Marie Themann entdeckt früh ihren Durchsetzungswillen: Bereits während der Ausbildung platziert sie sich bei Kochmeisterschaften und -wettbewerben erfolgreich, erhält ein Stipendium. Nach ihrer Ausbildung zieht es die junge Köchin in Top-Restaurants in Osnabrück, stark geprägt von ihren beiden ersten Chefinnen, „Köchinnen mit Herz“, wie Themann sagt. Im Restaurant Friedrich wird sie mit 23 Jahren Küchenchefin. Es gelingt ihr mit dem Team, die 14 Gault Millau Punkte ihres Vorgängers zu halten, im Jahr darauf die Bewertung im „Feinschmecker“ zu verbessern.
Während ihrer Zeit als Küchenchefin nutzt Themann auswärtige Praktika, um breite Erfahrungen zu sammeln. Anfang 2019 unterstützt sie Julia Komp bei der Eat Berlin. Es folgen ein Praktikum im Coda Berlin bei René Frank sowie im Wiener Restaurant Tian bei Paul Ivic. Während der Pandemie entscheidet sich Themann für einen Arbeitsplatzwechsel und das Studium zur Küchenmeisterin an der Deutschen Hotelakademie. „Schon mit der Entscheidung, den Beruf der Köchin zu erlernen war für mich klar, dass ich auch eine Weiterbildung zur Küchenmeisterin anstrebe. Aber nun war es an der Zeit zu zeigen, dass ich den Mut habe“, erklärt Themann.
Die Leidenschaft für die gute Küche wurde Themann in die Wiege gelegt. Mit den Großeltern hat sie bereits in der frühen Kindheit gute Restaurants besucht. „Schon damals durfte ich in einigen Gasthäusern, die wir oft besuchten, meine neugierige Nase in die Küche stecken. Ich erinnere mich daran, wie sehr mich Küchen immer fasziniert haben. Noch heute lösen sie diese Faszination aus“, lacht Themann. Die Köche in diesen Küchen trugen große Kochmützen, berichtet sie. „Es war eine besondere Stimmung, die mich nicht mehr losgelassen hat.“
Auch der Grundstein fürs Kochen wurde bei den Großeltern gelegt. „Mein Opa war Jäger. Nach der Jagd hat er das Wild zerlegt und für die Küche hergerichtet, oft habe ich ihm dabei zugesehen und auch mitgeholfen.“ Ihrer Großmutter habe sie dann bei der Zubereitung geholfen. So ist es nur natürlich, dass Themann ihr erstes Schulpraktikum in der Gastronomie absolviert, in der sie erste gute berufliche Erfahrungen sammelt. „Die Chefin und ihre Tochter – beide Vollblut-Köchinnen – sind für mich bis heute Vorbilder. Nach diesem Praktikum war für mich klar: Das ist mein Beruf.“
Das Interview
Sie sind erst 25 Jahre alt und können schon auf einige Jahre Erfahrung als Küchenchefin zurückblicken. Was sind Ihre beruflichen Ziele?
Mein berufliches Ziel ist es, als Küchenmeisterin meinen Traum vom eigenen Restaurant zu verwirklichen. Durch die Weiterbildung sehe ich für mich bessere Voraussetzungen und fühle mich gut vorbereitet, diesen Schritt zu gehen. Außerdem besteht durch den Küchenmeister die Option, in für mich ebenfalls interessanten Berufen zu arbeiten, zum Beispiel als Fachpraxislehrerin an Berufsschulen oder als Lebensmittelkontrolleurin. Für den Fall, dass das Leben anders spielt als geplant.
Eigentlich sollte es gar keine Frage sein, ob und warum es wenige Köchinnen an der Spitze gibt – wieso ist es trotzdem so?
Vermutlich gibt es so wenige Köchinnen an der Spitze aus demselben Grund, warum man auch in anderen Berufsfeldern wenige Frauen in Führungspositionen findet. Frauen stehen einfach von Natur aus immer zwischen Familie und Beruf. Anders als bei Männern. Wenn man sich nur auf den Beruf und die Karriere fokussiert, dann verliert man den Blick auf die Familienplanung und genauso ist es andersrum. Als Köchin entscheidet man sich nicht nur für die familienunfreundlichen Arbeitszeiten (zumindest in der Gastronomie), sondern auch für einen Beruf, der einen auch körperlich sehr fordert. Einige meiner Kolleginnen haben deshalb schon recht früh für sich entschieden, mit spätestens 30 Jahren eine andere Richtung in der Gastronomie oder sogar andere Branche einzuschlagen, wo die Arbeitszeiten „familienfreundlicher“ sind.
Haben Sie das Gefühl, dass in deutschen Restaurantküchen die Position des Küchenchefs Männern vorbehalten ist?
Den Männern vorbehalten würde ich nicht unbedingt sagen, jedoch ist es nach wie vor nicht ganz leicht, gegen die „alt eingesessenen“ Küchenchefs anzukommen, sie überzeugen mit Wissen und konnten sich einfach über viele Generationen schon in diesen Positionen behaupten. Falls es sich nicht um einen Familienbetrieb handelt, spielen Investoren eine Rolle und auch hier werden oft in Männern die dauerhafteren Besetzer einer Küchenchefposition gesehen, da die Ausfallwahrscheinlichkeit durch die Familienplanung geringer erscheint, als bei Frauen.
Warum sollten mehr Frauen das Kommando in der Küche bekommen, wo liegen die Unterschiede beim Führungsstil?
Im Allgemeinen denke ich, dass der Führungsstil immer Sache des Typs ist, sowohl bei Küchenchefs als auch bei Küchenchefinnen, ein Muster kann ich hier nicht erkennen. Jeder ist anders, egal ob Mann oder Frau, generell sollten sich Frauen in allen Berufsfeldern mehr in Führungspositionen wagen. Mich haben viele Küchenchefs begleitet und geformt, mit ganz unterschiedlichen Führungsstilen.
In meiner Zeit als Küchenchefin war mein Führungsstil sehr familiär und freundschaftlich, wir hatten eine gute Gemeinschaft und einen funktionierenden Draht, es war ein ständiger Austausch. Jedes Teammitglied war mit seiner Meinung und seinen Ideen willkommen. Jeder Einzelne war wichtig im Team. Ich hatte die Verantwortung, was aber nicht heißt, dass ein anderer nicht auch eine gute Idee haben kann, die dann auch umgesetzt wird.
Welchen Tipp haben Sie für junge Köchinnen, um sich behaupten zu können?
Man sollte wissen, was man kann und genauso, was man nicht kann. Und dies auch in seinem Team Kommunizieren. Jeder kann etwas anderes gut!
Zurück zum Handwerk: Woher bekommen Sie Ihre Ideen, wer oder was inspiriert Sie?
Mich inspiriert es auf den Wochenmarkt zu gehen und die verschiedenen frischen Produkte und die freundlichen Gesichter an den Ständen zu sehen. Mit welcher Begeisterung die Menschen ihre Produkte verkaufen, das inspiriert mich. Viele gute Ideen kommen allerdings meistens beim Kochen selbst. Außerdem inspiriert es mich verschiedene Kochbücher durch zu blättern und die Dinge zu hinterfragen und einen anderen Ansatz zu wählen.
Ein freier Tag – kochen Sie selbst oder schauen Sie, was die Kolleg*innen zaubern?
Ich koche selbst, denn zuhause kocht man noch mal anders als im Restaurant bei der Arbeit.
Die Weiterbildung
Küchenmeister/-in (IHK)
- Dauer: 22 Monate
- Start: April, Juni, August, Dezember
- Kosten: 189,00 Euro pro Monat
- 50 Prozent garantierter Zuschuss über das Aufstiegs-BAföG