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Bewerber-Studie: Ghosting – Kollege kommt nicht

Mit der Vertragsunterschrift ist das Recruiting aktuell längst nicht abgeschlossen. Mehr als jeder zehnte Jobsuchende hat schon einmal einen Arbeitsvertrag unterschrieben, dann aber die Stelle nicht angetreten. Hinzu kommen diejenigen, die innerhalb der ersten 100 Tage wieder kündigen – mittlerweile sind das 21,0%. Ihr Anteil hat sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. Das zeigt der zweite Teil der aktuellen Studie „Candidate Experience 2023“, für die das HR-Tech-Unternehmen softgarden 3.811 Bewerbende befragt hat.
Raj Rana, Unsplash

Früher hieß es schlicht „Kollege kommt nicht“, heute bezeichnen Experten es oft als „Ghosting“: Bewerber unterschreiben einen Arbeitsvertrag, treten die Stelle aber nicht an. Auf kandidatenorientierten Arbeitsmärkten kann das schnell zum strukturellen Problem für Arbeitgeber werden. Es wird nicht nur schwieriger, überhaupt Bewerbungen zu bekommen und Kandidaten im Bewerbungsverfahren zu überzeugen: Die Fluktuation setzt immer häufiger schon in der Einstiegsphase an. Die „Onboarding“ genannte Integration der Neuen wird für Unternehmen zunehmend zur Herausforderung.

Angebotsfülle produziert Wackelkandidaten

6,0% der Befragten haben den unterschriebenen Arbeitsvertrag vor Antritt der Stelle schon einmal gekündigt. Hinzu kommen 4,2%, die einen Arbeitsvertrag unterschreiben und dann die Stelle einfach nicht antreten, ohne formal zu kündigen. Das hat vor allem mit der aktuellen Arbeitsmarktsituation zu tun. „Ein besseres Jobangebot“ ist mit 41,3% der wichtigste Grund, der von denjenigen genannt wird, die ihren Job schon einmal trotz Vertragsunterschrift nicht angetreten haben.

Kündigung während der ersten 100 Tage

Auch nach Arbeitsantritt sind Kandidaten eigentlich noch nicht für das Unternehmen gewonnen. „Hast du schon einmal während der ersten 100 Tage den Job gekündigt?“ Diese Frage hat softgarden zum ersten Mal 2018 und auch 2023 für die aktuelle Umfrage gestellt. Die Antworten zeigen eine beunruhigende Entwicklung: Aktuell beantworten die Frage 21,0% mit „Ja“, 2018 waren es erst 11,6%. Die ersten Monate im neuen Job werden mehr und mehr zur „Probezeit für Arbeitgeber“.

Großer Anteil an Risikoeinsteigern

Zu den 21,0% die den neuen Job tatsächlich schon einmal gekündigt haben, kommen aktuell weitere 15,7%, die schon einmal „kurz davor“ standen. Der Anteil der Risikokandidaten in der Onboardingphase liegt vor dem Hintergrund eines schwieriger werdenden Arbeitsmarkts bei über einem Drittel. Bei Menschen mit einfachem Schulabschluss (Haupt- oder Realschule) ist der Anteil derjenigen, die schon einmal während der ersten 100 Tage den Job gekündigt haben, mit 30,8% übrigens wesentlich höher als bei Akademikern. Hier beträgt er 16,8%.

Gründe für den frühen Jobabbruch

Was sind die Gründe für die Kündigung in der Einarbeitungsphase? Hier werden von einer Mehrheit drei Faktoren genannt: ein zu großer Unterschied zwischen den in der Bewerbungsphase gemachten Versprechungen und der Jobrealität (70,5%), unfähige oder unsympathische Führungskräfte (66,6%) sowie wie ein fehlender Plan bei der Einarbeitung (56,7%). Zwischen Männern und Frauen gibt es Unterschiede. Besonders auffällig sind sie bei zwei Faktoren: Mehr Frauen (60,3%) als Männer 54,0% geben als Kündigungsursache ein fehlendes Einarbeitungsprogramm an. Ebenso nennen mehr Frauen (71,3%) als Männer (63,2%) die Führungskraft als Kündigungsgrund (jeweils addierte „trifft eher zu“- und „trifft voll zu“-Werte).

Onboarding gezielt verbessern

„Arbeitgeber sollten Onboarding als unverzichtbaren Teil des Recruitings begreifen und gezielt verbessern,“ sagt softgarden-Geschäftsführer Kirill Mankovski: „Arbeitgeber müssen Standards, Rollen und Maßnahmen definieren und in der gesamten Integrationsphase für Informationen und Unterstützungsangebote sorgen, die sich an die neuen Kolleginnen und Kollegen richten.“

Über die Studie „Candidate Experience 2023“

Die Studie „Candidate Experience 2023“ hat softgarden in zwei Teilen veröffentlicht. Der erste Teil erschien im Juni 2023 und thematisiert Jobsuche, Eigenmedien der Arbeitgeber und Bewerbungsprozess. Er hat unter anderem gezeigt, dass Arbeitgeber Jobsuchende nicht durch flotte Werbesprüche überzeugen, sondern durch handfeste Informationen und Argumente: zum Beispiel in Form konkreter Gehaltsangaben, Arbeitgeberbewertungen und Angaben zum Bewerbungsprozess in Stellenanzeigen. Im zweiten Teil stehen neben der Onboardingphase die Emotionen in der Bewerbung und das Jobinterview im Fokus. Die Whitepaper zum ersten wie zum zweiten Teil der Studie sind ab sofort kostenfrei verfügbar.

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