Viele Jahre lang schien es wie ein Wettbewerb, Steuern zu hinterziehen. Ist das noch immer möglich?
Für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Helmut König ist klar: „Der Gesetzgeber hat Steuerhinterziehung generell nie als Lappalie angesehen. Und viele Ereignisse zeigen, dass das illegale Einsparen von Kapitalertragssteuer und anderen Steuern, beispielsweise durch die Annahme von Schwarzgeld, bei weitem nicht mehr so leicht ist wie es früher einmal schien“, sagt der Partner der internationalen Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt und Geschäftsführer der kooperierenden BBWP Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er gibt einige Beispiele dafür: „Die Schweizer Steuerverwaltung hat bereits 2015 Namen von Steuersündern ins Netz gestellt, die auf anderem Wege nicht erreichbar waren. Für den Alpen-Staat war dies ein Weg, den internationalen Amtshilfegesuchen wegen Steuerhinterziehung von im Ausland Steuerpflichtiger nachzukommen. Internationale Medienrecherchen wiederum haben 2019 ermittelt, dass Hochvermögende weltweit ihre Steuerlast über komplexe Lösungen in Panama erheblich verringert haben. Auch das Beispiel des Fußballmanagers Ulrich Hoeneß ist vielen noch in Erinnerung: Er wurde zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilt.“
Was bedeutet das konkret für Unternehmer und die Steuerehrlichkeit?
Die Praxis zeige laut Helmut König, dass viele steuerschädliche Praktiken der letzten Zeit aufgedeckt und drakonisch verfolgt worden seien. Der Druck auf Steuersünder steige, die Möglichkeiten sind stark eingeschränkt worden, um im spürbaren Maße Steuern zu sparen. „Vor allem die lange präferierte Lösung, Vermögen in deutschen Nachbarländern kapitalertragsteuerfrei anzulegen, ist kaum noch möglich. Die Rechtsprechung zeigt, dass sie bei derartigen Verstößen nicht zu Späßen aufgelegt ist. Wer erwischt wird, dem droht nicht nur eine Nachzahlung der Steuer zuzüglich Zinsen von sechs Prozent jährlich. Beträgt die Summe der Steuerhinterziehung mehr als 50.000 Euro, kommen nochmals fünf Prozent dazu. Es wird auch eine Geldstrafe fällig, und im schlimmsten Falle endet die Steuerhinterziehung eben auch im Gefängnis, wenn eine gewisse Summe überschritten wird“, betont der Steuerpartner. Die Geldstrafe spiegelt die Schwere der Tat wider, der dafür festgelegte Tagessatz entspricht dem durchschnittlichen Tageseinkommen der vergangenen drei Jahre. „Das kann schnell richtig teuer werden, und eine Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen führt zu einer Eintragung ins Bundeszentralregister. Der Steuersünder gilt damit als vorbestraft, auch ohne Freiheitsentzug“, warnt Helmut König.
Welche Risiken für Unternehmer und Unternehmen bestehen darüber hinaus?
„In der Steuerhinterziehung lauern neben den steuer- und strafrechtlichen Konsequenzen weitere Fallstricke. Der Reputationsschaden kann horrend sein. Auftraggeber der öffentlichen Hand und gemeinnützige Institutionen sowie Unternehmen mit hohen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Compliance werden um überführte Steuersünder einen großen Bogen machen, um ihre eigenen Richtlinien nicht zu untergraben. Der Versuch, die Kasse durch Abgabenverkürzung aufzubessern, kann also im Zweifel ins wirtschaftliche Desaster führen“, betont der Beiten Burkhardt-Steuerpartner. Er weiß auch: „Betriebsprüfung und Strafverfolgung arbeiten sehr professionell und gewissenhaft und finden auch kleinste Anhaltspunkte für Hinterziehungstatbestände. Dass die Steuerverkürzung nicht auffällt, ist nicht wahrscheinlich.“
Was ist mit der Selbstanzeige?
Die sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 Abgabenordnung) öffnet den Weg in die Steuerehrlichkeit. Wer bei Steuerstraftaten von sich aus gegenüber der Finanzbehörde in vollem Umfang fehlerhafte oder unvollständige Angaben berichtigt oder nachholt, kann unter bestimmten Voraussetzungen der strafrechtlichen Verfolgung entgehen und damit aus der Steuerhinterziehung mit einem blauen Auge davonkommen. Helmut König: „Wer bei der Selbstanzeige Fehler macht, wird für die Steuerhinterziehung bestraft, nachträgliche Korrekturen sind nicht erlaubt. Die Selbstanzeige sollte also nie ohne eingehende rechtliche Prüfung und Beratung erfolgen. Voraussetzung ist, dass die versuchte oder vollendete Steuerhinterziehung von den Finanzbehörden zum Zeitpunkt der Selbstanzeige noch nicht entdeckt worden sein darf. Eine Selbstanzeige muss alle steuerlichen Sachverhalte offenlegen.“
Wie sieht die Entwicklung im Steuerstrafrecht aus?
Steuerpartner König führt aus, dass durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz auch eine erhebliche Verschärfung des Steuerstrafrechts eingeführt wird – mit weitreichenden Auswirkungen. Im Mittelpunkt stehe dabei die Einfügung von § 375a AO (Abgabenordnung) als Ausnahmeregelung zu § 73e StGB (Strafgesetzbuch). § 375a AO regelt, dass künftig in Fällen der Steuerhinterziehung rechtswidrig erlangte Taterträge – trotz Erlöschens des Steueranspruchs nach § 47 AO – nach § 73 StGB die Einziehung dieser Erträge angeordnet werden könne, erläutert Helmut König. Hierbei sei unerheblich, ob die Verjährung aufgrund der Festsetzungs- oder Zahlungsverjährung eingetreten sei. Damit sei die Einziehung für erloschene Steueransprüche auch dann möglich, wenn nicht nur die zugrundeliegende Steuerstraftat strafrechtlich verjährt, sondern auch eine steuerrechtliche Verjährung eingetreten sei. Darüber hinaus werde nach § 376 Absatz 3 AO die Grenze der Verfolgungsverjährung neuerdings auf das 2,5-Fache der gesetzlichen Verjährungsfrist verlängert, also auf bis zu 25 Jahre. Für Helmut König ist daher klar: „Steuerehrlichkeit ist die einzige sinnvolle Lösung. Durch eine professionelle Gestaltungsberatung lassen sich die Steuerbelastung optimieren und eben auch alle steuerlichen Pflichten erfüllen.“