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Vorsicht bei selbstständigen Kräften

Gerade in Zeiten des Mindestlohns reizt die Aussicht, selbstständige Köche oder Servicekräfte einzusetzen. Das kann aber zu Problemen führen: Scheinselbstständigkeit ist das Stichwort.
Vorsicht bei selsbtständigen Köchen und Küchenhilfen.RossHelen | iStockphoto.com

Selbstständig oder angestellt? Eigentlich stellt sich diese Frage im Gastgewerbe nicht: Der Unternehmer ist selbstständig, seine Mitarbeiter sind sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt. Oder etwa doch nicht? „Auch im Hotel- und Gaststättengewerbe bieten eine Vielzahl von Köchen oder Restaurantfachleuten ihre Dienste als Selbstständige an. In der täglichen Praxis  stellt sich aber die Frage: Sind sie tatsächlich selbstständig?“, sagt Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer beim DEHOGA Thüringen. Er hat sich zuletzt immer wieder mit diesem Sachverhalt befasst und berät Unternehmen bei dieser Fragestellung.

„Wir werden sehr häufig mit dieser Frage konfrontiert, und gerade vor dem Hintergrund der Personalsorgen in unserer Branche und des geltenden Mindestlohnes scheint dies ein Ausweg zu sein. Doch in der Regel liegt keine Selbstständigkeit vor, sondern eine abhängige Beschäftigung mit Sozialversicherungspflicht. Und für die müssen im Nachhinein immer auch Sozialabgaben abgeführt werden, und zwar Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil“, führt der Diplom-Kaufmann weiter aus.

Gemessen an den Vorgaben des Mindestlohnes sind beispielsweise „echte“ Mietköche Selbstständige, für die der Mindestlohn nicht gilt. Sie dürfen ihre Dienste für weniger als den angesetzten Mindestlohn pro Stunde anbieten. Aber die meisten Einsatzbereiche, in denen Köche zum Einsatz kommen, die sich als sogenannte Mietköche anböten und als Selbstständige abrechneten (teilweise sogar zuzüglich Umsatzsteuer), seien genau genommen Arbeitsverhältnisse, da es sich dabei um Aushilfen bei Veranstaltungen, Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen handele. Bei den sogenannten Mietkellnern sind eigentlich keine Konstellationen vorstellbar, in denen eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden könnte, sagt Ellinger weiter. Mitarbeiter im Service sind vorwiegend damit beschäftigt, die Gäste des Auftraggebers als Vertragspartner (also des gastgewerblichen Unternehmers) zu beraten und den entsprechenden Service zu realisieren. Für sie komme demnach eine Selbstständigkeit noch weniger in Betracht.

Selbstständige: Einsatz am Herd möglich

Für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Beschäftigung und einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis kommt es nicht auf die Bezeichnung im Vertrag an oder darauf, ob der Vertragspartner als Mietkoch/Mietmitarbeiter oder Service-Dienstleister bezeichnet ist und ein Gewerbe angemeldet hat: „Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist“, sagt Dirk Ellinger.

Der Experte sieht aber durchaus Möglichkeiten des Einsatzes von Selbstständigen am Herd. Beispielsweise dann, wenn dieser als Spezialitätenkoch eine Spezialitäten-Woche anbietet, diese plant, die Waren liefert, das Angebot für die Gäste erstellt und schließlich realisiert. „Ferner wäre die Lieferung von Halbfertig- oder Fertigprodukten durch einen Koch für eine Veranstaltung, aber auch das á la carte-Geschäft möglich. Dabei wird jedoch kein Vertrag über die Arbeitsleistung als Dienstleistung, sondern ein Werk- oder Werkliefervertrag geschlossen.“

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