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Mehr Effizienz und Unabhängigkeit: Wie Hotels und Restaurants den sprunghaft gestiegenen Energiekosten begegnen können

Bislang galt die Faustregel, dass ein Hotel im Branchendurchschnitt etwa 5 Prozent seines Jahresumsatzes für Wärme und Strom ausgibt. Der Kostenanteil für Energie wird sich aber sicher vervielfachen. Die Preise werden spürbar steigen, und die staatlichen Entlastungen werden allenfalls für eine dezente Linderung sorgen. Wie also kann die Branche angemessen reagieren und wie sollte sie sich aufstellen? Dr. Wolfgang Hahn ist Energieberater und weist in seinem Gastbeitrag auf kleinere Maßnahmen für erste Energieeinsparungen hin, wie der Weg zu mehr Energieeffizienz aussieht und warum der Blick in die Fördertöpfe lohnt.
Energie Consulting GmbH (ECG)

Die Hotellerie und Gastronomie schauen einer anspruchsvollen Zeit entgegen. Die Branche hat sich gerade erst von den wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie erholt und kämpft noch mit der angespannten Personallage. Doch nun kommt mit der sprunghaften Preisentwicklung bei Strom, Gas und Öl eine neue, teils existenzielle Herausforderung auf sie zu. Hotellerie und Gastronomie sind zwingend auf Energie angewiesen, das zeigt allein der Blick in Küchen, Gasträume und Hotelzimmer: Heizung, Herd, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung und natürlich Reinigung und Abwäsche kommen nicht ohne Energie aus und sind fester Bestandteil der Kostenkalkulation. Hinzu kommen besondere Verbräuche etwa für Pools, Saunen und Spas.

Bislang galt die Faustregel, dass ein Hotel im Branchendurchschnitt etwa 5 Prozent seines Jahresumsatzes für Wärme und Strom ausgibt. Doch mit der Vervielfachung der Preise an den Energiemärkten und den beschlossenen Gasumlagen der Bundesregierung dürfte sehr schnell klar sein, dass sich auch der Kostenanteil für Energie vervielfachen wird. Die Preise werden spürbar steigen, und die staatlichen Entlastungen werden allenfalls für eine dezente Linderung sorgen. Wie also kann die Branche angemessen reagieren und wie sollte sie sich aufstellen? Das Gebot der Stunde lautet zunächst: nicht auf mögliche politische Maßnahmen vertrauen, sondern selbst die Initiative ergreifen, sofern dies noch nicht geschehen ist!

Kleinere Maßnahmen für erste Energieeinsparungen

Energieeffizienz ist dabei das Schlüsselwort. Dabei kennt die Branche bereits viele kleinere Methoden zur verbesserten oder reduzierten Nutzung von Strom und Gas. Das betrifft etwa die komplette Umstellung der Beleuchtung im Betrieb auf LED, die deutlich weniger Energie verbraucht als herkömmliche Leuchtmittel. Auch wird vielerorts bereits die Möglichkeit geboten, die tägliche Zimmerreinigung ausfallen zu lassen mit entsprechend positiven Auswirkungen auf Strom, Wasser und Reinigungsmittel. Obligatorisch sollten die regelmäßige Wartung und Reinigung von Heizungsanlagen und Heizkörpern sein, um deren Leistung besser nutzen zu können. Und nicht zuletzt gilt es, Gäste genauso wie Mitarbeiter für das Energiesparen zu sensibilisieren.
Sofern Betriebe diese Einsparmöglichkeiten nicht praktizieren, sollten sie dies schnellstens tun, lassen sich so bereits kurzfristig Ergebnisse erzielen. Angesichts sich neu ordnender Energiemärkte werden solche kleineren Maßnahmen allerdings keine dauerhafte Entlastung bringen. Die Steigerung der Energieeffizienz und damit die zukunftsfähige Aufstellung des Betriebs verlangt vielmehr eine umfassende Herangehensweise mit vielen möglichen Stellschrauben. Ziel ist nicht nur, Kosten spürbar zu reduzieren, sondern dauerhaft unabhängiger zu werden von der Preisentwicklung an den Energiemärkten und die eigene Versorgung abzusichern, um den Betrieb auch bei Versorgungsengpässen sicherzustellen.

Derlei Maßnahmen gehen letztlich einher mit der Dekarbonisierung, also einer nachhaltigen Aufstellung des eigenen Betriebs und der reduzierten Nutzung fossiler Energieträger. Positiver Nebeneffekt: Ein nachhaltiges Hotel oder Restaurant spart nicht nur Kosten, sondern profitiert von einem Imagegewinn. Schließlich sind „grüne“ Angebote heute wichtige Argumente für viele Gäste.

Auf dem Weg zum energieeffizienten Betrieb

Grundlage für mehr Energieeffizienz ist im Idealfall ein Carbon Footprint, der auf verschiedenen Ebenen klima- und damit kostenrelevante Verbesserungspotenziale im Betrieb eindeutig identifiziert. Er zeigt, wo sich die hauptsächlichen Verbräuche befinden und welche Bereiche sich für eine Reduzierung anbieten. Davon lassen sich konkret mögliche Reduktionsmaßnahmen für Hotels und Restaurants ableiten. Der nächste Schritt besteht dann darin, nicht einfach alle Maßnahmen auszuschöpfen, die technisch möglich sind, zumal dies wiederum mit erheblichen Kosten verbunden sein können. Viel wichtiger ist, dass sich die Betriebe eigene Einsparziele setzen, die für sie individuell sinnvoll erscheinen, und diese gezielt angehen. Was für einen großen Hotelkomplex sinnvoll erscheint, muss nicht automatisch für ein Restaurant passen.

Hotels und Restaurants können sich dabei aus einem breiten Instrumentarium bedienen, das auch viele andere Industriebetriebe derzeit nutzen, um Kosten zu reduzieren und die eigene Unabhängigkeit zu erhöhen.

Energiemanagement und erneuerbare Energien

Bestandteil einer dauerhaft effizienten Nutzung von Energie ist ein Energiemanagementsystem etwa nach Norm ISO 50001 oder ISO 50005. Dazu zählen unter anderem die effiziente Nutzung von Geräten und Maschinen oder die optimierte Steuerung von Prozessen etwa bei Beleuchtung oder Temperaturniveaus. Optimierungen betreffen auch weitere Technologien und Querschnittsprozesse zum Beispiel mit Blick auf Wärmeerzeugung und -übertragung, darunter auch genutzte Blockheizkraftwerke, oder Belüftungsanlagen. Sinnvoll ist zudem eine umfassende Wärmedämmung von Gebäuden, die zu erheblich reduzierten Heizkosten führen kann.

Eine weitergehende Maßnahme betrifft die Nutzung erneuerbarer Energien. Zunächst bietet sich der Einkauf von Ökostrom an. Dieser sollte über sogenannte Herkunftsnachweise verfügen, welche die Nachhaltigkeit der jeweiligen Stromliefermenge belegen. Zusätzlich bestehen weitere Label für die Qualität des Ökostroms. Daneben bietet sich die Eigenerzeugung von Energie etwa über Photovoltaik- und Windkraftanlagen an. Betriebe haben dazu die Möglichkeit, Energie über sogenannte Green Power Purchase Agreements (Green PPA) von einem Erzeuger wie dem Betreiber einer Windkraftanlage zu beziehen. Auch die Verwendung von Biogas oder Ökogas erhält in der aktuellen Situation erneut an Relevanz und wäre individuell zu prüfen.

Der Blick in die Fördertöpfe lohnt

Ein weiterer Hebel für eine nachhaltige Aufstellung und geringere Kosten ist der sukzessive Austausch von herkömmlichen Antriebsarten im Fuhrpark gegen Elektrofahrzeuge. Dabei können sich zudem Synergieeffekte ergeben, etwa wenn die benötigte Energie per Photovoltaik selbst erzeugt wird.

All diese Maßnahmen sind auf den ersten Blick mit größeren Investitionen verbunden. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen: Den Betrieben steht eine ganze Reihe an Fördermöglichkeiten offen, die Kosten reduzieren und Amortisierungszeiten deutlich verkürzen. So empfiehlt sich vor einer Investition in die Energieeffizienz stets der Blich in die geeigneten Fördertöpfe von Bund und Ländern. Dabei wird unterschieden zwischen direkten Investitionszuschüssen – zum Beispiel durch das BAFA – und zinsverbilligten Förderkrediten mit Tilgungszuschüssen über die KFW-Bank. Betriebe können bei ihren Investitionen damit je nach Maßnahme, Umfang und Programm bis zu 60 Prozent der Kosten fördern lassen.

Zusätzlich bietet die BAFA eine Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) in verschiedenen Ausprägungen. Übrigens: Die Einführung eines Energiemanagements nach DIN ISO 50001 wird nicht gefördert, ist oftmals aber sinnvoll, um überhaupt Einsparpotenziale zu identifizieren – deren Umsetzung wiederum förderfähig ist.

Günstiger wird es nicht

Der Zeithorizont bei der Umsetzung all dieser Maßnahmen sollte natürlich realistisch betrachtet werden. Aufgrund der hohen Nachfrage etwa nach Photovoltaikanlagen und aufgrund der geringen Verfügbarkeit von qualifizierten Handwerksbetrieben für die Umsetzung lassen sich die einzelnen Bausteine bei der Steigerung der Energieeffizienz nicht kurzfristig umsetzen. Hotellerie- und Restaurantbetriebe, die frühzeitig eigene Initiativen gestartet haben, besitzen nun einen wichtigen Vorsprung. Allerdings empfiehlt sich auch jetzt noch, Maßnahmen für mehr Energieeffizienz in Angriff zu nehmen. Denn die Zeiten günstiger Preise insbesondere für Strom und Gas sind für längere Zeit vorbei und die Frage der Versorgungssicherheit noch längst nicht abschließend beantwortet.

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