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Employer Branding & Co. – So kreativ geht die Gastro mit der Personalnot um

„Versuche der Betrieb zu sein, in dem du gerne arbeiten möchtest.“ Mit diesen Worten von zwei Gastronomen aus Deutschland und Österreich deutet sich an, womit viele Akteure der Branche zu kämpfen haben: Personalmangel. „Das Überleben der Gastronomie ist eng verknüpft mit dem Servicepersonal“, weiß auch Christian Bauer, Geschäftsführer von resmio.
Josh Rose, Unsplash

Stephen Willms ist eng verbunden mit dem Restaurant „Kleine Burg“ in Oldenburg, das seine Schwester Lina Willms zusammen mit ihrem Bruder Bassam Faour leitet. Tom Weber ist Geschäftsführer vom Restaurant „dasFiaker“ in Laakirchen, Österreich. Mit beiden Gastronomen sprachen wir über die aktuelle Personalsituation, aber auch über kreative Employer-Branding-Maßnahmen, um gutes Personal zu finden und natürlich auch zu binden.

Sind Gastronom:innen die neuen Recruiting-Manager?

Das Finden neuer Talente ist vor allem für die Gastro-Branche eine große Herausforderung. Allerdings sehen die Rahmenbedingungen oftmals nicht gut aus: Unterdurchschnittliche Bezahlung und unflexible Arbeitszeiten sind wohl die Hauptgründe, warum nicht nur neue Mitarbeitende fehlen, sondern auch kaum Nachwuchs vorhanden ist. „Wir sehen aber auch Gastronominnen und Gastronomen, die der Personalnot kreativ begegnen“, erklärt Christian Bauer von resmio.

„Unser Betrieb steht für Familie und Teamzusammenhalt und das versuchen wir nicht nur intern mit unseren Mitarbeitenden zu leben, sondern auch unseren Gästen zu vermitteln“, erzählt Stephen Willms. „Diese Wertschätzung fängt bei uns bereits beim Recruiting-Prozess an, daher nehmen wir uns viel Zeit für unsere Bewerber:innen und begleiten sie intensiv bei der Einarbeitung.“ Doch wie macht das Team von „Kleine Burg“ neue Talente auf den Betrieb aufmerksam? „Es ist ein langer Prozess, bis wir Leute finden, die wirklich passen.“ Willms hat er sich viele Gedanken gemacht, wie er Servicekräfte auf den Betrieb aufmerksam machen kann: „Wir geben uns sehr viel Mühe beim Texten der Stellenanzeigen und nutzen vor allem unsere Social-Media-Accounts, um Bewerber:innen auf unseren Betrieb aufmerksam zu machen. Hier punkten wir vor allem mit viel Bildmaterial, um unsere Vision und unsere Werte zu vermitteln.“

Social Media als Recruting-Kanal – ein Weg, den inzwischen immer mehr Personaler:innen gehen – aber auch die Gastronom:innen? “Betreibende müssen an möglichst vielen Kontaktpunkten mit ihrer Marke präsent sein, um im ersten Schritt Bekanntheit zu schaffen und Reichweite aufzubauen”, weiß Christian Bauer. “Die Kür ist es, danach das eigene Leistungsversprechen über alle Kanäle hinweg konsequent zu vermitteln.” Tom Weber hat das ebenfalls erkannt: „Wir produzieren inzwischen eigene Videos, um neue Servicekräfte auf uns aufmerksam zu machen. Hier geht es uns in erster Linie darum, einen authentischen Eindruck zu vermitteln – das funktioniert am besten mit Humor und wir merken, dass das gut ankommt.“ Darüber hinaus nutzte Tom Weber in der Vergangenheit weitere Kanäle, wie die Job-Blogs der Universitäten oder die Business Week der Wirtschaftskammer, bekam aber leider keinen Rücklauf. „Nach wie vor ist es so, dass neben Social Media auch unsere Gäste uns unterstützen und einen Aufruf auf ihren Kanälen machen, wenn wir Personal suchen.“ Der persönliche Kontakt mit Gästen als Recruiting-Kanal? Auch Stephen Willms kann von Erfolgsgeschichten diesbezüglich erzählen: „Viele ehemalige und momentane Mitarbeitende sind initiativ zu uns gekommen, weil sie unseren Laden, die Atmosphäre und das Erlebnis klasse fanden und dachten „Hier möchte ich gerne arbeiten“. Die Gastronomie ist und bleibt ein Menschen-Business, umso wichtiger sind attraktive Benefits, um diese Branche wieder auf den Schirm von Bewerber:innen zu holen.

Wertschätzung durch Benefits – Hier ist Kreativität gefragt!

Der Arbeitsplatz in der Gastronomie ist in erster Linie auch ein Ort, an denen Mitarbeitende viel Zeit verbringen. Deshalb wirken Betriebe erst dann attraktiv für Bewerber:innen, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen und interessante Benefits winken. Das haben auch die zwei Gastronomen erkannt: „Wir geben dem Privatleben unserer Mitarbeitenden genügend Raum“, erzählt Stephen Willms. „Bei uns steht ein freundschaftliches Miteinander ganz oben.“ Ähnliches berichtet auch Tom Weber: „Unser Tag beginnt mit einer Tasse Kaffee, die wir im Team alle gemeinsam trinken. Dann planen wir gemeinsam unseren Tag und jede:r von uns erzählt, was auf dem Plan steht.“ Für beide Gastronomen sind eine faire Bezahlung, regelmäßiger Urlaub, kostenloses Essen und genügend Freizeit neben dem Beruf selbstverständlich. „Es ist immens wichtig, Mitarbeitende zu fördern, zu motivieren und in Benefits zu investieren“, erzählt Tom Weber. Bei ihm im „dasFiaker“ schenkt er seinen Kolleg:innen gerne Übernachtungen in schönen Hotels, damit sie sich entspannen können. Darüber hinaus übernimmt er auch gerne die Tankrechnungen oder geht mit ihnen gemeinsam essen.

Teamevents sind Erlebnisse, von den Stephen Willms ebenso zu berichten weiß. „Wir bieten unseren Mitarbeitenden kostenlose Diensträder an, in der Vergangenheit spendierten wir ihnen auch den Eintritt ins Fitnessstudio“, freut sich Willms, Entwickler und Berater aus Oldenburg. „Wir feiern regelmäßig Mitarbeiterfeste, gestalten schöne Events und unterstützen unsere Servicekräfte gerne, wenn auch einmal der private Schuh drückt. Außerdem arbeiten wir aktuell ein Bonussystem für Mitarbeiter aus.“ Menschlich und nahbar sein – Gastronom:innen wie Stephen Willms und Tom Weber wissen, dass Servicekräfte ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen – ein Faktor, der in der Gastronomie eher stiefmütterlich behandelt wurde. Wohin geht also die Reise einer Branche, die so gebeutelt ist, wie kaum eine andere?

Die Zukunft der Gastronomie

„Die Ansprache von neuen Talenten ähnelt sehr der Ansprache von Gästen“, resümiert Christian Bauer. „Sie machen sich an den unterschiedlichsten Kontaktpunkten ein Bild von dem Betrieb ihrer Wahl – sie genau dort abzuholen, darin besteht die Kür.“ Tom Weber vom „dasFiaker“ ist sich sicher: „Die Ausbildungsberufe in der Gastro sind nicht mehr zeitgemäß. Hier in Österreich sind die Tourismusschulen altmodisch und in einer anderen Zeit stecken geblieben“, resümiert er. Ähnlich sieht es auch in Deutschland aus. Obwohl sich TV-Kochshows großer Beliebtheit erfreuen, ist der Beruf der Köchin bzw. des Kochs unattraktiv. Stephen Willms vom Restaurant „Kleine Burg“ sieht neben der Personalnot noch weitere Herausforderungen: „Es kommen harte Zeiten auf die Branche zu. Der Winter wird über Gedeih und Verderb entscheiden – die Energieversorgung ist unsicher, der neue Entwurf des Infektionsschutzgesetzes macht kaum Hoffnung und die Preise steigen weiter.“ Aber er sieht auch einen Silberstreif am Horizont: „Wenn wir durch diesen Winter kommen, dann wäre eine schöne Perspektive, dass die Menschen die Gastronomie noch mehr wertschätzen.“ Das muss auch Auswirkungen auf den Personalmangel haben. DIE EINE richtige Recruiting-Strategie hätten beide Gastronomen nicht, nur ein gutes, digitales Händchen, um neue Servicekräfte zu finden und bestehendes Personal an den Betrieb zu binden.

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