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Warum Reinigungspersonal im Hotel ein Trinkgeld verdient

Der Sommer ist endlich da – und die Hotels dieser Welt empfangen tagtäglich Urlauber mit ihrem Rundumservice. Denn für viele ist es erst dann ein richtiger Urlaub, wenn sie für ein paar Tage oder Wochen im Jahr mal keine Bettwäsche wechseln, Handtücher waschen oder das Bad putzen müssen. Doch leider fehlt häufig die Anerkennung für das fleißige Team hinter den Kulissen.
iStock.com, PixelEffect

Das Gefühl, ein Hotelzimmer zu betreten und auf ein Bett zu blicken, in dem die Kissen und Decken gut aufgeschüttelt und akkurat gefaltet sind, neben dem eine Flasche Mineralwasser, etwas Obst oder Pralinen stehen und zu dem ein blitzblankes Bad mit Seife, Shampoo und frischen Handtüchern gehört, ist für viele Urlauber unbezahlbar. Wenn ein Hotelzimmer seinen Gast so empfängt, dass er sich gleich wohlfühlt, dann hat ein guter Geist gewirkt: das Reinigungspersonal. Es bleibt oft unsichtbar, kommt dem Touristen nicht in die Quere, schafft diskret Ordnung und Sauberkeit, sobald er morgens das Zimmer verlassen hat und bringt alles wieder auf Hochglanz, wenn er abgereist ist. „Was die Gäste nicht wahrnehmen, ist der Kraftakt, den Reinigungspersonal im Hotel tagtäglich vollbringt. Und deshalb hinterlassen sie auch selten Trinkgeld. Genau das aber ist schade. Denn was die meisten dem Friseur, Kellner oder Concierge gerne mit Trinkgeld zeigen, drücken sie beim Reinigungspersonal im Hotel nur selten aus: den Respekt vor einer anstrengenden und guten Arbeit“, sagt Charlotte Koller.

Sie weiß, wovon sie spricht. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem Unternehmer Max Weiß, hat die 24-Jährige im Jahr 2020 die Reinigungsfirma Office & Home Management GmbH gegründet. Zu ihren Kunden zählen auch Hotelbetriebe. In der Gründungsphase hat sie selbst zu Lappen und Staubwedel gegriffen und auch Toiletten geputzt. „Ich muss doch wissen, worum es geht“, sagt Koller.

„Man kommt ins Schwitzen“

Und beim Reinigen von Hotelzimmern geht es vor allem um eines: Zeit. Die sitzt einer Reinigungskraft immer im Nacken, weiß Koller. Um zehn Uhr reist der eine Gast ab, um 16 Uhr kommt der nächste, dazwischen müssen zehn bis 15 Zimmer wieder in einen Zustand gebracht werden, der wie frisch renoviert wirkt. Das heißt: Im Eiltempo Betten abziehen, Handtücher einsammeln, Müll entsorgen, Geschirr abräumen, Schränke auswischen, Duschwände streifenfrei polieren, Toiletten tiefenreinigen, Flecken auf dem Teppich entfernen, den Boden saugen, kurz: einmal das gesamte Zimmer mit allen Flächen einer Intensivreinigung unterziehen. „Man kommt ins Schwitzen“, sagt Charlotte Koller.

Anonymität macht`s möglich: Die Andenken der Gäste

Wie viel Zeit und Anstrengung der Job beansprucht, hängt auch vom Gast ab. Die wenigsten Urlauber hinterlassen ihr Zimmer so, dass die Reinigungskraft gleich loslegen kann. Viel öfter muss sie erst einmal die Andenken der Besucher beseitigen. Es gibt nichts, was Charlotte Koller und ihr Reinigungsteam nicht schon erlebt hätten: durchtränkte, verfleckte Handtücher, Hinterlassenschaften intimer Nächte, Urin auf der Matratze, wenn Kinder ins Bett gemacht haben, übel riechende Müllsammlungen, verschüttete Getränke und Lebensmittel – sie könnte die Liste endlos weiterführen. „Es ist respektlos gegenüber der Reinigungskraft, ein Zimmer so zu hinterlassen“, sagt Koller. Für das Personal beginnt dann der Stress. Denn bis der nächste Gast vor der Tür steht, muss das Zimmer wieder glänzen und duften.

Ein Trinkgeld steht für Respekt

Es ist die Anonymität des Zimmerpersonals, die die Hemmschwelle der Gäste senkt, sich so zu verhalten, glaubt Koller. Saubermachen gehört zu den Jobs, die kaum wertgeschätzt werden. Wertschätzung aber ist genau der Grund, warum ein Trinkgeld bei Abreise auf den Nachttisch gehört, sagt sie. Es ist die Anerkennung, dass hinter einem sauberen Zimmer ein Mensch steht, der viel Mühe aufwendet, damit sich der Gast wohlfühlt. Mindestens zehn Euro hält sie für angebracht. Charlotte Koller: „Die Freude über ein gutes Trinkgeld ist immer riesig. Wenn der Gast dann auch noch bei Abreise seine Handtücher auf einen Haufen wirft und das Bett abzieht, dann versetzt er die Reinigungskraft in einen wahren Glückszustand.“

Saubermachen ist Teamarbeit

Allerdings: Der Respekt für das Reinigungspersonal beginnt bereits bei der Reinigungsfirma, für die es arbeitet. „Die Firma trägt zu 100 Prozent zum sauberen Zimmer bei“, sagt Koller. Geschäftsführung und Belegschaft müssten als Team zusammenarbeiten und gemeinsame Ziele verfolgen: Verlässlichkeit, Sauberkeit, Loyalität und zufriedene Kunden. Ein wichtiger Baustein bei der Umsetzung dieser Ziele sei es, mit einem festen Team zu arbeiten und stets dieselben Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen bei einem Kunden einzusetzen. Respekt und Wertschätzung für einen harten Job zeige sich nicht zuletzt in der Bezahlung des Arbeitgebers – nur der Mindestlohn sei definitiv zu wenig, sagt Koller. Ihr Firmenkonzept geben sie und Geschäftspartner Max Weiß inzwischen als Lizenz an andere Firmengründer weiter, sodass Office & Home mittlerweile an 16 Standorten in Deutschland vertreten ist.

Im Reinigungsgeschäft schwebt der Anspruch an Qualität über allem. Und wie es um diesen steht, kann der Hotelgast beim nächsten Urlaub selbst überprüfen. Charlotte Koller rät: „Hotelgäste sollten zunächst hinter den Mülleimer schauen, ob es dort sauber ist. Auch die Düsen der Regendusche verraten, wie hoch es um die Qualität bestellt ist. Ist sie entkalkt, hat aufmerksames Personal gewirkt. Auch wenn das Wasser im Abfluss zügig abfließt, zeugt dies für ein hohes Maß an Präzision. Ach ja, und der Teppich, der sollte natürlich keine Flecken haben. Wenn alles passt, kann man davon ausgehen, dass eine Reinigungskraft mit Herz und Seele gewirbelt hat.“

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