Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst entschieden, wie weit die unternehmerische Gestaltungsfreiheit reicht.
Welche Formalitäten sind stets zu beachten?
Stets zu beachten ist, dass die Kündigung eines Arbeitsvertrages schriftlich erfolgen muss. Schriftlich, das bedeutet auch heute noch auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift. Zwar gibt es theoretisch die Möglichkeit, eine Kündigung elektronisch wirksam werden zu lassen. Praxistauglich sind diese Lösungen, die eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz erfordern, jedoch nicht. Die Kündigungsgründe müssen in dem Kündigungsschreiben nicht angegeben werden.
Wie kann der Zugang der Kündigung sichergestellt werden?
Neben der Schriftform ist der Zugang der Kündigung bei dem Mitarbeiter die entscheidende Voraussetzung für ihre Wirksamkeit. Hierfür ist es erforderlich, dass die Kündigung im Original entweder dem Mitarbeiter übergeben wird oder derart in seine Sphäre gelangt, dass mit der Kenntnisnahme unter gewöhnlichen Umständen zu rechnen ist. Was sich banal anhört, stellt in Klageverfahren vor den Arbeitsgerichten nicht selten einen Streitpunkt dar. Die sicherste Variante ist die persönliche Übergabe des Schreibens durch einen zuverlässigen Mitarbeiter. Bestenfalls dokumentiert der Mitarbeiter Ort, Datum und Uhrzeit der Übergabe und lässt sich diese quittieren. Erst in dem Moment, in dem das Original dem Arbeitnehmer übergeben wurde oder sonst in seinen Machtbereich gelangt ist, entfaltet die Kündigung ihre Wirkung.
Kündigungsschutz erst ab 10 Mitarbeitern anwendbar
Die gute Nachricht für kleinere Betriebe vorweg: Das Kündigungsschutzgesetz mit seinen weiteren Voraussetzungen ist nur anwendbar, wenn regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt werden. Unter dieser Grenze besteht für Mitarbeiter schon kein Kündigungsschutz, weshalb eine Kündigung nach den genannten allgemeinen Regeln zulässig ist. Für größere Betriebe ab 11 Mitarbeitern müssen zusätzlich die nachfolgenden Punkte für eine betriebsbedingte Kündigung beachtet werden.
Aus welchen Gründen ist eine betriebsbedingte Kündigung möglich?
Die betriebsbedingte Kündigung ist von der personenbedingten und der verhaltensbedingten Kündigung zu unterscheiden. Die betriebsbedingte Kündigung ist dabei mit Abstand der häufigste Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Sie ist möglich, wenn der Arbeitnehmer aus „dringenden betrieblichen Gründen“ gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG nicht weiter beschäftigt werden kann und eine sog. Sozialauswahl stattgefunden hat. Als Gründe kommen inner- und außerbetriebliche Gründe in Frage. Die wichtigsten Gründe für Gastronomen und Hoteliers sind dabei nachfolgend aufgelistet.
Innerbetriebliche Gründe
- Schließung des Gastronomie- oder Hotelbetriebs
- Verkürzung der Öffnungszeiten (z.B. Ruhetage)
- Organisatorische Veränderungen
- Wegfall von Aufgaben z.B. durch Digitalisierung
Außerbetriebliche Gründe
- Ausbleibende Buchungen / Gäste
- Umsatzrückgänge
- Gewinnverfall durch hohe Kosten
Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu den Grenzen der unternehmerischen Freiheit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 28. Februar 2023 betont, dass ein betrieblicher Grund gegeben ist, wenn aufgrund der unternehmerischen Entscheidung ein Bedürfnis für die Beschäftigung des Arbeitnehmers entfallen ist. Ihre Grenze findet dieser kaufmännische Spielraum nach dem BAG erst dann, wenn der sog. Mindestbestandsschutz des Arbeitnehmers aus dem Grundrecht auf Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG tangiert wird.
Praxistipp: Entscheidung dokumentieren
Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung setzt die unternehmerische Entscheidung aus einem inner- oder außerbetrieblichen Grund voraus. Um als Arbeitgeber bei einer Kündigungsschutzklage auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, die Entscheidung aktenkundig zu machen. Hierzu bietet sich ein Memo des Entscheidungsträgers an, in welchem die Entscheidung und die Gründe kurz mit Datum und Unterschrift festgehalten wird. Klagt der Arbeitnehmer gegen die Kündigung, wird die Kündigung vor dem Arbeitsgericht überprüft. Hierbei empfiehlt sich die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, um eine effiziente und schnelle Beilegung des Rechtsstreits zu erwirken.
Keine Weiterbeschäftigung möglich
Liegt ein betrieblicher Grund vor, ist weitere Voraussetzung, dass der Beschäftigungsbedarf des zu entlassenen Arbeitnehmers weggefallen ist. Der Unternehmer muss somit prüfen, ob innerhalb des Gastgewerbes andere offene Stellen vorhanden sind, die eine Fortsetzung der Beschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichen würden, bevor er eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht. Wenn jedoch im Unternehmen freie Arbeitsplätze vorhanden sind und der Arbeitnehmer für eine dieser Stellen in Betracht käme, wäre eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam. Hierbei kommt es auf vergleichbare Stellen an, wobei auch eine zumutbare Umschulungs- oder Weiterbildungsmaßnahme zu berücksichtigen ist.
Wie funktioniert die Sozialauswahl?
Sofern nicht alle Mitarbeiter entlassen werden, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Soll beispielsweise in einem Hotelbetrieb eine von zehn Reinigungskräften entlassen werden, so stellt sich die Frage, wie die Auswahl zu erfolgen hat. Durch dieses Erfordernis soll sichergestellt werden, dass derjenige seine Arbeit verliert, der am wenigsten darauf angewiesen ist. Bei der Bewertung der einzelnen Faktoren besteht ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum. Welches Merkmal also am stärksten gewichtet wird, entscheidet der Arbeitgeber. Das Gesetz kennt vier Kriterien für die Sozialauswahl:
- die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- das Lebensalter
- die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers sowie
- eine mögliche Schwerbehinderung
Die fehlerfreie Durchführung der Sozialauswahl ist häufig schwierig. Abhilfe schaffen Punktesysteme, die zu einer zuverlässigen Bewertung führen.
Häufiger Irrtum – besteht eine Pflicht zur Zahlung einer Abfindung?
Nein, grundsätzlich besteht keine Pflicht zur Zahlung einer Abfindung bei der betriebsbedingten Kündigung. Zwar sieht § 1a KSchG die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vor. Diese Regelung kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber auf die betrieblichen Gründe hinweist und die Abfindung für den Fall des Ablaufs der Klagefrist hinweist. Gemeint ist hiermit die dreiwöchige Frist für eine Kündigungsschutzklage.