Es reicht nicht der Blick auf Gen Z. In vielen Gesprächen nehme ich wahr, dass Organisationen sich auf die Frage versteifen, wie man den Nachwuchs von sich überzeugt: die sagenumwobene Generation Z. Leider wird häufig versucht, mit Benefits zu punkten – doch weit gefehlt! Mit Gehaltsbingo, Fitnesscenter und schicken Arbeitgeberkampagnen kratzen sie nur an der Oberfläche.
Personalarbeit baut auf Beziehungen auf und diese basieren auf Zugehörigkeitsgefühl. Dafür braucht es den Blick auf die Vision, den Sinn und die Werte dahinter. Zum Einen müssen die Unternehmensziele verstanden werden. Wohin geht die Reise? Hier sehe ich einen eindeutigen Vorteil bei den Unternehmen im Mittelstand, weil die Menschen in der Regel „dichter“ beieinander sind, der Austausch größer.
Nah an den Menschen
Vor dem gemeinsamen Verständnis der Zielnavigation steht das Verstehen voneinander: Es ist wichtig (und nachhaltig), eine gemeinsame Sprache zu sprechen, wenn es um die Unternehmenssteuerung geht. In Hinblick auf die unterschiedlichen Interessen von älteren und jüngeren Angestellten, von traditionsreichen Familienangehörigen innerhalb der Belegschaft bis hin zu frisch zugezogenen Angestellten aus dem Ausland eine Brücke zu bauen: Worin treffen sich Ihre persönlichen Vorstellungen und Erwartungen der Zukunft mit denen des Unternehmens? Diese Wertegemeinschaften bilden die Brückenpfeiler, wenn wir in diesem Bild bleiben. Sind diese klar, decken sie sich in Teilen mit den persönlichen Werten, kann hierauf die Führungs- und interne Kommunikation aufbauen.
Die Lebensphasen der Beschäftigten im Blick
Können wir einen Haken an das Verstehen setzen? Sind die Ausrichtung und das Vorgehen der Organisation einleuchtend für die Angestellten? Dann geht der nächste Blick auf die Lebensphase der Beschäftigten. Zwar sind wir uns einig, dass es sinnvoll ist, die Mitarbeitern entlang ihres Kenntnisgewinns zu fördern und zu fordern, doch nicht selten werden dabei die privaten Umstände des Mitarbeiters aus dem Blick verloren. Wenn dieser gerade Vater geworden ist und sich das familiäre Eigenheim noch im Bau befindet, ist der Zeitpunkt denkbar ungünstig, ihn in diesem Moment zum Teamleiter zu befördern. Jeder Mensch, so stressresistent er auch sein mag, ist begrenzt belastbar. Mit einem wohlwollenden Auge auf die Gesamtsituation des Mitarbeiters und einer offenen Kommunikation über Möglichkeiten und Zukunftspfade lassen sich gemeinsam step by step Karrierewege entwickeln, die sowohl Wertschätzung als auch Fürsorge widerspiegeln; zwei Faktoren, die sehr motivierend wirken und das Zugehörigkeitsgefühl stärken.
Stellen Sie nach Potenzialen ein, nicht nach Passgenauigkeit auf Stellenprofile
Auch die Entscheidungsfindung innerhalb einer Organisation ändert sich. Die wahrgenommene Zunahme an Komplexität lässt manche Führungskraft im Angesicht wichtiger Entscheidungen verzweifeln, während engagierte, mitdenkende Menschen im Team oft gute Impulse setzen, die leider nicht immer gehört werden. Es beginnt bei der Einstellung bei der Personalauswahl, wo vielerorts noch immer nach passenden Kandidaten für die Jobanforderungen gesucht wird. Doch um in Zukunft stark zu sein, bewähren sich diejenigen, die im Momentum von Ungewissheit den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen und kluge Entscheidungen treffen. Auch hinsichtlich Verbesserungen im Arbeitsablauf und Innovationsmanagement gilt das. Wer in der Lage ist, neu zu denken und nie Dagewesenes zu kreieren, gehört zumindest auf das Siegertreppchen. Und auch, wenn nicht jedes Experiment zu einem organisationalen Durchbruch führt, so übt es alle im Umgang mit Veränderungsprozessen – eine Kompetenz, die wir kontinuierlich brauchen.
Die Vorstellung, Führungskräfte müssten hart sein und Gefühle hätten im Arbeitsleben nichts zu tun, gehört restlos ausgemerzt. Ich bin ein feinfühliger und empathischer Mensch und habe gelernt, mit meinen Emotionen im professionellen Umfeld bewusst umzugehen. Auch wenn der Lernweg manchmal schwer war, sehe ich diese Eigenschaften als großes Vorteil an und in der Personalarbeit zu einhundert Prozent richtig aufgehoben. In Beratungsgesprächen, beim Führungskräfte-Training, in der Teamentwicklung erkenne ich sehr schnell, wo der Schuh drückt und wo sich Potenziale verstecken. Ich kann bei allem, was ich erlebt habe, nur bestätigen: Wer Freundlichkeit, Nahbarkeit, Klarheit und Entscheidungsstärke zusammenbringt, ist für die Zukunft sehr gut aufgestellt.
Der Wert der Unternehmenskultur
Während sich Unternehmen im Employer Branding (Positionierung der Arbeitgebermarke) vornehmlich an den harten Faktoren wie Wellness-Maßnahmen und monetären Zusatzleistungen wettrüsten, sehe ich die Corporate Communications (strategische Unternehmenskommunikation) häufig hinten runter fallen. Dabei antworten mir Angestellte, die ich nach ihren Bedürfnissen frage, fast ausnahmslos, von ihren Vorgesetzten mehr wahrgenommen und einbezogen wollen zu werden. Ich höre daraus den tiefen inneren Wunsch nach Zugehörigkeit, Eingebundenheit und dadurch Verbundenheit.
Ich beschwöre immer wieder den Wert einer gelebten loyalen Kultur, die von Führungspersonen ausgehend vorbildlich und nachahmbar wirkt: Gute Leistungen loben, die Menschen nach ihrer Meinung fragen, ehrliches Interesse an ihren Stärken und ihrer Weiterentwicklung verfolgen – damit ist schon sehr, sehr viel gewonnen. Wenn Führungskräfte und interne Vorbilder sich so verhalten, bauen die Beschäftigten mehr Bindung zum Unternehmen auf. Sinn entsteht nicht nur dadurch, dass man mit seinem Job die Welt rettet, sondern auch durch ein gutes Miteinander, das Entfalten des eigenen Potenzials.
Das Innere sichtbar nach außen verkörpern
Wenn eine Organisation ein starkes Wir-Gefühl bietet, ist gut und auf die öffentliche Wahrnehmung wirksam, Corporate Influencer ins Rennen zu schicken, die diese Botschaft nach außen transportieren. Im Idealfall wird damit aufgezeigt, dass sich eine Person entlang ihrer Angestelltenlaufbahn weiterentwickeln kann. Sie rekrutieren eine Person, die möglichst viele Qualifikationen für den Job mitbringt, und schließen die Lücken dann schrittweise über gezielte Weiterentwicklung. Das geht allerdings nicht mit Druck von außen. Deshalb sollte es ein Ziel sein, eine selbstlernende Organisation zu schaffen, in der Beschäftigte intrinsisch motiviert sind, sich weiterzuentwickeln. Wenn Sie mit ihren Beschäftigten in einem guten Austausch stehen, zuhören und wissen, was sie bewegt und interessiert, können Sie viel einfacher gemeinsam in die richtige Richtung steuern.
Führung muss Freiraum bieten und inspirieren
Es gibt in nahezu jedem Unternehmen Menschen, die seit 20 Jahren ihren Job machen, ohne ihre Stärken wirklich zu kennen und zu wissen, was sie antreibt. Schauen Sie als Führungskraft genauer hin und schöpfen Sie aus diesem Potenzial, wenn Sie hier gezielt in Personalentwicklung investieren. Besonders mit Blick auf den schnellen Wandel von Berufen und Jobs durch die Digitalisierung wird lebenslanges lernen immer wichtiger. Gleichzeitig muss den Menschen oft erstmal die Angst genommen werden, und dafür muss man nah dran sein.
Am besten klappt es, Hemmungen abzubauen, indem Sie Potenziale betonen, statt Leute zu erschrecken. Wenn gedroht wird: „Wenn du nicht effizienter wirst, ersetzt dich irgendwann die KI“, ist das katastrophal. Wenn wir hingegen aufzeigen, wie uns Technologien zukünftig von lästigen Fleißarbeiten befreit und wir dadurch Zeit gewinnen, uns unseren Herzensthemen zu widmen und Innovationen zu schaffen, geht das in die richtige Richtung.
Eine Arbeitgebermarke allein kann zwar auf das Zugehörigkeitsgefühl wirken. Für ein Team braucht es darüber hinaus Loyalität, eine gute Führung und Kommunikation.