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Welche Auswirkungen haben Mietstundungen auf die Corona-Hilfen?

Die Hotellerie leidet weiterhin massiv unter der Corona-Pandemie und staatliche Maßnahmen sind nicht ausreichend, um Umsatzrückgänge zu kompensieren. Für Hotelbetreiber sind die Mieten oft die höchsten Fixkosten, so dass sie auf ein Entgegenkommen seitens ihrer Vermieter angewiesen sind. Wie sich solche Vereinbarungen auf den Anspruch auf Corona-Hilfen bei den Hotelbetreibern auswirken und ob Vertragsanpassungen zu einer Rückzahlung von bereits gewährten Corona-Fördermitteln führen können, erläutern Anke Bendschneider und Nils Neuwerth von Warth & Klein Grant Thornton.
Anke Bendschneider, Nils Neuwerth

Seit März 2020 hat die COVID-19-Pandemie besonders in der Hotellerie und Gastronomie zu erheblichen Umsatzrückgängen und Verlusten geführt, die durch staatliche Corona-Hilfen (wie zum Beispiel Kurzarbeitergeld, November-/Dezemberhilfe, Überbrückungshilfen I bis III Plus etc.) vor allem in der Anfangsphase nur unzureichend kompensiert wurden. Für viele Hotelbetreiber und Gastronomen stellen die Mieten für ihre Geschäftsräume einen der größten Fixkostenblöcke dar. Sie sind daher vielfach auf Zugeständnisse seitens ihrer Vermieter angewiesen, um bestehende Mietverträge trotz nicht vertragsgerecht geleisteter Mietzahlungen aufrechtzuerhalten und eine mögliche Insolvenz abzuwenden.

Sind Mietaufwendungen von den staatlichen Corona-Hilfen umfasst?

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie konnten nur kleine und mittlere Unternehmen die staatlichen Corona-Hilfen vollumfänglich nutzen. Nun werden im Rahmen der aktuell noch zu beantragenden Überbrückungshilfe III (Förderzeitraum Januar bis Juni 2021) und III Plus (Förderzeitraum Juli bis September 2021) auch für große Unternehmen bei einem Umsatzeinbruch von mehr als 70% sogar bis zu 100% der Mieten inklusive Nebenkosten erstattet. Bei hohen und langanhaltenden Umsatzeinbrüchen wird zudem ein zusätzlicher Eigenkapitalzuschuss gezahlt. Sind die Umsatzeinbrüche allerdings geringer oder liegen beihilferechtliche Beschränkungen vor, fallen die Corona-Hilfen für die Mieter niedriger aus.

Wie können Vermieter ihre Mieter unterstützen?

Typischerweise einigen sich Mieter und Vermieter über eine zeitlich befristete Reduzierung der Mieten, indem Vermieter die entsprechenden Mietforderungen stunden oder gänzlich auf diese verzichten.

Durch die Stundung bisher nicht gezahlter Mieten wird der Mieter nur vorübergehend liquiditätsmäßig entlastet, da die Mietforderungen erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig werden. Der Mietvertrag kann wegen der zwar ausstehenden, aber gestundeten Mieten nicht mehr außerordentlich gekündigt werden. Künftig erst entstehende Mieten können ebenfalls gestundet werden und erleichtern dem Mieter die Anlaufphase nach dem Lockdown. Trotz Stundung bleibt der Mieter aber weiterhin mit den Verbindlichkeiten belastet, da er diese spätestens nach Auslaufen der Stundung bezahlen muss.

Demgegenüber wird der Mieter durch einen Verzicht auf bereits fällige oder erst künftig entstehende Mietforderungen endgültig von einer Zahlungspflicht befreit. Dies ist jedoch aus Sicht der Vermieter nicht unproblematisch, so dass der Verzicht vielfach mit einem sogenannten Besserungsschein versehen wird. Damit steht der Verzicht unter der auflösenden Bedingung, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters verbessern. Mit Eintritt der vereinbarten Bedingung entfällt der Forderungsverzicht, so dass die Verbindlichkeit dann wieder in voller Höhe auflebt und von dem Mieter bezahlt werden muss.

Wie wirkt sich eine Stundung von Mietzahlungen in der Bilanz des Mieters aus?

Eine Stundung schiebt lediglich die Fälligkeit der zugrundeliegenden Mietforderung hinaus und hat daher grundsätzlich keine bilanziellen Auswirkungen. Der Mieter muss also die entsprechenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Vermieter weiterhin ausweisen, auch wenn sie gestundet sind.

Wie wird ein Verzicht auf Mietforderungen in der Bilanz des Mieters berücksichtigt?

Bei einem Verzicht ist zu unterscheiden, ob die Mietforderungen zum Zeitpunkt des Verzichts bereits entstanden waren oder erst künftig entstehen:

Der Verzicht auf bereits entstandene Mietforderungen führt im Zeitpunkt des Verzichts zu einem Ertrag beim Mieter, da die entsprechenden Verbindlichkeiten bei Wirksamwerden des Verzichts sofort und in voller Höhe ertragswirksam auszubuchen sind. Die Verzichtserträge können daher in einem Geschäftsjahr entsprechend hoch sein, wenn der Verzicht die Mieten mehrerer Monate oder sogar Jahre umfasst.

Ein Verzicht auf künftige, bisher noch nicht entstandene Mietforderungen führt dagegen nicht zu einem Ertrag, da der Mietaufwand in diesem Fall gar nicht erst entsteht.

Die vorstehende Unterscheidung gilt auch für einen Verzicht mit Besserungsschein, da die betreffenden Mietforderungen erst im sogenannten Besserungsfall (das heißt bei Eintritt der auflösenden Bedingung) als Mietverbindlichkeit beziehungsweise Aufwand (wieder) entstehen und erst zu diesem Zeitpunkt (wieder) bilanziell beziehungsweise in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen sind.

Welche Auswirkungen hat die Stundung auf die Überbrückungshilfe III / III Plus?

Nach den geltenden Förderbedingungen dürfen im Förderzeitraum fällig werdende Mieten als förderfähige Fixkosten angesetzt werden, wenn sie vertraglich vor dem Förderzeitraum vereinbart wurden und gemäß Mietvertrag im Förderzeitraum fällig werden.

Dies gilt nach den Förderbedingungen auch dann, wenn die Miete gestundet wird. Selbst Mietzahlungsverpflichtungen aus vorhergehenden Förderzeiträumen, die Corona-bedingt gestundet wurden und die nun im aktuellen Förderzeitraum fällig werden, dürfen angesetzt werden, wenn sie nicht bereits im Rahmen eines anderen Corona-Hilfsprogramms erstattet beziehungsweise berücksichtigt wurden.

Wie wirkt sich ein Mietverzicht auf die Höhe der Überbrückungshilfe III / III Plus aus?

Mieten, auf die der Vermieter verzichtet hat, können im Rahmen der Überbrückungshilfe III / III Plus nicht angesetzt werden. Dies gilt sowohl für den rückwirkenden Verzicht auf noch nicht bezahlte Mieten als auch für den Verzicht auf künftig entstehende Mieten.

Da die bis zum 30. Juni 2022 zu erstellende Schlussabrechnung über die tatsächliche Höhe der förderfähigen Fixkosten entscheidet, sind auch nach Beantragung der Fördermittel mit dem Vermieter vereinbarte Verzichte den Bewilligungsstellen offenzulegen und führen zu einer Reduzierung und damit zur Rückzahlungsverpflichtung bereits erhaltener Förderungen.

Auch wenn im Falle des Verzichts mit Besserungsschein der Besserungsfall erst nach dem Förderzeitraum eintritt, sind diese Mietaufwendungen nicht förderfähig, da sie im Förderzeitraum nicht fällig waren.

Welche Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen ergeben sich hieraus?

  • Trotz Stundung kann die Miete als förderfähige Fixkosten im Rahmen der Überbrückungshilfe III / III Plus angesetzt werden!
  • Nach Beantragung der Fördermittel getroffene Verzichtsvereinbarungen führen zu einer Rückzahlungsverpflichtung bereits erhaltener Fördermittel!
  • Tritt bei einem Verzicht mit Besserungsschein der Besserungsfall erst nach dem Förderzeitraum ein, sind die nun zu zahlenden Mieten nicht mehr förderfähig!

Stundungs- und Verzichtvereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter können sich im Einzelfall ganz unterschiedlich auf die Höhe der Fördermittel auswirken und sind auch beihilferechtlich zu beachten. Dies sollten beide Vertragsparteien im Rahmen ihrer Verhandlungen im Blick behalten und sich bereits im Vorfeld rechtlich und steuerlich beraten lassen.

Autoreninfos:

Anke Bendschneider ist Steuerberaterin bei Warth & Klein Grant Thornton in Berlin. Sie berät regelmäßig Mandanten aus der Hotelwirtschaft in Fragen des Steuerrechts.
Nils Neuwerth ist Rechtsanwalt bei Warth & Klein Grant Thornton in Berlin. Er befasst sich schwerpunktmäßig mit der Vertragsgestaltung im Immobilien- und Gesellschaftsrecht und berät vorrangig Mandanten der Hotelbranche.

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