Suche

Welche Chancen ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung für Gastronomen bietet

Die Senkung der Umsatzsteuer ist mit Sicherheit eine erste echte Überlebenschance für Gastronomen. Trotzdem bedeutet auch die einen erhöhten Bürokratieaufwand. Daneben muss die Gastronomie ein umfassendes Hygienekonzept umsetzen mit der absehbaren Folge, dass weniger Gäste und damit weniger Geld in die Kasse kommt. Deshalb ist weiterhin mit erheblichen finanziellen Problemen in der Branche und einem erhöhten Insolvenzrisikos zu rechnen. Dr. Moritz Sponagel, Fachanwalt für Insolvenzrecht, erläutert, warum jetzt die Zeeit für eine zukunftsorientierte Sanierung genutzt werden sollte.
FG Trade | iStockphoto

Eine große Chance bietet die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 durch das CorInsAG. Dieses hat die Antragspflicht ausgesetzt, sofern die Insolvenz infolge der Corona-Krise entstanden ist und weiterhin die Aussicht auf Beseitigung der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit besteht. Krisenbedrohten Gastronomen hilft dies erst einmal weiter. Aber mittelfristig muss, gerade auch vor dem Hintergrund, dass ein Ende der Pandemie nicht absehbar ist, Vorsicht herrschen. Die Aussetzung ist zeitlich begrenzt und wirkt lediglich eine zeitliche Verschiebung.

 Sanierung im Insolvenzverfahren kann bis zur Enthaftung führen

Daher sollte die hierdurch gewonnene Zeit für eine zukunftsorientierte Sanierung genutzt werden. Hierfür gibt es zum einen die Möglichkeit einer außergerichtlichen Sanierung und zum anderen die einer Restrukturierung im Insolvenzverfahren. Eine außergerichtliche Neuaufstellung ist häufig mangels Übereinstimmung aller Parteien und drohender Haftungsrisiken im Falle eines Scheiterns wenig erfolgsversprechend. Demgegenüber führt die Sanierung im Insolvenzverfahren bei rechtzeitiger Antragsstellung zur Enthaftung der Organe. 

Instrumente hierbei sind dann entweder ein Insolvenzplan oder die übertragene Sanierung in Eigen- oder Fremdverwaltung. Die Vorteile der Eigenverwaltung liegen darin, dass die bisherige Geschäftsleitung in der Verantwortung bleibt und nicht auf einen Insolvenzverwalter übergeht. Als Kontrollinstanz tritt lediglich ein vorübergehend bestellter Sachwalter hinzu. Sehr hilfreich hier für Gastronomen: Das Alltagsgeschäft läuft damit reibungslos weiter und im Falle eines Insolvenzplans bleiben die Unternehmensstrukturen erhalten. Darüber hinaus kann mittels der Insolvenzgeldvorfinanzierung die Liquidität gesteigert werden. So müssen drei Monate lang weder Löhne noch Gehälter vom Unternehmer gezahlt werden, das übernimmt die Arbeitsagentur. Auch vorteilhaft kann die verkürzte Kündigungsfrist bei Arbeitsverhältnissen sein. Und nicht zuletzt, gerade mit Blick auf teils viel zu teure Pachtverträge: Schließlich ist auch die Trennung von unliebsamen Verträgen möglich.

Bevor nun allerdings mit einer Sanierung in Eigenverwaltung begonnen werden kann, müssen einige Hürden übersprungen werden. Insbesondere muss das Gericht bei Antragsstellung davon überzeugt werden, dass sich die Sanierung lohnt, gute Aussichten bestehen, die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Gastronomen wiederherzustellen und sich die Eigenverwaltung nicht nachteilig auf die Gläubiger auswirken wird.

Abschließend gilt: Die Bundesregierung hat der angeschlagenen Gastronomie wertvolle Zeit verschafft, um Lösungen auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu entwickeln. Doch dies allein hilft nicht, vielmehr ist jetzt weitere Eigeninitiative gefragt. Und gerade die Eigenverwaltung bietet ein wirksames Instrument dafür, Unternehmen mit einem zukunftsfähigen Konzept am Markt zu halten.

Der Autor ist Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Ja, ich möchte mehr Informationen zu diesem Thema:

Weitere Artikel zum Thema

erhui1979 | iStockphoto
Die erneute Schließung der Gastronomie ab 2. November für vier Wochen sowie das Verbot aller touristischen Übernachtungen trifft das Gastgewerbe hart. Um kurzfristig und zielgerichtet zu unterstützen, werden von der Bundesregierung außerordentliche Wirtschaftshilfen geleistet. Wir[...]
BGN | mohammed_hassan | Pixabay
Zur Konkretisierung des bundesweit geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards hat die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) für das Gast- und Backgewerbe, die Fleisch-, Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie sowie die handwerkliche Speiseeiszubereitung verständliche und gut umsetzbare Praxishilfen als „Ergänzung der[...]
Ralf Geithe |iStockphoto
Im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung überprüft die Rentenversicherung, ob Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Renten- Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung korrekt berechnet und abgeführt haben und alle Meldepflichten erfüllt sind. Mittlerweile werden auch Unternehmer und deren mitarbeitende[...]
Jérôme Galland, Sophie Chanimbaud, Big Mamma
Aufregende Neuigkeiten von Victor Lugger und Tigrane Seydoux, den Gründern der Big Mamma Gruppe, die in Frankreich, Spanien und UK für die beliebten italienischen Restaurants wie Pink Mamma, Ave Mario oder La Felicitá bekannt ist:[...]
Mit vegetarischer Küche die Gäste überraschen und verzaubern.Riders Hotel
Das schweizer Skigebiet Laax gilt als Vorreiter im nachhaltigen Wintersport. Konsequente Mülltrennung, solarbetriebene Bergbahnen, Strom aus Wasserkraft und ein schonender Umgang mit Ressourcen gehören seit Jahren zur Strategie der Destination. Im ersten rein vegetarischen Restaurant[...]
Unser Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit regelmäßigen Informationen zum Thema Gastgewerbe. Ihre Einwilligung in den Empfang können Sie jederzeit widerrufen.