Was war geschehen?
Der Kläger hatte im Dezember 2019 einen Familienurlaub nach Portugal gebucht. Der Kläger reiste zusammen mit seiner Ehefrau sowie einer 9 Jahre alten und einer 5 Jahre alten Tochter. Im Zuge der behördlichen Einschränkungen im Reiseland standen diverse Einrichtungen des Hotels nicht wie vertraglich vereinbart zur Verfügung. Der Reisende verlangte daraufhin eine Minderung des Reisepreises, was seitens des Reiseveranstalters abgelehnt wurde.
Der Reisende klagte daraufhin vor dem Amtsgericht Düsseldorf und erhielt Recht.
Begründung des Gerichts
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Gericht aus, dass es für die Annahme eines Mangels und des Anspruchs auf Minderung zunächst nicht darauf ankommt, dass der Veranstalter nicht zuständig für die Einschränkung des Hotelbetriebs ist, da ein Mangel auch bei höherer Gewalt angenommen werden kann.
Die aufgrund der Corona-Pandemie bestehenden Einschränkungen gingen auch deutlich über typische Alltagsbeeinträchtigungen hinaus und stellen auch keine Realisierung eines alltäglichen Lebensrisikos dar.
Durch die geltenden Beschränkungen ist der Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs beeinträchtigt, so dass sich die Höhe der Minderung nach der Relation zwischen dem vorgesehenen Nutzen der Reise als Erholungsurlaub und der Beeinträchtigung dieses Nutzens bestimmt. Das Gericht unterscheidet dabei auch zwischen einem Familienurlaub und dem Urlaub einer Einzelperson, da je nach Art des Urlaubs eine unterschiedliche Gewichtung der Beeinträchtigungen geboten ist.
Die Beeinträchtigung der Reise sieht das Gericht darin, dass der typische Inhalt des Urlaubs, des sich frei bewegen Könnens und die freie Interaktion mit anderen Gästen drastisch beeinträchtigt ist.
Sehr zutreffend formuliert das Gericht
Wird man hingegen im Urlaub durch allgegenwärtige Hygienemaßnahmen praktisch vom Zeitpunkt des Aufstehens bis zum Zeitpunkt des Schlafengehens ständig daran erinnert, dass ein normaler Alltag den Menschen nicht einmal mehr im Urlaub gewährt ist, liegt hierin offensichtlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Urlaubs, die bereits für sich genommen eine Minderung rechtfertigt.
Neben den vorbeschriebenen Argumenten stellte das Gericht für die Ermittlung der Minderungsquote auf die eingeschränkte Nutzung des separaten Kinderpools ab, sowie auf die Schließung der hoteleigene Fitness-Räume. Im Ergebnis setze man eine Minderungsquote von 20% zugunsten des Reisenden fest.
Welche Konsequenzen hat dieses Urteil generell?
Die Entscheidung des AG Düsseldorf ist ein großer Gewinn für die Reisenden und nach meiner Ansicht ist die Argumentation sehr überzeugend. Als Reisender kann man sich sehr gut auf dieses Urteil berufen, um bei ähnlich gelagerten Fällen ebenfalls eine Minderung des Reisepreises zu erzielen. Ob andere Gerichte dieser Auffassung folgen werden, bleibt allerdings abzuwarten.
Ob das Urteil bereits rechtskräftig ist oder seitens des Veranstalters mit der Berufung angegriffen wurde, lässt sich der Veröffentlichung nicht entnehmen. Die Entscheidung ist äußerst aktuell und stammt vom 26.02.2021.
Welche Konsequenzen hat das Urteil für das gastgebende Gewerbe?
Grundsätzlich kommt dieser Entscheidung für Hotels, Ferienhausanbieter und Gaststättenbetreiber keine große Bedeutung in deren Vertragsverhältnissen mit dem Gast zu. Verträge zwischen Hotels und Ferienhausanbietern richten sich regelmäßig nach den Vorschriften der §§ 535 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches. Das bedeutet, dass Minderungsansprüche sich nach diesen Vorschriften bestimmen. Gleiches gilt auch für die Rechte der Beendigung des Vertragsverhältnisses und des Rücktritts. Sofern der „Vermieter“ kein Rücktritts- oder Sonderkündigungsrecht vertraglich einräumt, besteht kein ordentliches Kündigungsrecht, da es sich regelmäßig um ein befristetes Mietverhältnis handelt. In diesen Fällen ist das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen, da der Vertrag mit der vereinbarten Laufzeit automatisch endet. Ein Rücktrittsrecht kennt das Mietrecht entgegen dem Reiserecht nicht. Sofern das Hotel oder der Ferienhausanbieter also diese Rechte nicht Einzelvertraglich oder per AGB vereinbart, bestehen sie nicht. Die bisherige Rechtsprechung erkennt die Einschränkungen der Corona-Pandemie auch nicht als Mängel an der Mietsache an, so dass das Urteil des AG Düsseldorf, das sich ausschließlich auf die Vorschriften der §§ 651 ff BGB zum Reiserecht bezieht, keine Anwendung auf das Vertragsverhältnis zwischen Gast und Hotel hat.
Im Gaststättenbereich gilt grundsätzlich das Recht über Dienst- bzw. Werkverträge, so dass auch hier für die Gäste kein rechtlicher Raum ist, sich auf reiserechtliche Vorschriften zu und das Urteil des AG Düsseldorf berufen zu können.
Ausnahmen
In Ausnahmefällen kann es aber auch in den Vertragsverhältnissen zwischen Hotel, Ferienhausanbieter, Gaststätte zur Anwendung des Reiserechts kommen. Dies ist immer dann der Fall, wenn in den Vertrag mit dem Gast weitere Leistungen einbezogen werden, die dem Reiserecht zuzuordnen sind. In solchen Fällen werden dann das Hotel, der Ferienhausanbieter und die Gasstätte zum Reiseveranstalter. Dieser Fall tritt ein, wenn mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen angeboten werden, z.B. Übernachtung kombiniert mit dem Aufenthalt in einer Therme oder Teilnahme an einem Fahrradausflug etc. Werden solche Leistungen kombiniert, dem Gast als ein „Paket“ zu einem Preis angeboten, greifen vollumfänglich die Vorschriften des Reiserechts und das oben genannte Urteil hätte Auswirkungen. Es liegt dann nämlich eine Pauschalreise im Sinne von § 651a Abs. 2 BGB vor, deren Veranstalter der Gastgeber ist. Beim Anbieten von solchen Paketen ist also mehrfache Vorsicht geboten, da dann auch die erweiterten Informationspflichten gelten sowie die Haftung für Verrichtungsgehilfen. Dies sollte jedem bewusst sein, der im gastgebenden Gewerbe tätig ist.
Autoreninfo
Thomas Liedorp-Osner ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.