Fremdenzimmer nicht mehr. Der Wirt gab auf, der Maierwirt hat jetzt geschlossen.

Dabei – und darauf weisen Experten immer wieder hin – gilt für ältere Gebäude Bestandsschutz. Das bedeutet, dass die Grundlage die Bauordnung zur Zeit der Erstellung des Gebäudes ist und dass das Gebäude zu diesem Zeitpunkt gesetzeskonform war. Einzig: Ändert sich die Nutzung oder wird umgebaut, muss die Wirksamkeit der Brandschutzmaßnahmen neu bewertet werden. „Es ist wichtig, dies bereits vor der Beantragung des Bauantrages zu prüfen“, heißt es bei Fritz & Fritz, einem Risikoberater, der Unternehmer neben Versicherungsfragen auch in diesem Bereich berät. Denn: Ist erst einmal ein Bauantrag eingereicht, verliert der Bestandsschutz seine Gültigkeit. Und ganz wichtig bei Umbauten: Auch bei geringfügigen Veränderungen verliert das gesamte Gebäude seinen Bestandsschutz.

Wichtig in allen Fällen, in denen es um den Brandschutz geht, ist eine gute Beratung. Nur Experten können einschätzen, ob geforderte Brandschutzmaßnahmen wirklich nötig sind und wie diese auch optimal im Sinne des Brandschutzes, aber auch im Hinblick auf notwendige Investitionen umgesetzt werden können.

Tipps

Personal muss geschult sein

Je nach Bundesland müssen Betriebe ab einer bestimmten Größe einen Brandschutzbeauftragten haben. Mindestens fünf Prozent der Belegschaft müssen als Brandschutzhelfer ausgebildet sein. Und: Alle Betriebsangehörigen sind zu Beginn des Arbeitsverhältnisses und danach mindestens einmal jährlich über die Bedienung der Alarmierungseinrichtungen und der Brandmelder zu unterweisen und über das Verhalten im Brandfall zu belehren. Für die Einhaltung dieser Vorschriften ist der Betreiber oder der von ihm Beauftragte verantwortlich. Allerdings können diese Aufgaben auch extern vergeben werden.

Regelmäßige Begehungen

Bei komplexeren Gebäuden – und dazu gehören in der Regel vor allem Hotels – ist es ratsam, einen Experten in Sachen Brandschutz hinzuzuziehen. Mit diesem sollten Unternehmer auch regelmäßige individuelle Brandschutzbegehungen durchführen, um sicherzustellen, dass alles auf dem aktuellen Stand ist – und es bei einer Feuerbeschau durch die kommunale Verwaltung keine Überraschung gibt.

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