1. Local Exotics: Rheinland-Quinoa, Berliner Kombucha, Alpenkaviar & Co.
Lockdowns und Lieferengpässe haben nicht nur die Bedeutung lokaler Lebensmittelproduktion weiter verstärkt, sondern zugleich eine neue Sehnsucht nach kulinarischen Entdeckungen und exotischen Genüssen geweckt. Local Exotics versprechen diesen Widerspruch aufzulösen. Exoten lokal züchten – das verbirgt sich hinter dem Begriff.
Wie können spannende Übersee-Produkte in heimischen Gefilden angebaut, lange Transportwege vermieden und Emissionen eingespart werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich findige Obst- und Gemüsezüchter in Deutschland und Österreich.
Im Rheinland etwa bauen an die 60 Landwirte Quinoa an und erzeugen im Jahr 7.000 Tonnen des glutenfreien Superfood-Getreides, das ursprünglich aus den Anden stammt. Aber auch im sächsischen Coswig sind Local Exotics in Form von Shiitake-Pilzen zu finden: Interessierte können Shiitake-Pilzblöcke adoptieren und an einem nachhaltigen Crowd Farming Projekt teilhaben. In der Hauptstadt ist der Nachhaltigkeitstrend ebenfalls angekommen: Eine Berliner Manufaktur stellt Kombucha-Teepilzkulturen her und verkauft sie online.
Unser südliches Nachbarland hat die Nase weit vorn in Sachen Local Exotics. Nur einer von vielen Erzeuger:innen dieser Art befindet sich im oberösterreichischen Steyrtal: Dort schwimmen Störe und Sterlet-Fische im kristallklaren Quellwasser aus den Bergen und produzieren edlen Kaviar direkt aus den Alpen. Neben Kaviar wird in speziellen Regionen Österreichs auch Wasabi, Ingwer, Reis und Wassermelone angebaut.
„Wer seine Gäste positiv überraschen will, muss kreativ werden. Sorgen Sie für Abwechslung, begeistern Sie Ihre Gäste und ganz wichtig: Beherzigen Sie dabei deren Wertevorstellungen. Am Thema Nachhaltigkeit kommt heute niemand mehr vorbei“, rät Lothar Menge, Geschäftsführer von kollex.
2. E-Food & Beverage und Service-Roboter
Von Bring- und Abholdiensten, über die Prozessoptimierung in der Küche bis hin zur digitalen Warenbestellung: „Eine Antwort auf den steigenden Personalbedarf im Sommer ist die Digitalisierung. Immer mehr Gastronom:innen verabschieden sich von der Zettelwirtschaft und finden dank kluger Software im Front- und im Backoffice mehr Zeit für ihre Gäste“, erklärt Menge.
Und darüber hinaus: Seit kurzem setzen einige technikaffine Gastgeber in Deutschland auf künstliche Intelligenz (KI) wie etwa den BellaBot. Der kastenförmige Roboter mit Kätzchenoptik surrt durch die Betriebe, lässt sich mit Gläsern und Tellern beladen, um diese zum Servieren an die Tische zu fahren und transportiert Geschirr wieder ab in die Küche. „Das kann eine erhebliche Entlastung für die Mitarbeiter:innen sein und ganz nebenbei ist so ein Roboter auch eine echte Attraktion“, meint Menge. Gastronom Tim Bornewasser aus dem Hafenrestaurant Grömitz berichtet: „Meine beiden Serviceroboter verbessern die Arbeitsbedingungen und sorgen dafür, dass ich meinen Mitarbeiter:innen bessere Löhne zahlen kann“.
Wem die Einführung der KI noch zu futuristisch erscheint, der kann erstmal im Kleinen anfangen: „Mittels QR-Codes lässt es sich digital auf Speise- und Getränkekarten zugreifen und sogar bestellen. Das erspart Bedienungen Laufwege und beschleunigt die Abläufe. Die allermeisten Gäste und Angestellten sind dankbar für solche praktischen digitalen Lösungen“, weiß Menge.
3. Zero Waste und Plant Based
Das zentrale Motto nachhaltigen Konsumierens lautet in diesem Sommer Zero Waste. „Es geht um die Idee, Müll oder scheinbaren Müll nicht nur wiederzuverwerten oder zu recyceln, sondern möglichst zu vermeiden“, erklärt Menge. Der erste Schritt dahin ist die bedarfsgerechte Warenbestellung. Wer trotz gewissenhaften Einkaufs am Ende des Tages doch noch einwandfreie Lebensmittel übrig hat und diese vor der Tonne retten will, greift zum Smartphone. Apps wie Too Good To Go oder ResQ Club lokalisieren, wo zu rettende Reste in Restaurants, Cafés und Bäckereien anfallen – und geben Interessierten die Möglichkeit, diese abzuholen. Aktuell beschränkt sich dieses Angebot noch auf Großstädte. „Solche sinnvollen Initiativen zur Rettung von Lebensmitteln werden sich aber auch in ländlichen Regionen verbreiten“, ist sich Menge sicher.
Auch beim Zero Waste Trend gibt es Hardware-Lösungen wie Kompostiermaschinen. Das Berliner Zero Waste Restaurant Frea etwa betreibt so ein metallenes Gerät, in das alle Essensreste, die auf den Tellern übrig bleiben, wandern. Innerhalb von 24 Stunden verwandelt es organische Abfälle in dunkle Erde.
Wer zudem noch auf eine pflanzlich basierte Speisekarte mit Bio-Produkten setzt, schmälert seinen ökologischen Fußabdruck. Viele Zero Waste Betriebe machen es vor, indem sie vegetarischen und veganen Speisen die Hauptrollen geben und sie aus der Ecke der Alternativen zu Fleisch, Fisch und Milchprodukten holen. „Das kommt gerade bei einem jungen Publikum, das bewusst lebt und sich in der Verantwortung sieht, Ressourcen einzusparen, gut an“, sagt Menge.
4. Liquid Evolution
Liquid Evolution ist das Schlagwort des Sommers. Dabei bahnt sich schon seit einigen Jahren an, dass besonders die Generation Z seltener zu alkoholischen Getränken greift. Stattdessen erfreuen sich alkoholfreie Alternativen zunehmender Beliebtheit. Besonders Sekt, Wein und Spirituosen wie Gin mit null Umdrehungen sind gefragt wie nie und nehmen immer breiteren Raum in Supermarktregalen ein. „Darauf sollte auch das Gastgewerbe reagieren. Hervorragende alkoholfreie Biere mit ihren geschmacklichen und isotonischen Varianten sind schon selbstverständlich fester Bestandteil der meisten Getränkekarten. Jetzt ist es an der Zeit, Sekt, Wein und Spirituosen ins alkoholfreie Sortiment zu integrieren. Die Nachfrage ist schließlich da“, betont Menge.
Softdrinks liegen im Trend. Das zeigt sich auch dadurch, dass sie immer öfter von Influencern vermarktet werden. Die Rapperin und YouTuberin Shirin David hat etwa mit der Krombacher-Tochter Drinks & More den Eistee DirTea auf den Markt gebracht. Ob in den sozialen Kanälen von Promis promoted oder selbstgemacht – 0,0 Promille liegt für Schorlen, Vitamindrinks, Kombucha, alkoholfreie Spirituosen, Sekt und Wein im Trend.
Ausblick: Getränke genießen 2.0
Wer bei den Sommertrends der Gastro-Welt auf dem Laufenden bleibt, ebnet den Weg für eine erfolgreiche Saison. Dazu gehört eine größere Vielfalt an alkoholfreien Varianten und lokal hergestellten Speisen und Getränken. Die Chancen digitaler Neuerungen reichen vom Service-Roboter bis hin zu Lebensmittelrettungs-Apps – nie gab es so viele Möglichkeiten rund um E-Food & Beverage. Nun heißt es für Getränkefachgroßhandel, Gastronomie und Lieferanten sich diesen Sommer weiter zu digitalisieren und dabei den Weg zu finden, der am besten zu den jeweiligen Anforderungen passt. Menge rät zu Mut zur Veränderung: „Das Gastgewerbe hat nicht zuletzt in der Krise bewiesen: Innovation ist das, was es ausmacht – Gastronom:innen erfinden sich und ihr Angebot immer wieder neu. Und das ist der Schlüssel zum Erfolg“.