Die demografische Entwicklung und die damit einhergehende sich ändernde Altersstruktur in Unternehmen sowie der Fachkräftemangel stellen Betriebe vor große Herausforderungen:
- Der Anteil der über 50-jährigen Beschäftigten steigt kontinuierlich.
- Gleichzeitig steigt das Renteneintrittsalter. Aber gerade im Alter von 45 bis 65 Jahren nehmen chronische Erkrankungen zu.
- Darüber hinaus steigen in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt arbeitsplatzbezogene Belastungen sowie die Innovationsdichte auch für jüngere Beschäftigte.
- Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen nimmt generell in allen Altersklassen zu.
Angesichts dieser Entwicklung erläutert Prof. Dr. Martin Lange, Professor für Betriebliches Gesundheitsmanagement an der IST-Hochschule für Management, ob und wie BEM als Instrument zur Fachkräftesicherung eingesetzt werden kann.
Was kann ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) in diesem Kontext leisten und was bringt es dem Unternehmen, das es einsetzt?
Der Nutzen eines gut implementierten BEM ist vielseitig. Bei Mitarbeiter:innen kommt es sehr gut an, da sie mit guten BEM-Prozessen sicher sein können, dass es nach einer Erkrankung weitergeht, egal in welcher Form. Nichts ist belastender, als dass man sich während einer schlimmen Erkrankung auch noch Sorgen um das Arbeitsverhältnis machen muss. Das steht keinem Arbeitgeber gut zu Gesicht.
Für das Unternehmen bedeutet es, Fachkräfte zu sichern. Diese Erkenntnis ist schlicht, aber wertvoll! Angesichts des steigenden Alters der Belegschaft und der zunehmen Ausfalltage aufgrund psychischer Belastungen auch bei jungen Menschen bei gleichzeitigem Fachkräftemangel müssen Unternehmen einfach ein gutes BEM anbieten. Wollen sie erfahrene, kompetente Mitarbeiter:innen halten, müssen diese auch (schwer) krank sein dürfen und dann individuell und behutsam in den Arbeitsprozess zurückgeholt werden. Dafür braucht es BEM-Prozessberater:innen oder BEM-Fallmanager:innen im Betrieb.
Häufig übernehmen Betriebliche Gesundheitsmanager:innen die Aufgabe des BEM. Ist an dieser Stelle spezielles Fachwissen nötig?
Ja, Fachwissen, methodische und soziale Kompetenzen sind essenziell für ein gut funktionierendes BEM. Zunächst einmal stehen jedoch Prozesse und die Unternehmenskultur im Vordergrund, so dass betroffene Menschen überhaupt am BEM teilnehmen. Denn ein BEM ist immer freiwillig. Und wenn andere Beschäftigte im Betrieb mitbekommen, dass erkrankte Kolleg:innen gute BEM-Prozesse durchlaufen und tatsächlich mit Ablauf und Ergebnis zufrieden sind, trägt das an vielen Stellen zur Mitarbeiter:innenbindung bei.
BEM-Beauftragte müssen für die erfolgreiche Gestaltung eines solchen Prozesses viel wissen. Hierzu gehören neben arbeitsrechtlichen Grundlagen, medizinische Kenntnisse, Wissen über die Belastungserprobung und -steuerung sowie die wichtige Netzwerkarbeit mit Versorgungsträgern.
Genügt es da nicht, Gesetzestexte zu lesen? Oder ist eine Weiterbildung hilfreich?
Es genügt weder der gelesene Gesetzestext noch die Weiterbildung. Letzteres ist aber ein entscheidender Schritt. Eine Weiterbildung vermittelt in jedem Fall wichtige Ansatzpunkte und schützt vor arbeitsrechtlichen Stolperfallen, die dann in Gerichtsprozessen negativ ausgelegt werden können.
In unserer Weiterbildung „Betriebliches Eingliederungsmanagement“ werden beispielsweise die Systematiken aufgegriffen, die bei rechtlichen Entscheidungen wegweisend sind. Gesetztextes und Gerichtsentscheide können sich schnell ändern, die Grundlagen, wo aktuelle Urteile zu finden sind und wie sie genutzt werden können, bleiben hingegen relativ stabil. Darüber hinaus zielen wir mit unserer BEM-Weiterbildung darauf ab, eine gute Grundlage für ein BEM-System im Unternehmen zu schaffen.
Die Weiterbildung „Betriebliches Eingliederungsmanagement“ startet am IST-Studieninstitut wieder im Oktober. Alle Informationen gibt es hier.