Eine solche Kürzungsmöglichkeit ist gesetzlich beispielsweise auch für die Elternzeit möglich gem. § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Die Konsequenzen des nun ergangenen Urteils sind sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber weitreichend und zwar aus vielerlei Gesichtspunkten.
Wieviel Urlaub kann der Arbeitgeber konkret kürzen?
Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null kann der Arbeitgeber den jährlichen Urlaubsanspruch um 1/12 kürzen. Für die Tage, an denen aufgrund der angeordneten Kurzarbeit nicht gearbeitet wurde, kann auch kein anteiliger Urlaubsanspruch entstehen. Das gilt auch für vertraglich gewährten Mehrurlaub, wenn vertraglich eine Abweichung zu § 3 Abs. 1 BurlG nicht vereinbart wurde.
Welche Voraussetzung muss erfüllt sein, damit eine Kürzung durch den Arbeitgeber überhaupt möglich ist?
Die Kürzung des Urlaubsanspruchs kann nur dann erfolgen, wenn auch die Anordnung der Kurzarbeit rechtswirksam erfolgte. Sofern diese Voraussetzung nicht gegeben ist, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht wirksam kürzen.
Welche betrieblichen Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Kurzarbeit angeordnet werden kann?
Es muss unvermeidbarer Arbeitsausfall vorliegen, der auf unabwendbaren Ereignissen beruht. Der Ausfall darf auch nur vorübergehender Natur sein, das heißt, innerhalb der Bezugsdauer von bis zu 24 Monaten muss grundsätzlich wieder mit Übergang zur normalen Arbeitszeit gerechnet werden. Daneben muss dieser Ausfall der Arbeitsagentur gemeldet werden. Die betroffenen Arbeitnehmer müssen nach Beginn des Arbeitsausfalls die versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzen. Im Umkehrschluss haben geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, ebenso wenig wie Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits gekündigt ist. Schlussendlich muss auch ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegen. Mindestens 10 % der im Betrieb Beschäftigten müssen von einem Entgeltausfall von ebenfalls mindestens 10 % betroffen sein. Die genannte 10%-Hürde ist befristet bis zum 31.12.2021 und bildet pandemiebedingt eine Ausnahme zu der regulären Grenze, die bei einem Drittel liegt.
Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit einfach so anordnen?
Die Anordnung der Kurzarbeit ist grundsätzlich erst einmal nur dann möglich, wenn eine individual-arbeitsvertragliche Abrede der Parteien, eine Betriebsvereinbarung oder eine tarifliche Regelung existiert, die die Einführung von Kurzarbeit vorsieht. Ohne eine solche Regelungsmöglichkeit kann der Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Besteht in dem betroffenen Betrieb ein Betriebsrat, muss dieser sein Einverständnis erklären. Sollte es eine solche Abrede nicht geben und der Arbeitnehmer der Einführung von Kurzarbeit nicht zustimmen, muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, mit der er das bisherige Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages anbietet, der dann jedoch die einseitige Möglichkeit der Anordnung von Kurzarbeit vorsieht. Eine solche Klausel sollte inhaltlich den Umfang der Reduzierung der Arbeitszeit umfassen sowie den Beginn und das voraussichtliche Ende (z.B. unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Bezugsdauer). Kurzfristige Änderungen müssen hierbei aber möglich sein.
Welche Anforderungen muss eine Regelung zur Einführungsmöglichkeit von Kurzarbeit vorsehen?
Mindestanforderungen an eine solche Vertragsklausel sind:
- Beginn und voraussichtliche Dauer der Kurzarbeit
- Lage und Verteilung der Arbeitszeit
- Ankündigungsfrist zur Einführung der Kurzarbeit
- Auswahl der betroffenen Abteilungen/Arbeitnehmer (bei Betriebsvereinbarung)
Erst dann kann der Arbeitgeber auf Basis dieser Regelung konkret die Einführung von Kurzarbeit anordnen!
Welche Konsequenz hat eine fehlerhafte Anordnung von Kurzarbeit?
Sollte die Anordnung der Kurzarbeit nicht die vorstehenden Voraussetzungen erfüllen, dürften Arbeitnehmer vollen Anspruch auf Gehalt haben (Annahmeverzugslohn). Des Weiteren ist dann eine anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs nicht möglich. Wenn darüber hinaus unberechtigter Weise Kurzarbeitergeld beansprucht wird, kann das strafrechtliche Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben. Dabei kommt eine Strafbarkeit wegen Betruges, Subventionsbetruges, Steuerhinterziehung und ggf. Nötigung in Betracht. Gleichsam können sich Arbeitnehmer der Beihilfe zum Betrug schuldig machen.
Vor diesem Hintergrund ist anzuraten, im Zweifel rechtlich prüfen zu lassen, ob im konkreten Einzelfall eine Kürzungsmöglichkeit des Urlaubsanspruchs überhaupt besteht.
Sabrina Lindwehr, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht