Der „gelbe Schein“, den ein Mitarbeiter vorlegt, ist bei Arbeitgebern ähnlich beliebt wie Rückenschmerzen oder eine Steuerprüfung. Eine Krankmeldung zieht häufig einiges an Organisation und Improvisation nach sich, auf die man gerne verzichten könnte.
Es gibt allerdings den – wenn auch seltenen Fall -, dass ein Mitarbeiter vor Ablauf der angenommenen Arbeitsunfähigkeit wieder arbeiten möchte. Was dann? Es kursieren teils sonderliche Annahmen, vor allen Dingen im Internet, dass man sich erst „durch den Arzt gesundschreiben lassen müsse“ oder man ansonsten nicht versichert sei.
Dies ist ziemlicher Unsinn, der sich durch Lektüre des Vordrucks „Gelber Schein“ schnell entlarven lässt. Auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lautet der relevante Passus, aus dem die Antwort hergeleitet werden kann „voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich oder letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit“.
Das bedeutet, dass die Krankheitsmeldung eine Art Prognoseentscheidung des ausstellenden Arztes ist. Es ist aber kein Arbeitsverbot. Der Arzt nimmt aufgrund der Untersuchung an, dass der Arbeitnehmer voraussichtlich so und so lange arbeitsunfähig sein wird. Da aber selbst Ärzte nicht immer wissen, was morgen sein wird und wie sich Krankheiten entwickeln, eröffnet die „Voraussichtlichkeit“ einen gewissen Spielraum für einen früheren Wiedereinstieg. Versicherungsrechtlich ist das unproblematisch. Es gibt auch keine Hinweis- oder Anfragepflicht bei Krankenkassen oder Ärzten – weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer.
Was bedeutet das für die Praxis? Fälle, in denen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter früher als „voraussichtlich“ wieder am Arbeitsplatz erscheinen und von sich aus arbeiten wollen, dürften die Ausnahmen bleiben. Wenn der krankgeschriebene Mitarbeiter aber aus freien Stücken trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeiten möchte, darf er dies tun. Die Betonung liegt darauf, dass der Arbeitnehmer auf die Idee kommt, vorzeitig wieder zu arbeiten, und nicht der Arbeitgeber. Sollte sich herausstellen, dass der Arbeitgeber auf die Entscheidung Einfluss genommen hat, könnte der Schuss dann nach hinten losgehen, wenn es in dieser Zeit zu einem Arbeitsunfall und damit Versicherungsfall kommen sollte.
Zum guten Schluss: Nach der Wiederaufnahme der Arbeit muss selbstverständlich Gehalt gezahlt werden, die Entgeltfortzahlung entfällt. Zumindest umlageversicherte Betriebe, die von der Krankenkasse eine Erstattung der Entgeltfortzahlung erhalten, sollten dies unbedingt der Krankenversicherung melden!