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Gastronomie & Indexmieten – doppelte Belastung durch Inflation

Deutschland erlebt aktuell die höchste Inflationsrate seit den 50er Jahren. Die Auswirkungen von Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise und Lieferengpässe führen zu starken Preissteigerungen, die sich auch im so genannten „Verbraucherpreisindex“ (VPI) des Statistischen Bundesamts widerspiegeln – und somit unmittelbar zur Erhöhung von Gewerbemieten führen. Denn im Mietvertrag der meisten Gewerbemietflächen ist eine sogenannte Indexklausel enthalten. Aktuell bedeutet das konkret: Die meisten Gewerbemieten steigen in kurzer Zeit dramatisch! Die Berater von Centurion Advisors erläutern, was genau Indexmiete bedeutet und was Gastronomen tun können, um der Preisspirale zu entgehen.
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Je nach Vereinbarung in den Verträgen kann dies sogar zu einer zweimaligen, deutlichen Mieterhöhung binnen 15 Monaten führen. Zusammen mit all den anderen aktuellen Belastungen kommen viele Gastronomen hierdurch an ihre Grenzen. 

Die Berater von Centurion Advisors in Hamburg bringen Erfahrung aus über 10.000 nachverhandelten Mietverträgen für Retail und Gastronomie mit und erläutern in diesem Beitrag, was genau Indexmiete bedeutet und was Gastronomen tun können, um der Preisspirale zu entgehen.

Was ist eine Indexmiete?

Indexmiete bedeutet, dass die zukünftige Entwicklung des Mietzinses direkt an die allgemeine Preisentwicklung gebunden wird. Im Mietvertrag ist also vereinbart, dass die Miete dann steigt (oder sinkt), wenn sich der Wert des Geldes entsprechend verändert. Im Volksmund spricht man dann von „Inflation“. Gemessen wird sie für Mietverträge allgemeingültig am so genannten „Verbraucherpreisindex“ (VPI) des Statistischen Bundesamtes. Für seine Berechnung wird die Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen herangezogen: Energie, Lebensmittel, Kleidung, Möbel, Elektrogeräte, Reisen und vieles mehr. 

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Es gibt verschiedene Arten von Indexklauseln in Mietverträgen. Gängig sind zum Beispiel Vereinbarungen, wonach die Miete dann steigt, wenn die Preisentwicklung 5% oder 10% übersteigt. In anderen Klauseln wird jährlich der jeweilige Wert herangezogen. Auch unterscheidet man zwischen echten und unechten Gleitklauseln. Bei echten Gleitklauseln erfolgt die Erhöhung anhand des VPI automatisch. Bei unechten Gleitklauseln wird lediglich vereinbart, dass die Vertragsparteien bei einer bestimmten Höhe des VPI erneut über die Miethöhe verhandeln.

In den vergangenen 25 Jahren lag der VPI und somit die dadurch bedingte Steigerung der Mieten jährlich moderat bei ca. 0,8 bis 1,5%. Bei einer 5-Prozent-Indexklausel dauerte es also meist drei bis vier Jahre, bis sie zum Greifen kam. 2022 dann aber schoss die Inflationsrate im Kontext des Ukraine-Kriegs im Oktober mit 10,4% auf den höchsten Stand im Jahr 2022 und in diesem Jahr liegt sie aktuell erneut bislang bei über 7%. Für viele Mieter führt das gerade zur zweiten drastischen Erhöhung binnen 15 Monaten. Bei diesen außergewöhnlichen Werten werden Mieten schnell unbezahlbar.

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Ist eine Indexklausel rechtens?

Ja, absolut. Indexklauseln sind bei Gewerbemietverträgen sehr üblich. Centurion Advsiors betreut im Strategischen Mietvertragsmanagement aktuell mehrere Hundert Mietverträge von Retailern und Gastronomen – hiervon enthalten 94% eine Indexklausel. Sie sollen in Mietverträgen zum Werterhalt einer Immobilie beitragen und sind der notwendige Schutz und Anreiz für Investoren, ihr Geld überhaupt in Bauprojekten anzulegen. Das ist fair und notwendig, denn der Wert von Geld verändert sich eben über die Zeit. 

Aktuell sprechen wir aber wohl eher von einem „Sondereffekt“, bedingt durch den Krieg in der Ukraine und die Folgen insbesondere für die Energie- und Rohstoffpreise. Dieser Effekt wird mutmaßlich nicht nachhaltig sein. Somit stellt die aktuelle Mietanpassung anhand des VPI aus unserer Sicht eine einseitige und nicht ausgewogene Sondereinnahme für den Vermieter dar. Erst seit Frühjahr diesen Jahres kann man sukzessive von einem „Systemischen Effekt“ sprechen, der die mittel- bis langfristige Entwicklung des Geldwertes bestimmen wird.  

Themen in diesem Artikel
ManagementInflation

Wenn eine Indexklausel vereinbart ist, dann ist die Erhöhung aber auch bei diesem Sondereffekt grundsätzlich rechtens. Allerdings muss der Vermieter die Preisentwicklung nicht zu 100% und nicht am ersten möglichen Stichtag weitergeben. Das liegt vollständig in seinem Ermessen. Es ist daher definitiv sinnvoll, mit dem Vermieter über diese Themen zu sprechen und gemeinsam Lösungen zu finden, um eine langfristige Partnerschaft sichern zu können.

Warum treffen Indexmieten Gastronomen momentan doppelt hart?

Kerntreiber der Verbraucherpreisindexbasierten Mieterhöhungen ist aktuell vor allem der im Jahr 2022 schockartig  gestiegene Energie- und Rohstoffpreis. Dieser rasante Anstieg in einem Sektor löste in fast allen Gewerbemietverträgen die vertraglich vereinbarte Mieterhöhung in einer unvorhersehbaren Weise und Höhe aus. Dadurch werden Gastronomen gerade doppelt belastet: Durch automatische Kopplung an den Index steigt die Nettokaltmiete, in der die vom Mieter für seinen Verbrauch zu zahlenden Energiekosten selbst aber noch gar nicht enthalten sind. Diese kommen mit ebenfalls deutlichen Steigerungen dann noch obendrauf. 

Derart steigende Mietkosten sind in diesem Umfang nicht vorhersehbar gewesen und daher  nicht budgetiert. Bei Betreibern mehrere Filialen kommen sie zudem gerade gleichzeitig in fast allen Filialen zum Tragen. Der COVID-Lockdown war hier im Vergleich ein zeitlich begrenzter Schlag in die Kasse. Die Mieterhöhungen aufgrund des Sondereffekts zahlt der Mieter dagegen für die gesamte Mietvertragslaufzeit jeden Monat aufs Neue. Zusammen mit den steigenden Preisen überall entlang der Wertschöpfungskette, von den  Rohwaren, über Liefer- und Lagerkosten, bis hin zum Personal, hat dies schnell immense Auswirkungen auf Cashflow und Liquidität. Denn natürlich können Einnahmen und Gewinne nicht im gleichen Maße und der gleichen Geschwindigkeit gesteigert werden. Der Gast wird nicht akzeptieren, dass das Gericht, das gestern 12 Euro kostete, nun auf einmal 24 Euro kostet. Die Verbraucher können sich solche Kostenexplosionen schlicht nicht leisten. Also bleibt der Gastronom mindestens auf Teilen der gestiegenen Kosten sitzen.

Was können Gastronomen tun, wenn der Vermieter die Indexklausel vollumfänglich umsetzt?

Fest steht: Indexklauseln werden aus Gewerbemieten nicht verschwinden und lassen sich auch nicht einfach so wegdiskutieren. Sie sind rechtens und rein rechtlich gesehen schuldet der Mieter sie so, wie im Vertrag vereinbart wurden. Wohl aber kann und sollte die Aussicht auf eine solche Erhöhung ein guter Anlass sein, mit dem Vermieter ins Gespräch zu gehen und den Mietvertrag noch einmal grundsätzlich zu überprüfen. Meist für einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren geschlossen, sind einst vereinbarte Konditionen häufig nicht mehr zeitgemäß, Situationen und Märkte haben sich verändert. Laufende Mietverträge können durchaus einvernehmlich nachverhandelt werden!

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Auch Vermietern ist bewusst: Eine so drastische Mieterhöhung, wie sie gerade vielen Mietern widerfährt, kann unmittelbar gefährlich sein und zu Situationen führen, die auch für Vermieter von Nachteil sind. Schafft es ein Mieter nicht, unter den Gegebenheiten wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben, kann dies zur Aufgabe der Fläche führen. Dann einen Nachmieter zu suchen kostet viel Geld: Renovierungen, Makler, zeitweiser Leerstand. Tatsache ist zudem gleichzeitig, dass sich Gewerbemieten in Innenstädten und Einkaufszentren in den letzten Jahren eher rückläufig entwickelt haben. Vermieter sind also gut beraten, nicht den außerplanmäßigen, kurzfristigen Gewinn durch Indexerhöhungen im Fokus zu haben, sondern langfristige Partnerschaften mit verlässlichen Mietern. Gesprächs- und Kompromissbereitschaft in der aktuellen Situation können diese sichern und gleichzeitig mit fairen Vereinbarungen die langfristige Entwicklung des Geldwertes für die Zukunft sinnvoll abbilden. Mögliche Kompromisse wären z.B. das Auslassen des Sondereffektes oder eine nur anteilige Weitergabe..

Kann ich die Mieterhöhung zunächst einmal „aussitzen“, also nicht zahlen, bis sich die Inflation eingependelt hat?

Einige Gewerbetreibende machen das, es ist aber nicht zu empfehlen. Rechtlich gesehen ist der Mieter hier am kürzeren Hebel. Er ist die Miete vertraglich schuldig. Das heißt, er häuft über jeden Monat, den er nicht die erhöhte Miete zahlt, Schulden an – das kann schnell zu einer Höhe führen, die einen Kündigungsgrund darstellt oder sogar Schadenersatz rechtfertigt. Zudem verhärten sich die Fronten mit dem Vermieter. Auch eine Stundung ist keine gute Lösung – sie vertagt das Problem nur auf später. Wir empfehlen daher immer, offen über die Situation zu sprechen und Kompromisse zu finden, die beide Parteien mittragen können.

Wie geht man mit dem Vermieter am besten ins Gespräch?

Gespräche mit Vermietern brauchen immer Fingerspitzengefühl und Fairness, es sollte ein partnerschaftliches Gespräch auf Augenhöhe sein. Beide Seiten sind schließlich an einer langfristigen Partnerschaft interessiert. Vor allem aber sollte man vorher seine Hausaufgaben gemacht haben und seinen Mietvertrag ganz genau kennen und verstehen. Nur dann kann man auch Faktenbasiert verhandeln. Wer Sorge hat, das wichtige und sensible Verhältnis zum Vermieter zu belasten, oder sich inhaltlich nicht an die komplexe Materie herantraut, kann sich professionelle Unterstützung von Experten der Mietvertragsoptimierung holen. Oft hilft es, wenn ein neutraler Dritter mit entsprechender Expertise die Gespräche sachlich und unemotional führt.

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