Einfach so“ geht auch nach der Krise nicht. Der Vorteil: Diejenigen, die sich aktiv um das „Wie weiter?“ kümmern, werden wohl als die viel gelobten Sieger aus dieser Zeit herauskommen. Das betrifft ganze Branchen und Wirtschaftszweige, große und kleine Unternehmen genau wie gesellschaftliche und politische Systeme…
Fokus auf den Mikrokosmos Unternehmen, Abteilung oder Team: Wer das Glück hatte, in einer Branche oder in einem Betrieb zu arbeiten, das in den vergangenen 20 Monaten sich gut hat schlagen können, hat die Veränderung trotzdem auf der operationalen Ebene gespürt. Da waren Homeoffice, Führen auf Distanz, Arbeiten in Netzwerken und Sitzungen vor der Videokamera angesagt. Das alles hat uns, weil es doch eine längere Zeit dauerte, geprägt.
Wenn jetzt die Aufbrauchstimmung noch von „endlich wieder persönlich“ gezeichnet ist, wird bald sicht- und spürbar, dass es das Zurück nicht gibt. Homeoffice, Distance-Learning und Zoom-Sitzungen werden in einem gewissen und (hoffentlich) sinnvollen Maß bleiben. Viele haben die Vorteile zu schätzen gelernt und unterdessen auch akzeptiert.
Naturgesetze menschlichen Zusammenseins
Worin liegt jetzt die Chance? Nehmen wir einmal an, ein Team hat sich emotional auseinandergelebt, weil vieles an persönlichem und informellem Austausch gefehlt hat. Ob ausgeprägter oder weniger: etwas hat sich auf jeden Fall getan. Alles andere wäre blauäugig und widernatürlich, denn eine Gruppe bzw. ein Team entwickelt sich ständig weiter. Das ist weder gut noch schlecht, es ist ein Naturgesetz menschlichen Zusammenseins.
Die Chance besteht nun auf eine Art Neuanfang. Die Teamzusammenarbeit kann neu kalibriert werden. Die Teamuhr von Bruce Tuckman (Forming, Storming, Norming, Performing, Closing) geht ein paar Takte zurück und man beginnt in einem gewissen Sinne wieder bei Forming. Die neuen Regelungen, wer wie häufig ins Homeoffice soll und darf, welche Präsenzpflichten da sind und viele weitere Antworten auf aktuelle Fragestellungen sollten jetzt eben nicht einfach von oben vorgegeben oder von unten verlangt, sondern gemeinsam definiert werden.
Gegenseitige Erwartungen klären – jetzt endlich mal
Nicht geklärte Erwartungen sind vielbesagte Führungsfehler. Man weiß nicht so genau, was wirklich die Wünsche des Mitarbeitenden sind, umgekehrt gilt dieses ungeschriebene Gesetz genauso: Fragt man Mitarbeitende, wann sie das letzte Mal die Erwartungen ihrer Vorgesetzten abgeholt haben, werden die Aussagen sehr vage. Und Hand aufs Herz: Wann haben Sie Ihren Lebenspartner das letzte Mal nach seinen Träumen gefragt?
Setzen Sie sich hin, machen Sie eine Runde, einen Workshop, eine Retraite und thematisieren Sie gegenseitig ihre Erwartungen an beispielsweise
- die Entscheidungsprozesse
- die interne Kommunikation
- die informelle Kommunikation
- die Organisation generell
- das Zusammenleben generell
- die Führungskommunikation in der hybriden Welt (präsent und remote) – die Mitarbeitenden in Bezug auf Feedback/Rückmeldungen in der physischen und virtuellen Welt
- Büro-Raumaufteilungen
- Präsenzzeiten
- Erreichbarkeiten im Homeoffice
- Gemeinsame Zeiten im Büro
Klären tut gut und es hilft dabei, sich besser zu verstehen. Ein weiterer Pluspunkt: Alle Vorgesetzten, die im Moment gerade den Königsweg suchen, wie sie künftig die unterschiedlichsten Parameter der Zeit unter einen Hut bringen können, erhalten Aussagen, die ihnen helfen, diesen auch zu finden.
Über den Autor:
Stefan Häseli ist Kommunikationstrainer, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Der Kommunikationsexperte begleitet seit Jahren zahlreiche Unternehmen bis in die höchsten Vorstände von multinationalen Konzernen. Er doziert an Universitäten und Fachhochschulen im Themenfeld Kommunikation. Als Experte nimmt er im Radio und TV-Stationen immer dann Stellung, wenn Kommunikation irgendwo auf der Welt gerade eine entscheidende Rolle spiel, wie beispielsweise die ersten Wochen „Donald Trump“ oder der Blick auf das Kommunikationsverhalten von Boris Johnson.