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Gewerbemiete wegen Corona-Maßnahmen reduzieren: Zwei Gerichte, zwei Meinungen

Aufgrund der Corona-Maßnahmen können Gewerbetreibende ihre Räume seit März 2020 nur eingeschränkt nutzen. Die Miete ist trotzdem fällig. Nun haben sich zwei Oberlandesgerichte zu der Frage positioniert, ob dies rechtens ist – mit unterschiedlichem Ausgang. Dr. Timo Gansel, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, erklärt, was das für zukünftige Verfahren bedeutet und was Unternehmer:innen jetzt tun können.
brightstars | iStockphoto

Durch die staatlich angeordneten Schließungen von Gastgewerbe und Handel zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind zahlreiche Gewerbetreibende in finanzielle Engpässe geraten. Geschäftsräume werden seit Monaten nicht genutzt, die Umsätze bleiben aus, aber die Miete muss weiterhin gezahlt werden. Dagegen versuchen sich viele zu wehren. Inzwischen haben sich zwei Oberlandesgerichte (OLG) zu der Streitfrage zwischen Mieter:innen und Vermieter:innen geäußert – mit unterschiedlichem Ausgang.

OLG Dresden: Halbe Miete wegen Lockdown

Das Urteil des Oberlandesgerichts in Dresden fällt mieterfreundlich aus (Urt. v. 24. Februar 2021, Az. 5 U 1782/20). Die Richter:innen entschieden zugunsten der Beklagten, einer Händlerin aus dem Erzgebirge, dass die Kaltmiete für den Zeitraum der Schließung um die Hälfte reduziert werden darf. Die Betreiberin einer „KiK”-Filiale musste ihr Geschäft vom 18. März bis zum 19. April 2020 wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie schließen. Für diesen Zeitraum zahlte sie keine Miete. Als Begründung gab sie einen Mangel am Mietobjekt an, woraufhin der Vermieter klagte.
Das OLG stimmte der Begründung der Mieterin zwar nicht zu, sah jedoch in der staatlich angeordneten Schließung eine „Störung der Geschäftsgrundlage”. Denn keine der Vertragsparteien hätte die Corona-Pandemie und deren Auswirkung vorhersehen können. Die Belastung durch die Miete könne für den betreffenden Zeitraum daher auf Vermieter und Mieterin gleichermaßen aufgeteilt werden.

OLG Karlsruhe: Corona-bedingte Schließung ist kein Sachmangel

Am selben Tag wie das OLG Dresden fällte auch das OLG Karlsruhe ein Urteil zu einem ähnlichen Fall (Urt. v. 24. Februar 2021, Az. 7 U 109/20): Wie in Sachsen ging es auch hier um den Mieter einer KiK-Filiale, die aufgrund Corona-bedingter Anordnungen ebenfalls vom 18. März bis zum 19. April 2020 geschlossen blieb. Der Mieter zahlte für den April 2020 keine Miete und argumentierte, dass die Schließung einen Sachmangel darstelle. Dagegen klagte der Vermieter, der vom Landgericht Heidelberg Recht bekam.

Auch die Richter:innen am OLG bestätigten schließlich die vorinstanzliche Einschätzung und urteilten, dass die Corona-bedingte Schließungsanordnung keinen Sachmangel darstellt. Denn trotz Schließung könnten die Geschäftsräume weiterhin als Lager- oder Verkaufsraum genutzt werden, wie es vertraglich vorgesehen ist. Eine Mietminderung sei demnach nicht zulässig.

Das Gericht wies zwar auch darauf hin, dass eine Mietminderung unter dem Gesichtspunkt eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ grundsätzlich in Betracht käme. Dies würde aber eine eingehende Prüfung der Umstände erfordern. Und zwar hinsichtlich eines Rückgangs von Umsätzen, möglichen Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, aber auch eingesparte Aufwendungen, z.B. durch Kurzarbeit. Diese besonderen Umstände könnten gegebenenfalls zur Unzumutbarkeit der Mietzahlung führen. Sie wurden allerdings im jetzt entschiedenen Einzelfall nicht ausreichend geltend gemacht.

Was bedeuten die Urteile für Gewerbetreibende?

Sowohl im Fall am OLG Dresden als auch bezüglich der Klage des Vermieters vor dem OLG Karlsruhe ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Beide Fälle werden als Nächstes vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Doch was können sich die beiden Gewerbetreibenden und alle anderen vom Lockdown betroffenen Unternehmer:innen davon erhoffen?

Zunächst können alle erst einmal Hoffnung schöpfen. Grund dafür ist die Gesetzesanpassung, die im Dezember 2020 speziell für die aktuelle Situation verabschiedet wurde und besagt, dass die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit von gewerblichen Räumen durch die Corona-Maßnahmen eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen kann. Auf dieser Basis sollen alle gewerblichen Mieter:innen ihre Gewerbemiete entsprechend anpassen können, indem sie die Miete mindern oder den Vertrag kündigen.
Der BGH wird in seiner Rechtsprechung diese neue Regelung beachten müssen und hat damit die Chance, das Urteil des OLG Dresden zu bestätigen und somit den Willen des Gesetzgebers durchzusetzen. Es ist also durchaus denkbar, dass dieses Urteil zu Gunsten der Mieter:innen und wegweisend ausfällt.  Das OLG Karlsruhe folgte in seinem Urteil der alten Rechtsprechung, die der Linie entsprach: Solange die Mieter:innen in ihrer Existenz nicht gefährdet sind, ist eine Vertragsanpassung unnötig. Es obliegt nun dem BGH für Klarheit zu sorgen und auch allen anderen Gewerbetreibenden einen fairen Standpunkt ihren Vermieter:innen gegenüber zu verschaffen.

Streitpunkt: Zumutbarkeit

Die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind u.a., dass keine Vertragspartei eine solche Schließung vorhergesehen hat und dass die Parteien nicht dieselbe Miethöhe vereinbart hätten, wenn sie geahnt hätten, was kommt. Dass diese beiden Bedingungen mit der unvorhergesehenen Corona-Pandemie erfüllt sind, ist eindeutig.
Der Streitpunkt liegt vielmehr hier: Wer trägt das Risiko und wem kann man welche Belastung zumuten? Viele Landgerichte argumentierten bisher, dass zwar die Umstände der Pandemie gravierend sind und sich die Parteien unter solchen Umständen auf andere Miethöhen geeinigt hätten, aber das Risiko nun mal bei den Mieter:innen liegt. Solange diese nicht pleite sind, könne man ihnen auch die volle Mietzahlung zumuten. Diese zynische Gesetzesauslegung war ein Grund dafür, dass der Gesetzgeber hier nachjustiert hat.

Doch in jedem Fall bedarf eine Klage über die Störung der Geschäftsgrundlage einer Einzelfallprüfung. Aus diesem Grund ist die Unterstützung durch versierte Anwält:innen unbedingt zu empfehlen. Nur so können Betroffene eine bessere Verhandlungsposition ihrem/ihrer Vermieter:in gegenüber sicherstellen. Denn das Ziel einer Verhandlung sollte vor allem sein, dass die Lasten durch die Corona-bedingten Schließungen fair verteilt werden, aber dennoch eine gute Geschäftsbeziehung mit den Vermieter:innen aufrechterhalten wird.

Gansel Rechtsanwälte bieten daher allen Betroffenen eine kostenfreie Erstberatung an. Dabei wird überprüft, ob eine Anpassung des Vertrags und die Minderung der Gewerbemiete im spezifischen Fall überhaupt eine relevante Option ist. Die Erstberatung ist unverbindlich und kann hier bequem über das Online-Formular angefordert werden.

Auch interessant: Geld vom Staat

Neben der Anpassung Ihrer Gewerbemiete sollten Unternehmer:innen auch über staatliche Unterstützung in Form der Überbrückungshilfe 3 nachdenken. Dabei werden nicht nur die Fixkosten abgedeckt, sondern inzwischen auch einige andere Belange – wie beispielsweise die Kostenübernahme von Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen zur Umsetzung eines Hygienekonzepts oder die anteilige Auszahlung von Personalkosten, für Mitarbeiter, die keine Kurzarbeit leisten können.
Hierbei brauchen Betriebe keine Bürokratie oder unüberschaubare Kosten fürchten. Wie bei der Gewerbemiete bieten wir den Unternehmer:innen eine kostenfreie und unverbindliche Prüfung ihrer individuellen Lage an. Unsere Expert:innen prüfen zunächst, ob die Überbrückungshilfe 3 infrage kommt und bieten im Anschluss eine Antragstellung zu einem festen Pauschalpreis an.

Sollte die beantragte Hilfe am Ende wider Erwarten abgelehnt werden, zahlt der/die Unternehmer:in nicht einen Cent. Damit ist zu jeder Zeit sowohl Transparenz gewährleistet als auch die Sicherheit, dass kein Kostenrisiko droht. Hier erfahren Interessierte alles Weitere zur Überbrückungshilfe 3 und wie sie ihren Anspruch darauf prüfen lassen können.

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