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Preisgestaltung in der Gastronomie – genau kalkulieren und Konsequenzen ziehen

Nur mit richtigen Preisen lässt sich ein gastgewerbliches Unternehmen betriebswirtschaftlich erfolgreich führen. Ist die Kalkulation aber schlecht beziehungsweise falsch, rutscht man leicht in die Verlustzone.
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1.873 Mal hieß es zwischen 1989 und 1997: „Und hier ist sie wieder, die Show der fantastischen Preise. Seien Sie mit dabei, wenn es wieder heißt: Der Preis ist heiß!“. Dieses Sprüchlein sagte Werner Freiwald zu Beginn jeder Sendung von Harry Wijnvoords Spiel-Show „Der Preis ist heiß“ mit viel Enthusiasmus in der Stimme auf.

Nun müssen sich Hoteliers und Gastronomen natürlich nicht vor ihre Betriebe stellen und laut „Der Preis ist heiß!“ brüllen; das könnte auf Gäste befremdlich wirken. Aber zu Herzen nehmen sollten sie sich diesen Spruch des Privatfernsehens doch: Denn der Preis ist wirklich heiß, nur mit richtigen Preisen lässt sich ein gastgewerbliches Unternehmen betriebswirtschaftlich erfolgreich führen. Ist die Kalkulation aber schlecht beziehungsweise falsch, rutscht man leicht in die Verlustzone. Die Gäste bleiben aus, das Geschäft bricht zusammen.

Betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind ein Muss

Experten wie Carl A. Schulze-Berndt von der Münchner HOGA GmbH sind als Unternehmensberater für das Gastgewerbe darauf spezialisiert, Preise richtig zu kalkulieren und Betriebsinhaber bei der Preisfindung zu unterstützen.

Schulze-Berndt unterscheidet bei der Preiskalkulation im Gastgewerbe zwischen der Hotellerie und der Gastronomie. „Die Übernachtungspreise im Beherbergungsgewerbe lassen sich grundsätzlich nicht nach Kostengesichtspunkten ‚kalkulieren‘. Sie sind aufgrund ihrer hohen Fixkostenblöcke in erster Linie nachfrage- und konkurrenzorientiert“, sagt der HOGA-Geschäftsführer. „Das heißt aber auch, dass ein relativ niedriger Übernachtungspreis noch einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften kann. In diesem Fall ist es betriebswirtschaftlich vernünftiger, ein Zimmer unter Normalpreis zu vermieten, als das Bett für eine Nacht leer zu lassen.“

Im Gegensatz zur Hotellerie kommt nach Ansicht Carl A. Schulze-Berndts der Preiskalkulation in der Gaststätte beziehungsweise Gastronomie bei der Ermittlung der Verkaufspreise eine herausragende Bedeutung zu. Der Wareneinsatz als meist größte und dazu noch variable Kostenposition spiele sowohl bei der Preiskalkulation als auch für Kontrollfragen eine wichtige Rolle; Voraussetzung für eine kaufmännische Betriebsführung sei jedoch immer ein gut aufbereitetes innerbetriebliches Zahlenmaterial.

Deshalb gilt: Kalkulation kann nicht über den Bauch erfolgen, sondern setzt betriebswirtschaftliche Kenntnisse voraus. Die Faustformel hält sich hartnäckig: Man nehme den Wareneinsatz, multipliziere ihn mit dem Faktor drei – und fertig ist der Preis. Das funktioniert laut Experten aber schon längst nicht mehr. Wenn der Unternehmer etwa vergisst, die Mehrwertsteuer draufzuschlagen, dann stimmt die gesamte Kalkulation nicht.

Ein Drittel Personalkosten, ein Drittel Warenkosten und ein Drittel für weitere Kosten und Gewinn – nach dieser Formel kalkulierten ganze Generationen gastgewerblicher Unternehmer ihre Preise. Heutzutage liegen sie damit nach Experten-Erkenntnissen ziemlich daneben.

Umsätze gliedern

„Um dem Wareneinsatz die entsprechenden Umsätze richtig gegenüberstellen zu können, ist es notwendig, die Umsatzkonten in Umsätze aus Speisen 19 Prozent, Umsätze aus Speisen sieben Prozent und Umsätze aus Getränken zu gliedern. Hierbei ist auf die Erfassung der außer Haus verkauften Speisen zu achten, da bei diesen lediglich sieben Prozent Mehrwertsteuer anfallen“, sagt Carl A. Schulze-Berndt.

Beim Einkauf in Großhandelsbetrieben, die nur Gesamtrechnungen ausstellen, sollte so vorgegangen werden, dass Speisen, Getränke, Gaststättenbedarf, Reinigungsmittel und und und nach Gruppen geordnet an der Kasse erfasst werden oder die Rechnungsstellung durch Zwischensummen oder Einzelrechnungen erfolgt. „Nur so können den Umsätzen die zutreffenden Wareneinsatzkosten gegenübergestellt und durch den Steuerberater getrennt gebucht werden.“

Das heißt: Richtige Vorbereitung ist alles. Denn erst nach diesen Maßnahmen ist es möglich, die Wareneinsatzquote korrekt zu ermitteln. Die Wareneinsatzquote
(WE-Quote) ist eine der wichtigsten Kennziffern in der Gastronomie. Sie errechnet sich, indem man den Wareneinsatz durch den Nettoumsatz teilt und das Ergebnis mit 100 multipliziert.

Laut Schulze-Berndt ist die so errechnete Wareneinsatzquote Grundlage für die Ermittlung des Verkaufspreises. Dazu muss der exakte Nettoeinkaufspreis des zu kalkulierenden Artikels (Gericht, Menü, Getränk) bekannt sein. „Hierzu dient die Anlage einer Rezeptur als Basis. Der Gastwirt erfasst im Laufe der Zeit für jedes Gericht der Speisekarte alle verwendeten Zutaten einschließlich Garnitur mengenmäßig genau. Dies erfolgt am besten am Herd, nicht am Schreibtisch. So gelingt es, realistische Werte zu ermitteln“, erläutert Schulze-Berndt.

Dabei helfen auch Unternehmensberater, die aufs Gastgewerbe spezialisiert sind. So auch die HOGA-Experten. Sie gehen in die Betriebe und erarbeiten gemeinsam mit dem Inhaber die genauen Daten zur korrekten Kalkulation. Aus der mengenmäßigen Angabe und dem Einstandspreis (pro Einheit und Zutat) kann dann der Betrag ermittelt werden, der in der Kalkulation zu berücksichtigen ist. Es empfiehlt sich dem HOGA-Geschäftsführer zufolge, diese Berechnungen auf sogenannten Rezepturkarten schriftlich festzuhalten und von Zeit zu Zeit Einkaufspreise, Gewichte und Zubereitungsart zu kontrollieren und gegebenenfalls zu korrigieren.

Ausgehend von dem in der Rezeptur ermittelten Warenwert bietet sich ein einfaches Verfahren an, womit auf Basis der Wareneinsatzquote der Verkaufspreis errechnet werden kann. Der Nettoverkaufspreis ergibt sich aus der Formel: (Wareneinsatz : Wareneinsatzquote) x 100; um den Bruttoverkaufspreis zu ermitteln, multipliziert man den Nettoverkaufspreis mit dem Faktor 1,19. Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Beläuft sich der Wareneinsatz bei einem Fleischgericht beispielsweise auf 2,03 Euro und wird dieser durch die Wareneinsatzquote von 35 Prozent geteilt, ergibt dies multipliziert mit 100 einen Nettoverkaufspreis von 5,80 Euro. Kommt der Faktor 1,19 hinzu, beläuft sich der Bruttoverkaufspreis auf 6,90 Euro.

„Erst nach diesen Berechnungen sollten Überlegungen angestellt werden, ob die ermittelten Preise überhaupt nachfragegerecht, also unter Berücksichtigung des örtlichen beziehungsweise regionalen Preisniveaus am Markt durchsetzbar sind“, sagt Carl A. Schulze-Berndt. „Sollte dies nicht der Fall sein, so darf der Artikel nicht in der vorgesehenen Präsentation auf der Karte stehen! Es ist dann vielmehr zu prüfen, ob sich der Warenaufwand durch Änderungen der Portionsgrößen, durch Verwendung anderer, günstigerer Zutaten oder durch Verbesserung der Einkaufskonditionen verringern lässt.

Kalkulieren und Konsequenzen ziehen

Das darf aber nicht zu Lasten der Qualität gehen. Sollte sich nach diesen Maßnahmen herausstellen, dass die Nachfrage auch bei diesem Preis nicht gewährleistet ist, bleibt nur eine Entscheidung: Das Produkt ist ungeeignet und sollte gestrichen werden.“

Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Denn Schulze-Berndt weiß: „Im umgekehrten Fall ist es natürlich möglich, den Verkaufspreis anzuheben und damit den Rohertrag oder Deckungsbeitrag des Gerichtes zu verbessern. Das geht natürlich nur, wenn der ermittelte Mindestverkaufspreis unter dem auf dem Markt erzielbaren Angebotspreis liegt.“

„Bei jeder Kalkulation aller Gerichte einer Speisekarte ist darauf zu achten, dass jedes Gericht für sich einen ausreichenden Deckungsbeitrag aufweist“, so Schulze-Berndt von der HOGA Beratungs GmbH. „Das Verfahren einer Mischkalkulation – Hoffen auf Ausgleichseffekte von gut und schlecht kalkulierten Artikeln – ist nicht ratsam. Sollten sich nämlich gerade diejenigen Artikel am besten verkaufen lassen, die am schlechtesten kalkuliert sind, geht diese Strategie nicht auf.“

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