Suche
Anzeige

Hotels: Greenwashing statt echter Nachhaltigkeit?

In Hotels werden die Gäste dazu aufgefordert, ihre Handtücher nicht jeden Tag zu wechseln und neuerdings auch das Zimmer nicht täglich reinigen lassen. Das Ziel: die Umwelt und das Klima schützen. So verkaufen es die Hotelbetreiber ihren Gästen zumindest. Die Nachhaltigkeitsexpertin Katarina Schickling schaut in ihrem pointierten Gastkommentar bei uns skeptisch auf diese Maßnahmen und fragt sich, ob es hierbei um Nachhaltigkeit geht oder nur Greenwashing betrieben wird.
Michael Jungbluth

Ich wohne beruflich oft im Hotel und freue mich, wenn ich dort den Eindruck gewinne, dass Nachhaltigkeit für die Betreiber ein Thema ist. Empfindlich reagiere ich allerdings, wenn ich das Gefühl gewinne, dass ich mit meinem klimaschonenden Verhalten vor allem das Geld der Hoteliers sparen soll…

Schon seit Jahren findet sich in vielen Hotelbädern ein Schild mit einem Appell: Wissen Sie eigentlich, wieviele Handtücher weltweit in Hotetls täglich gewaschen werden? Ahnen Sie, was das für die Umwelt bedeutet? Bitte helfen Sie uns, diese Verschwendung zu vermeiden und benutzen Sie Ihre Handtücher mehrmals. Mal abgesehen davon, dass ich regelmäßig meine Handtücher feinsäuberlich wieder aufhänge und trotzdem frische Wäsche bekomme: Ich habe mich schon oft gefragt, wie groß eigentlich wirklich der Nutzen dieser Maßnahme ist.

Nicht waschen fürs Klima?

Die Ökobilanz einer Hotel-Handtuchwäsche zu ermitteln, ist gar nicht so einfach – offizielle Zahlen dazu habe ich nicht gefunden. Also versuche ich, selbst zu rechnen. Mein kleines und großes Handtuch zu Hause wiegen zusammen ein Kilo – damit würden sieben Handtuchsätze in eine haushaltsübliche Waschmaschine passen. Deren CO2-Bilanz bei 60 Grad liegt laut Carbon-Footprint-Project bei 750 Gramm CO2-Äquivalent. Die Handtücher im Hotel, die ich nicht waschen lasse, sparen demnach etwas mehr CO2-Emissionen ein, als ein Neuwagen laut den Vorgaben der EU-Kommission seit 2020 pro gefahrenem Kilometer austoßen darf – das wären 95 Gramm. Wenn ich also meine Handtücher weiterbenutze, spare ich etwa das ein, was ich mit einem modernen Auto auf einem Kilometer verbrate.  Das klingt für mich jetzt nicht nach so viel Sparpotential.

Andererseits: Das ist eines der Beispiele, wo ich etwas Sinnvolles tun kann, ohne dass es meinen Komfort sonderlich beeinträchtigt. Zuhause benutze ich meine Handtücher ja auch mehrmals. Und empfinde es nicht als fürchterliche Einschränkung, ein Duschtuch nach der Benutzung einfach wieder aufzuhängen.

Ökotrick oder Greenwashing?

Neuerdings wünschen sich Hoteliers von mir allerdings noch etwas mehr… Auf Dienstreisen begegnet mir immer öfter diese Bitte: Verzichten Sie doch einfach darauf, Ihr Zimmer putzen zu lassen, dem Klima zuliebe.

Im Prinzip mache ich auch das gerne – ich putze auch zu Hause nicht täglich, mein Bett kann ich in Sekunden selbst machen, alles kein Problem. Lieber wäre mir allerdings, wenn die Hotelbetreiber ehrlich zugeben würden, worum es hier tatsächlich geht: Der Umweltnutzen dieser Sparmaßnahme ist überschaubar – im Zweifel würde hier der Einsatz umweltschonenderer Putzmittel bei der Reinigungsfirma mehr bringen, als der gelegentliche Verzicht auf ihren Einsatz. Groß ist der Nutzen hier indes fürs Hotel. Die Reinigung ist in den Hotelpreis einkalkuliert und dürfte irgendwas zwischen 3 und 10 Euro kosten. In Zeiten, wo es schwer ist, Personal zu finden, hilft jedes nicht geputzte Zimmer…

Wie gesagt: Ich tue gerne etwas für die Umwelt. Nachhaltigkeit im Alltag ist mir wichtig. Aber ich fühle mich etwas an der Nase herumgeführt, wenn man an mein Ökobewusstsein appelliert, um die Personalkosten zu drücken.

Gut für die Bienen

Besser gefällt mir da dieser Ansatz: In den Hotels der Arcotel-Gruppe gibt es ebenfalls die „Nicht putzen und Gutes tun“-Politik. Allerdings mit dem flankiernden Hinweis, dass die Hotelkette für jedes nicht geputzte Zimmer Geld an ein Bienenschutz-Projekt spendet. Mich hat interessiert, wie groß dieser Beitrag ist und ob er tatsächlich in einer angemessenen Relation zum Putzpreis steht. Nach Aussage der Pressestelle spendet der Konzern pro Zimmer 3,50 Euro. Kann gut sein, dass auch die Bilanz des Unternehmens ein bisschen mitprofitiert. Aber immerhin kamen so von 2017 bis zur Corona-Krise jedes Jahr über 100.000 Euro zusammen.
Ich finde das eine richtig gute Idee, die man unbedingt belohnen sollte – mit Buchungen und nicht geputzten Zimmern. Und lebe dafür gerne zwei Tage mit einem nicht geleerten Paperkorb und einer ungeputzten Dusche – so wie eben zu Hause auch… Und würde mir wünschen, dass noch mehr Hotelketten nicht einfach nur mit dem Umweltbewusstsein ihrer Gäste Geld sparen, sondern gemeinsam mit mir etwas Sinnvolles tun.

Weitere Artikel zum Thema

Durch schrittweise Modernisierung Potentiale ausschöpfen und die Energieeffizienz steigern.Hotel Ringberg
Inmitten des Thüringer Waldes liegt das Hotel Ringberg. Seit das ursprünglich als Ferien- und Erholungsheim für Landwirte in der DDR errichtete Hotel im Besitz von Wolfgang F. Kanig ist, sorgt dieser mit Modernisierungen, Sanierungen und[...]
JillWellington | Pixabay
Dank zunehmendem Kundenbewusstsein bieten Bio-Produkte im Foodservice-Bereich laut eines aktuellen Berichtes großes Potenzial für Umsatzsteigerung. Dies gilt auch für den Außer-Haus-Markt, für den sich Nachhaltigkeit als Wachstumstreiber entpuppt.[...]
Passen Sie die Beleuchtung mit den LED-Kerzen von Duni individuell an Ihre Einrichtung an.Duni
Mit den wiederaufladbaren LED-Tischlampen von Duni bietet sich Gastronomen ein flexibles, kostengünstiges und effektives Lichtkonzept für den Gastraum.[...]
Mit jedem „KlimaTeller“ werden rund ein Kilogramm CO2-Emissionen gegenüber einem herkömmlichen deutschen Essen eingespart.congerdesign - pixabay.com
Etwa 21 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland werden durch die Herstellung von Lebensmitteln erzeugt. Diese zu reduzieren, ist ein Ansatzpunkt der Klimateller-App, die Ende August an den Start geht. Seien Sie dabei und registrieren Sie[...]
METRO Deutschland
Bereits zum fünften Mal wird der METRO Preis für nachhaltige Gastronomie vergeben: Noch bis zum 18. Juni 2023 sind aktiv betriebene Gastronomien in Deutschland aufgefordert, sich über die METRO Website mit ihrem nachhaltigen Konzept zu[...]