Ricardo Reschke leitet seit 15 Jahren die Hotels „Am Brauhaus“ in Waren und „Zur Scheune“ in Bollewick an der Mecklenburgischen Seenplatte. Wie die meisten seiner Kolleg:innen hält ihn der zweite Corona-Winter ordentlich auf Trab. „Im Moment geht es etwas drunter und drüber. Ständig ist man am Umorganisieren, weil sich die Regeln ständig ändern. Aber irgendwie wollen wir es am Laufen halten, die Leute weiterbeschäftigen und eine Perspektive zeigen.“
Reschke zählt zu den ersten Unternehmer:innen, die die Möglichkeiten der Teilqualifikationen genutzt haben, um ungelernte Mitarbeiter:innen jeweils in der Nebensaison zu Fachkräften weiterzubilden. „Wir haben fast immer gerade jemanden im Programm, momentan sind es drei Mitarbeiterinnen.“ Neben den üblichen Vorteilen einer fachlichen Qualifizierung für den Betrieb – höhere Arbeitsqualität, Effizienz und Motivation – bietet die Saisonqualifizierung aktuell einen weiteren entscheidenden Bonus: Sie schützt vor der Kurzarbeit. In der Weiterbildungszeit wird das Arbeitsentgelt nämlich bis zu 100% von der Agentur für Arbeit übernommen.
Schon vor der Pandemie bedeutete dies, dass Mitarbeiter:innen auch in der Nebensaison durchgehend weiterbeschäftigt werden konnten. Der Aufwand für die Anmeldung im ersten Jahr zahlt sich spätestens aus, wenn man in den Folgejahren nicht neu rekrutieren muss – und am Ende der Reise steht eine fertig ausgebildete Fachkraft. Die Möglichkeit der Saisonqualifizierung erwähnt Ricardo Reschke daher schon in den Bewerbungsgesprächen: Die Perspektive auf mindestens drei Jahre durchgehende Beschäftigung und einen Abschluss in der Tasche kann das Zünglein an der Waage sein.
So zum Beispiel auch bei einer neuen Mitarbeiterin im Benen-Diken-Hof, einem familiengeführten Privathotel auf Sylt. „Diese Mitarbeiterin habe ich letztendlich damit gewonnen, dass ich ihr die Teilqualifikation im Housekeeping angeboten habe,“ berichtet Anja Johannsen. Eine weitere Mitarbeiterin des Hotels absolviert zurzeit die TQ zur Köchin. „Die Saisonqualifizierung ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu binden. Der Aufwand lohnt sich.“
„HOGA-Fachkräfte sind mittlerweile so schwer zu finden – der Markt ist leergefegt. Corona hat die Entwicklung der letzten Jahre nur weiter zugespitzt. Viele haben die Branche verlassen und gehen nicht mehr zurück,“ summiert Bente Jacobsen von der IHK Flensburg. „Die TQ geben Unternehmen eine Möglichkeit, neue Fachkräfte zu qualifizieren.“
Welche Berufsabschlüsse können so erworben werben?
Köchin/Koch, Hotelfachfrau/-mann, Restaurantfachfrau/-mann – Dauer bis zu 3 Jahren.
Welche Mitarbeiter:innen kommen in Frage?
Älter als 25 Jahre, kein Berufsabschluss oder mindestens 4 Jahre nicht mehr im erlernten Beruf gearbeitet.
In Waren sind die TQs – die bereits 2013 von der IHK Neubrandenburg entwickelt und zuletzt 2018 unter Verantwortung von Sebastian Bensemann aktualisiert wurden – mittlerweile gut bekannt und bei den Betrieben als festes Qualifizierungselement eingeplant. „Wir beraten und begleiten die Unternehmen individuell und kontinuierlich. Interessierte Unternehmer:innen finden bei ihrer IHK auf jeden Fall die nötigen Informationen und Unterstützung im Prozess,“ ermuntert Bensemann.