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Nachhaltigkeit und Sterneküche – Widerspruch oder Chance?

In der modernen Gastronomie ist Nachhaltigkeit längst kein kurzfristiger Trend mehr, sondern ein zentrales Thema. Doch immer wieder stellt sich die Herausforderung: Kann Spitzengastronomie mit einem nachhaltigen Konzept vereinbart werden? Besonders relevant wird diese Frage, wenn man an die kulinarischen Genüsse der Sterneküche denkt – an exklusive Zutaten, die nicht immer aus der Region stammen, und an die hohen Erwartungen der Gäste, die häufig nach außergewöhnlichen, exotischen Produkten verlangen.
APIPURA hotel rinner
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Was ist der Grüne Michelin-Stern?

Der Grüne Stern wird zusätzlich zum regulären Michelin-Stern vergeben und bezieht sich auf eine Vielzahl von Faktoren, die über die reine Qualität des Essens hinausgehen. Dazu gehören unter anderem die Herkunft und Saisonalität der Zutaten, der Umgang mit Ressourcen und die Förderung von Umweltbewusstsein unter den Gästen. „Wir wollten den Gastronomen, die auf Nachhaltigkeit setzen, mehr Sichtbarkeit verschaffen und sie für ihre Bemühungen würdigen“, erklärt der Direktor des Guide Michelin für Deutschland, Österreich und die Schweiz im Gespräch mit Green Pearls®. Der Grüne Stern sei eine Aufforderung, verantwortungsbewusster zu handeln und als Gastronom eine Vorbildfunktion zu übernehmen. Dabei spielt die Qualität der Zutaten weiterhin eine entscheidende Rolle: Nur wer kulinarische Exzellenz auf die gleiche Weise wie Umweltbewusstsein lebt, kann mit dem Grünen Stern ausgezeichnet werden.

Der Weg zur Nachhaltigkeit in der Spitzenküche

Regional und biologisch als einziger Weg

In Südtirol verfolgt man im APIPURA hotel rinner eine klare Philosophie: Die Küche setzt konsequent auf regionale und biologische Zutaten. „Wir sind überzeugt, dass es auch in der Sterneküche möglich ist, mit Produkten aus der Region zu arbeiten“, erklärt der Junior- und Küchenchef Manfred Rinner. Das Hotel hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Gästen zu zeigen, wie vielfältig und kreativ eine nachhaltige Küche sein kann – ohne auf exotische Zutaten zurückzugreifen. „Die Herausforderung besteht darin, den Gästen bewusst zu machen, dass auch ohne teure, importierte Produkte höchste kulinarische Qualität erreicht werden kann“, so Rinner. Nachhaltigkeit wird hier nicht als Einschränkung, sondern als Chance gesehen, neue, authentische Geschmackserlebnisse zu schaffen.

Herausforderungen der Gästeerwartungen

Im Hotel My Arbor in Südtirol liegt der Fokus der Küche auf regionalen und saisonalen Produkten, die größtenteils aus eigener Landwirtschaft stammen. Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle im kulinarischen Konzept. „Wir beziehen fast alle unsere Zutaten von lokalen Lieferanten, und viele Produkte, wie Obst, Gemüse und Eier, kommen direkt aus unserer eigenen Landwirtschaft“, erklärt Küchenchef Matthias Hinteregger.

Die größte Herausforderung bei der Kombination von Spitzenküche und Nachhaltigkeit liegt in den Erwartungen der Gäste. „Viele verbinden gehobene Küche mit exotischen Zutaten aus fernen Ländern, die mit langen Transportwegen und höherem ökologischen Fußabdruck einhergehen“, so der Küchenchef. Um diesen Erwartungen gerecht zu werden und dennoch auf regionale Produkte zu setzen, sei viel Kreativität gefragt. „Es erfordert Kommunikation und Innovation, um zu zeigen, dass auch mit nachhaltigen, lokal erzeugten Zutaten genauso anspruchsvolle und komplexe Gerichte kreiert werden können“, fügt er hinzu. Auch wenn derzeit kein Grüner Michelin-Stern angestrebt wird, bleibt das My Arbor seinem Engagement für nachhaltige, verantwortungsbewusste Kulinarik treu und setzt auf Innovation und Regionalität.

Eine klare Haltung gegenüber Luxus-Lebensmitteln

Für das OLM Nature Escape, ebenfalls in Südtirol gelegen, ist Nachhaltigkeit ein zentraler Bestandteil der Küchenphilosophie. Das Kulinarikkonzept entstand durch und aus der Zusammenarbeit von OLM-Küchenchef Berni Aichinger, der jahrelang Sous-Chef bei Norbert Niederkofler war, und Sternekoch Theodor Falser und setzt konsequent auf Regionalität. „In der Spitzenküche wird oft mit Luxus-Lebensmitteln wie Gänsestopfleber oder Lamm aus Neuseeland gearbeitet. Wir sagen: Das muss nicht sein“, erklärt Berni Aichner. Anstatt Produkte mit hohem ökologischem Fußabdruck zu verwenden, wird hier die Qualität lokaler Zutaten in den Vordergrund gestellt. „Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich der Trend hin zu mehr Regionalität in der gehobenen Gastronomie fortsetzt“, sagt Aichner. Für das OLM ist die Entscheidung für regionale Zutaten keine Modeerscheinung, sondern eine klare Haltung, die den nachhaltigen Genuss in den Mittelpunkt stellt.

Der Balanceakt zwischen Exklusivität und Nachhaltigkeit

Im Birkenhof Spa & Genussresort in der Oberpfalz, Bayern, stellt sich der Balanceakt zwischen Exklusivität und Nachhaltigkeit als eine ständige Herausforderung dar. Das Restaurant Eisvogel, das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist, verfolgt konsequent das Ziel, eine nachhaltige und regionale Küche zu bieten. Dennoch, viele Gäste, die ein Sternerestaurant besuchen, erwarten Edelprodukte. Dieser Wunsch nach besonderen, teils exotischen Zutaten steht im Widerspruch zur Philosophie des Hauses, die auf regionale Erzeugnisse setzt. Trotz dieser Herausforderung bleibt das Eisvogel seinem Prinzip der Regionalität treu. Küchenchef Sebastian Obendorfer legt größten Wert auf die Verwendung von Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung des Hotels. „Wir setzen auf absolute Frische und hochwertige Produkte aus der Region“, erklärt er. Die größte Herausforderung bestehe darin, den Gästen zu vermitteln, dass Nachhaltigkeit und Exklusivität keine Gegensätze seien. „Es erfordert einen stetigen Dialog, um zu zeigen, dass auch nachhaltige Küche auf höchstem Niveau genossen werden kann“, so Obendorfer.

Innovative Ansätze in der Spitzengastronomie

Das Hotel Klosterbräu in Seefeld (Tirol) sieht im Grünen Michelin-Stern eine Möglichkeit, innovative und umweltfreundliche Ansätze in der Spitzenküche zu fördern. Küchenchef Julius Polak und sein Team sind zwar nicht mit einem Grünen Stern ausgezeichnet, setzen aber natürlich dennoch auf lokale, saisonale Produkte und verantwortungsvollen Konsum. „Durch kleinere, aber raffinierte Menüs reduzieren wir Lebensmittelverschwendung“, erklärt Polak. Die Herausforderung sieht er vor allem in der Kommunikation des höheren Preises für nachhaltige Zutaten. „Nachhaltigkeit und Spitzenküche ergänzen sich und setzen neue Standards“, so Polak weiter. Er sieht in der Verbindung von hochwertiger Küche und Verantwortung eine Chance, die Gastronomie in eine nachhaltige Zukunft zu führen.

Nachhaltigkeit als gelebte Tradition

Im Biohotel Grafenast in Tirol lebt man Nachhaltigkeit bereits seit über 25 Jahren. Als eines der ersten Hotels in der Region wurde das Hotel mit der „Grünen Haube“ ausgezeichnet, einem österreichischen Qualitätszeichen für Bio- und vegetarische Küche. „Für uns ist Nachhaltigkeit keine Modeerscheinung, sondern eine Selbstverständlichkeit“, so die Eigentümer Familie Unterlechner. Das Grafenast setzt eine auf biologische, saisonale und vegetarische Küche – und das auf höchstem Niveau. „Nachhaltigkeit und Kulinarik können sich perfekt ergänzen“, erklärt das Team. Der Verzicht auf Fleisch und exotische Zutaten hat das Hotel zu einem Vorreiter in Sachen nachhaltiger Spitzengastronomie gemacht, und auch hier zeigt sich: Genuss und Verantwortung können wunderbar miteinander harmonieren. Auch ohne Stern.

Fazit: Nachhaltigkeit als Chance für die Zukunft der Gastronomie

Die Erfahrungen der Green Pearls® Hotels zeigen, dass die Vereinigung von Spitzenküche und Nachhaltigkeit durchaus möglich ist, auch wenn sie nicht immer einfach ist. Die Herausforderungen liegen oft eher in den Erwartungen der Gäste als in der Beschaffung passender Zutaten oder der Kreation neuer Menüs.

Doch immer mehr Gastronomen zeigen, dass auch in der gehobenen Küche Nachhaltigkeit und Exklusivität Hand in Hand gehen können. Der Grüne Michelin-Stern ist ein Schritt in die richtige Richtung, um diese Entwicklung zu fördern und den Betrieben, die sich für eine nachhaltige Zukunft einsetzen, die Anerkennung zu geben, die sie verdienen. In Zukunft wird es immer mehr darum gehen, kreative Lösungen zu finden, die sowohl die Umwelt als auch die Erwartungen der Gäste berücksichtigen. Und eines ist klar: Nachhaltigkeit wird ein wesentlicher Bestandteil der kulinarischen Exzellenz der Zukunft sein.

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