Ein Notfallkoffer für Unternehmer ist ein unverzichtbares Instrument, um im Ernstfall die Handlungsfähigkeit eines Unternehmens zu gewährleisten und Risiken zu minimieren. Während in vielen Unternehmen die operative und gesellschaftsrechtliche Führung in einer Person vereint ist, kann der plötzliche Ausfall des Geschäftsführers oder Gesellschafters durch Krankheit, Unfall oder Tod schnell zu existenziellen Bedrohungen führen. Ein gut durchdachtes Notfallmanagement kann jedoch sicherstellen, dass das Unternehmen trotz der Krise weiter handlungsfähig bleibt und nicht sofort in eine Schieflage gerät.
Typische Szenarien, die einen solchen Notfall auslösen können, sind vielfältig: Ein plötzliches gesundheitliches Problem wie ein Herzinfarkt oder Schlaganfall kann einen Geschäftsführer von einem Tag auf den anderen arbeitsunfähig machen. Auch Unfälle, ob im Straßenverkehr oder im Alltag, können zu längerfristigen Ausfällen führen. Im schlimmsten Fall kann der Tod des Unternehmers das Unternehmen über Nacht führungslos zurücklassen. In diesen Momenten zeigt sich, wie wichtig es ist, vorbereitet zu sein. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass immer mehr Unternehmer das Thema Notfallmanagement in den Fokus rücken, da die vergangenen Jahre, insbesondere durch die Corona-Pandemie, die Verletzlichkeit von Unternehmen deutlich gemacht haben. Neben gesundheitlichen Risiken können auch wirtschaftliche Krisen das Unternehmen gefährden. Auch hier kann der Notfallkoffer eine Rolle spielen, indem er Szenarien für die Unternehmensführung in wirtschaftlichen Krisenzeiten festlegt, zum Beispiel Regelungen zur Zusammenarbeit mit Banken, Lieferanten und Kunden.
Notfallkoffer sollte wesentliche Informationen und Anweisungen zur Führung der Geschäfte enthalten
Der Begriff des „Notfallkoffers“ ist hierbei sinnbildlich zu verstehen: Er steht für ein umfassendes Paket an Maßnahmen, Dokumenten und Handlungsanweisungen, die der Unternehmer im Vorfeld zusammenstellt, um sicherzustellen, dass im Ernstfall alle wichtigen Informationen und Regelungen für den Fortbestand des Unternehmens bereitstehen. Es geht darum, Schlüsselpersonen, wie Familienangehörige, Mitarbeiter und externe Berater, in die Lage zu versetzen, die Geschäfte weiterzuführen, bis eine langfristige Lösung gefunden ist. Der Notfallkoffer sollte daher wesentliche Informationen und Anweisungen enthalten, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten sind. Dies beginnt bei Zugangsdaten zu wichtigen Systemen und Konten und reicht bis hin zu Vollmachten, Verträgen und Regelungen zur Nachfolge. Besonders relevant ist auch die Hinterlegung von Testamenten, um im Todesfall Klarheit über die Erbfolge und die Unternehmensübertragung zu schaffen.
Ausfall des Geschäftsführer-Gesellschafters kann existenzielle Tätigkeiten einschränken
Eine der größten Herausforderungen in Familienunternehmen ist die häufige Personalunion von Gesellschafter und Geschäftsführer. In diesen Fällen liegt sowohl die operative als auch die strategische Verantwortung in den Händen einer einzigen Person, oft dem Familienoberhaupt oder Gründer. Ein unerwarteter Ausfall kann die langfristige Ausrichtung des Unternehmens gefährden. Besonders problematisch ist dies in Situationen, in denen keine klare Nachfolgeregelung getroffen wurde oder keine geeigneten Familienmitglieder oder Mitarbeiter vorhanden sind, die kurzfristig einspringen können. In solchen Konstellationen betrifft ein Ausfall nicht nur die operative Führung, sondern auch die Einhaltung von rechtlichen Pflichten wie der Bilanzierung, der Abgabe von Steuererklärungen oder der Wahrnehmung von Geschäftsführeraufgaben im Handelsregister. Ohne einen rechtzeitigen Notfallplan kann dies schnell zu rechtlichen Problemen führen. Es besteht die Gefahr, dass Verträge nicht rechtzeitig unterzeichnet, Zahlungen nicht freigegeben oder entscheidende Verhandlungen nicht geführt werden können. Das Unternehmen steht somit von einem Moment auf den anderen vor einem handlungsunfähigen Zustand.
Ohne einen umfassenden Notfallplan kann ein Gericht die Bestellung eines externen Notgeschäftsführers anordnen, um die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Ein solcher Schritt bedeutet jedoch in den meisten Fällen einen erheblichen Verlust an Einfluss und Kontrolle durch die Familie. Ein externer Notgeschäftsführer ist in erster Linie der Stabilisierung des Unternehmens verpflichtet und trifft unter Umständen Entscheidungen, die nicht im Sinne der Familie oder langfristigen Unternehmensstrategie sind. Dieser externe Eingriff kann insbesondere bei Differenzen mit der Familie zu Konflikten führen, die sich negativ auf den Unternehmenswert auswirken können.
Abstimmung von testamentarischen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen
Dabei sollte man stets beachten, dass die gesetzliche Erbfolge nicht immer mit den unternehmerischen Zielen übereinstimmt. Ohne Testament erben beispielsweise gegebenenfalls neben dem Ehepartner die Kinder des Unternehmers, auch wenn sie minderjährig oder nicht in das Unternehmen involviert sind. Dies kann zu erheblichen Herausforderungen bei der Fortführung des Unternehmens führen, insbesondere wenn keine klaren Regelungen zur Unternehmensführung getroffen wurden. Ein Berliner Testament, bei dem sich Ehepartner gegenseitig als Erben einsetzen, kann eine sinnvolle Lösung darstellen, um sicherzustellen, dass der überlebende Ehepartner das Unternehmen zunächst weiterführt und das Vermögen nicht direkt aufgeteilt wird.
Ein wichtiger Aspekt, der häufig übersehen wird, ist die Abstimmung zwischen testamentarischen Regelungen und den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen. Es ist möglich, dass Regelungen im Gesellschaftsvertrag dem Testament widersprechen und im Ernstfall Vorrang haben. Daher sollte das Testament stets mit den gesellschaftsrechtlichen Regelungen abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass die unternehmerischen Wünsche des Erblassers auch tatsächlich umgesetzt werden können. Neben den zwingend notwendigen Regelungen zur Handlungsfähigkeit und Unternehmensnachfolge ist es ratsam, auch Maßnahmen zur Bewahrung des betrieblichen Wissens und der Unternehmenskultur zu berücksichtigen. Gerade in Familienunternehmen spielt das implizite Wissen des Unternehmers eine große Rolle. Ein gut vorbereiteter Notfallkoffer kann dazu beitragen, dass dieses Wissen dokumentiert und an die nächste Generation oder einen neuen Geschäftsführer übergeben wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Notfallkoffer nicht nur ein organisatorisches Hilfsmittel ist, sondern eine essenzielle Sicherheitsvorkehrung für den Fortbestand des Unternehmens darstellt. Gerade in Zeiten, in denen unvorhergesehene Krisen immer häufiger auftreten, ist es umso wichtiger, frühzeitig Vorsorge zu treffen. Der Notfallkoffer bietet Unternehmern die Möglichkeit, ihr Lebenswerk zu schützen und sicherzustellen, dass das Unternehmen auch in schwierigen Situationen stabil bleibt.