Wie sieht es derzeit mit den Energiekosten in der deutschen Wirtschaft aus?
Aufgrund der Energiekrise geht es vielen Unternehmen schlecht. Wenn die extrem angestiegenen Energiepreise nicht deutlich sinken, gehen nach Einschätzung von Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), „spätestens in sechs Monaten bei Zehntausenden Betrieben hierzulande die Lichter aus“. Ein Großteil der Betriebe zahlt jetzt schon im Vergleich zum Vorjahr massiv mehr für Strom und Gas. Und die Preise werden auch nach dem Ende des Winters hoch bleiben. Für 2023 geht ein großer Teil der Unternehmen sogar nochmals von einer Verdopplung der Gesamtenergiekosten im Vergleich zu 2022 aus. Das treibt zahlreiche Betriebe in die Verlustzone. Ein weiteres Jahr mit diesen extremen Energiekosten könnten aber noch deutlich weniger Betriebe durchhalten, betont Peter Adrian.
Wie ist das Gastgewerbe davon betroffen?
Eine DEHOGA-Umfrage zeigt, dass die Energiekosten bereits jetzt bei fast der Hälfte der Betriebe (48,8 Prozent) auf zehn Prozent und mehr des Umsatzes gestiegen seien, bei 10,7 Prozent machten die Energiekosten zwischen 15 und 20 Prozent des Umsatzes aus, bei 8,7 Prozent betragen die Kosten mehr als 20 Prozent des Umsatzes. „Die Hoteliers und Gastronomen in Deutschland leiden unter der Kostenexplosion bei Energie, Lebensmitteln und Personal“, erklärt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick.
Was können Unternehmen tun, um dieser Situation Herr zu werden?
„Einfach weniger Energie zu verbrauchen, ist in der Regel nicht ohne weiteres möglich, um die Energiekosten zu optimieren. Speisen müssen zubereitet, Häuser beheizt und beleuchtet werden. Es bestehen somit kaum Möglichkeiten, Gas und Strom zu sparen, ohne den Betrieb negativ zu beeinflussen“, sagt Dipl.-Ing. Michael Wentler, Geschäftsführer von Höppner Management & Consultant GmbH, einer deutschlandweit operierenden Unternehmensberatung für Arbeitssicherheit, Umweltschutz und Managementsysteme (www.hoeppner-management.de). Dazu gehört auch das gesamte Energiemanagement. Das ist für Michael Wentler ein Instrument, um Energiekosten nachhaltig zu optimieren. Mittlerweile nutzt eine Vielzahl von Unternehmen und anderen Organisationen ein Energiemanagementsystem, heißt es beim Umweltbundesamt. Das bedeutet laut der Behörde: „Mit Hilfe eines Energiemanagementsystems werden Energieeinsparpotenziale identifiziert und gehoben. Dazu ist es unter anderem erforderlich, die Energieträger, die Energieströme sowie die Bereiche mit wesentlichem Energieeinsatz zu ermitteln und zu bewerten. Das Energiemanagementsystem hilft so bei Entscheidungen für Investitionen in die Energieeffizienz.“
Was umfasst ein Energiemanagementsystem konkret?
„Ein systematisches Energiemanagementsystem gemäß der DIN EN ISO ISO 50001 bietet die Chancen, die Energieeffizienz in Unternehmen und Organisationen fortlaufend zu verbessern und Energieverbräuche sowie die damit verbundenen Treibhausgasemissionen zu mindern. Ein konsequentes Energiemonitoring trägt zudem durchaus zu beachtlichen Kostenentlastungen bei“, betont Michael Wentler. Die Norm ISO 50001 ist ein anerkanntes, umfangreiches Standardwerk, welches seit 2011 Anwendung in den verschiedensten Unternehmensgrößen und Branchen findet. Damit ist die Norm nicht sektorspezifisch ausgerichtet und kann von kleinen und mittleren Unternehmen bis hin zu Großkonzernen oder Behörden angewandt werden. Das bedeutet laut Michael Wentler: „Auch Hoteliers und Gastronomen können Energiemanagementsysteme gewinnbringend und individuell einsetzen. Laut Deutsche Energie-Agentur GmbH können Unternehmen rund zehn Prozent ihrer Energiekosten dank organisatorischer Maßnahmen nach Einführung eines Energiemanagements sparen.“ Es ist also die Aufgabe des jeweiligen Unternehmens, die die Norm in ihrem Unternehmen implementieren, die in der ISO 50001 formulierten Anforderungen angemessenen auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden und umzusetzen.
Höppner Management & Consultant setzt bei der Implementierung von Energiemanagementsystemen auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess als Mittel zum Erreichen der jeweils definierten Zielsetzung in Bezug auf die energiebezogene Leistung eines Unternehmens. Der Ansatz beruht auf der Methode „Planen – Umsetzen – Überprüfen – Handeln“ („Plan-Do-Check-Act“, PDCA) und umfasst die Elemente „Allgemeine Anforderungen“, „Verantwortung des Managements“, „Energiepolitik“, „Energieplanung“, „Einführung und Umsetzung“, „Überprüfung“ und „Managementbewertung“.
Gibt es öffentliche Fördermittel für Energiemanagementsysteme? Und existieren weitere Energiespar-Instrumente?
„Ja“, sagt Michael Wentler. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA fördert die Erstzertifizierung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 und eine damit verbundene externe Beratung, die Schulung von Energiemanagementbeauftragten sowie den Erwerb und die Installation von Messtechnik und einer Energiemanagement-Software. Auch ein sogenanntes Energieaudit kann helfen, Energie zu sparen. Durch Energieaudits gelangt spezifisches Know-how zur Steigerung der Energieeffizienz in die Unternehmen. Dadurch können Unternehmen ihr Energieeinsparpotenzial erkennen und in der Folge ihren Energieverbrauch deutlich senken. Energieaudits nach DIN EN 16247 beispielsweise werden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit bis zu 6.000 Euro gefördert. „Wichtig ist, dass Unternehmen gemeinsam mit dem Auditor wirklich individuelle und branchenspezifische Lösungen erarbeiten und Vorschläge für Energieeffizienzmaßnahmen erhalten, mit denen sie wirklich etwas anfangen können. Dafür sollten Unternehmen auf einen erfahrenen Berater setzen, der Kompetenzen in den individuellen Anliegen nachweisen kann.“