2022 markierte mit dem niedrigsten Transaktionsvolumen der letzten acht Jahre einen Tiefpunkt auf dem Hotel-Investmentmarkt in Deutschland. Die allgemeine Unsicherheit zeigt sich sowohl in dieser Assetklasse wie im gesamten gewerblichen Investmentmarkt. Gleichzeitig erholt sich vor allem die inländische und erdgebundene Urlaubs- und Reisetätigkeit nach Corona weiter, auch Konferenz- und Messegeschäft werden 2023 wieder (fast) wie vor der Pandemie erwartet. Das Hotel- und Gastgewerbe wird davon profitieren, vorausgesetzt dass die jeweiligen Betriebe die wiedererstarke Nachfrage personell stemmen können. Besonders krisenfest zeigen sich allerdings insbesondere Angebote und Anbieter, die für den längerfristigen Aufenthalt als Strategie und Konzept stehen, dabei wenig personal- und kostenaufwendig und gleichzeitig stark digitalisiert agieren und ihre vor allem jüngere Zielgruppe ansprechen. Serviced Apartments zeigen sich damit in zunehmendem Maße auch als Investmentziel attraktiv. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse eines Online-Pressegesprächs zum Thema „Hospitality in Deutschland“ von Colliers, mrp hotels und Stayery.
2022 mit Tief bei der Transaktionstätigkeit
2022 wurde nach Zahlen von Colliers mit 1,875 Mrd. Euro das niedrigste Hotel-Transaktionsvolumen der vergangenen acht Jahre notiert. Damit ist ein vorläufiger Tiefpunkt der Transaktionstätigkeit in diesem Segment erreicht. Das investierte Volumen hat sich im Vergleich zum Rekordjahr 2016 mehr als halbiert: nur noch 36 Prozent des Transaktionsvolumens vom Allzeithoch 2016 (5,2 Mrd. Euro) wurden 2022 notiert.
Im Vergleich mit den letzten Jahren hat sich das Verhältnis Einzel- zu Portfoliotransaktionen deutlich verändert. Machten 2016 Einzeltransaktionen nur knapp 54 Prozent des Gesamtvolumens aus, betrug ihr Anteil 2022 knapp 80 Prozent. René Schappner, Head of Hotel bei Colliers Deutschland: „2022 fehlte die Portfolio-Transaktionstätigkeit im ohnehin schwierigen Umfeld mit rund 275 Mio. Euro fast gänzlich und markierte sowohl relativ als auch absolut ein Tief.“ Das aus 2016 stammende Rekordvolumen mit allein 2,4 Mrd. Euro Portfoliotransaktionen hat nach wie vor Bestand.
Der Anteil der Assetklasse Hotel am gesamten gewerblichen Transaktionsvolumen lag 2022 mit knapp vier Prozent ebenfalls so niedrig wie nie. Zum Vergleich: Auch bei diesem Parameter zeigte sich 2016 herausragend: mit rund zehn Prozent wurde der höchste Anteil der Assetklasse Hotel am gewerblichen Transaktionsvolumen registriert.
Hotel-Transaktionsgeschehen auch 2023 von Vorsicht geprägt – Portfolioaktivität könnte zulegen
„Sicher war Corona wie in vielen Bereichen nach vielen Boomjahren ein negativer Gamechanger für die Reise- und Tourismusbranche, der eine große Verunsicherung Hotelinvestments gegenüber ausgelöst hat. Die Rückgänge sind im Bereich Hotel insgesamt sogar größer als in andere Assetklassen, von der Logistik einmal abgesehen. Der Schock war Anfang 2022 noch nicht ganz überstanden und die Verunsicherung wurde durch den Krieg in der Ukraine ein weiteres Mal verstärkt“, so René Schappner. Und weiter: „Aufgrund der generell derzeit bei Immobilien verhaltenen Investmentaktivität ist allerdings auch 2023 mit einem unterdurchschnittlichen Hotel- Transaktionsvolumen zu rechnen. Die Portfolioaktivität wird unserer Prognose nach aber leicht zulegen.“
Boarding Houses gefragt – Drei-Sterne-Segment stabil
Für das Segment Boarding Houses und Serviced Apartments registriert Colliers in den vergangenen Jahren einen steigenden Anteil am Hotel-Transaktionsvolumen. Schlagartig schnellte der Anteil dieser Beherbergungsform 2020 von unter drei auf über acht Prozent. Das Investmentvolumen hat seit 2017 durchgehend die 100-Mio.-Marke zum Teil auch sehr deutlich übersprungen, in einigen Jahren auch die 200-Mio.-Marke. Er legte während des ersten Coronajahres 2020 sogar zu. 2022 zeigte das Segment zwar mit rund 120 Mio. Euro das niedrigste Volumen der vergangenen sieben Jahre, am grundsätzlichen Anlegerinteresse ändert die Schwankung allerdings nichts. René Schappner: „Der Erfolg und gerade die Krisenresistenz sind ein großes Plus und machen diesen Teilbereich zunehmend auch für Investoren attraktiv. In den vergangenen Jahren wurden daher vermehrt Transaktionen in diesem Segment abgeschlossen. Der wirtschaftliche Erfolg hat ebenfalls die Bonität der Betreiber positiv beeinflusst. Institutionelle Investoren sind verstärkt in diesem Segment aktiv.“
Weiterhin gefragt sind auch 3-Sterne-Hotels. Schappner: „Aufgrund der schlanken Kostenstruktur und hohen Übernachtungsqualität, gepaart mit sehr zentralen Standorten bleibt diese Hotelkategorie ein fester Bestandteil des Gesamtmarktes. Die Betreiber sind wirtschaftlich gut durch die Pandemie gekommen und weiter auf Standortsuche und die Investoren sehen in diesen Konzepten nachhaltige Investitionschancen.“
Neubau-Anteil rückläufig – Nachlassende Development-Pipeline führt zu verstärktem Investoren-Wettbewerb
Auf nur noch rund ein Drittel beläuft sich der Anteil von Neubauten am Hotel-Transaktionsvolumen seit Beginn der Pandemie. Schappner: „In den vergangenen Jahren haben insbesondere institutionelle Investoren bevorzugt Neubau-Objekte erworben – dieser Trend wird sich aufgrund von ESG-Auflagen weiter fortsetzen. Wir erwarten daher eine starke Nachfrage bei Core-Neubauobjekten. Viele Projekte sind aufgrund von Lieferengpässen entweder verzögert oder standen durch Baukostensteigerungen allerdings auf dem Prüfstand. Insbesondere in Innenstadtlagen erschwerten auch die weiter steigenden Büromieten die Umsetzung von Hotelprojekten. Im Vergleich zu den letzten Jahren wird es daher ein geringeres Angebot an Forward- beziehungsweise Neubautransaktionen im Markt geben.“
René Schappner ergänzt abschließend: „Eigentümer von Bestandsobjekten sind derzeit bestrebt, ihre Objekte ESG-konform aufzustellen. Insbesondere Value-Add-Investoren sind vor dem Hintergrund verschärfter Auflagen derzeit auf der Suche nach attraktiven langfristigen Investmentchancen.“
Der deutsche Hotelmarkt 2023: Differenzierung, Digitalisierung und neue Player
Auch Katharina Preiss, Geschäftsführerin Deutschland bei mrp hotels, beobachtet aufgrund der Vielzahl schwer beeinflussbarer externer Faktoren, mit teilweise gegensätzlichen Auswirkungen, eine auch 2023 fortwährende Unsicherheit sowohl auf dem Investment- als auch auf dem Betreibermarkt. Gleichzeitig kann sie in der Gesamtbetrachtung ein positives Bild der Branche zeichnen. „Konsolidierungen von Betreibergesellschaften, neue Vertriebsallianzen und starke Investment-Kooperationen treiben das Wachstum im Gästebereich auf der Betreiberseite voran“, so Katharina Preiss. Weiter stark im Aufwind sieht sie den Ferienhotelmarkt, während Serviced Apartments auch am Kapitalmarkt überzeugten.
Trotz fortwährender Herausforderungen auf Kundenebene und für den Hotelbetrieb: Der Eintritt internationaler Marken wie Rosewood stärke die Hotelmärkte der DACH-Region zusätzlich. Gleichzeitig bringen etablierte Brands und Betreiber neue Marken bzw. Konzepte auf den Markt und etablierte Budgetmarken wie Motel One, B&B, Premier Inn und Apartmentbetreiber wie Stayery und numa expandierten in hohem Tempo. „Deutschland bleibt weiter im Fokus der internationalen Player. Dabei erleben wir die Spaltung des Qualitätsspektrums: während das Budget- und Luxus-Segment wachsen, gestärkt durch fortschreitende Digitalisierung, wird es für das mittlere Segment zum Teil schwerer“, fasst Katharina Preiss zusammen. Hier komme es dann tatsächlich auf das einzelne Konzept eines jeden Hauses an.
Tourismus Deutschland 2022: Wachsende Performance, Aufschwung durch ausländische Gäste
Stark erholt zeigt sich die Übernachtungsnachfrage vor allem in den deutschen Urlaubsregionen 2022, während Stadt-Destinationen noch nicht das Niveau der Vor-Corona-Zeit vorzuweisen haben. In Schleswig-Holstein beispielsweise lagen alle einzelnen Monate im Zeitraum März bis November – nach schwachem Jahresbeginn noch unter den Eindruck der Lockdowns – oberhalb der Übernachtungszahlen 2019. Katharina Preiss: „Die Branche bestätigt aktuell einmal mehr ihre Fähigkeit zur raschen Regeneration nach Krisen. Das Inland bleibt als Reisedestination stark, Hotels und Destinationen haben aus der Corona-Not vielfach eine Tugend gemacht und einige Stammgäste gewinnen können.“
Insgesamt bleibe aber oft noch die Unsicherheit: Kostendruck und Finanzierung sowie Mitarbeitermangel fordern die Branche weiterhin heraus. „Der eingeschlagene Weg der Branche, das auf Innovation, Digitalisierung und Expansion abzielt, ist aber unumkehrbar“, so Katharina Preiss abschließend.
Serviced Apartments als Assetklasse gefragt
Überwiegend positiv gestimmt zeigen sich die Anbieter von Serviced-Apartments, wie STAYERY. Bei einer Aufenthaltsdauer von durchschnittlich neun Tagen und einer Auslastung von rund 85 Prozent schreiben die STAYERYs in Berlin, Bielefeld, Bremen, Wolfsburg, Köln und Frankfurt allesamt
schwarze Zahlen. Ursächlich dafür sind ein hoher Digitalisierungsgrad und ein geringerer Personalaufwand als bei einem klassischen Hotel und damit rund 60 Prozent weniger Kosten als in der Hotellerie.
„Im Ergebnis bleibt so mehr Aufmerksamkeit für den Gast und das Community-Building“, sagt Jan Winterhoff, Head of Real Estate Development bei STAYERY. „Selbst an einem Standort wie Köln mit nur 30 Apartments gibt es jemanden, der sich ausschließlich um die Gäste und nicht um die Wäsche kümmert. Und das zahlt sich insbesondere bei der reisefreudigen Zielgruppe der Millennials aus, die bei den Trends zu mehr Remotearbeit und Workation neben Individualität vor allem auch den Anschluss an Gleichgesinnte sucht.“
„Der Erfolg von STAYERY zeigt, wie Digitalisierung unser Leben auch in Bereichen verändert, die wir gar nicht als digital wahrnehmen“, sagt Winterhoff. „Wir sind digital, wenn wir unser Feierabendgetränk mit dem Smartphone bezahlen und uns anschließend über eine App zum Spiele-oder Fußballabend verabreden. STAYERY funktioniert, weil all dies für unsere Zielgruppe selbstverständlich ist.“ Deren Anwachsen und das Longstay-Konzept seien ein wichtiger Grund, warum STAYERYs bei institutionellen Investoren begehrt seien. „Unsere Häuser stehen auf der Einkaufsliste mehrerer Asset Manager, weil sie als gewerbliche Wohnangebote einen ebenso attraktiven wie stabilen Cashflow generieren.“ Mit 514 Apartments live, einer gesicherten Projektpipeline von mehr als 500 weiteren Apartments und vielen Opportunitäten blickt STAYERY operativ und expansionsseitig positiv in das Jahr 2023.