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Anpassungspflichten bei Arbeitsverträgen ab August 2022

Die kürzlich beschlossene Gesetzesänderung, insbesondere des Nachweisgesetzes (NachwG), birgt Anpassungsbedarf für die meisten Arbeitgeber und betrifft Arbeitsverträge, die ab dem 01.08.2022 neu geschlossen oder geändert werden. Verstöße sind ab dem 1. August 2022 bußgeldbewehrt.

Ab dem 01.08.2022 tritt die nationale Umsetzung der am 31. Juli 2019 in Kraft getretene Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union („Arbeitsbedingungenrichtlinie“) in Kraft.

Kurz und knapp

Die Neuregelungen des Nachweisgesetz (NachwG) betreffen Arbeitsverträge, die ab dem 01.08.2022 neu geschlossen werden und Altverträge, welche nach dem 01.08.2022 geändert werden. Änderungen können hierbei beispielsweise durch die Anpassung des Mindestlohns von 12,00 € pro Stunde  (ab dem 01.10.2022 vorgesehen) erfolgen. Im Falle der Zuwiderhandlung drohen zukünftig Geldbußen bis zu zweitausend Euro.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Wie bisher auch, sind Arbeitgeber auch zukünftig verpflichtet, ihren Arbeitnehmern die wesentlichen Vertragsbedingungen in einem schriftlichen Arbeitsvertrag niederzulegen. Die am 23.06.2022 gebilligte Gesetzesänderung des Nachweisgesetzes erweitert den Pflichtenkreis der Arbeitgeberschaft in nicht unerheblichem Maße und ergänzt die arbeitsvertraglich niederzulegenden Pflichtangaben. So müssen Arbeitsverträge ab dem 01.08.2022 zusätzlich folgende Angaben enthalten:

  • Dauer der vereinbarten Probezeit;
  • Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung;
  • vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen;
  • Regelungsgehalt bei Arbeit auf Abruf (Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, Zeitrahmen, Frist bei Änderung der Lage der Arbeit);
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
  • etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung;
  • betriebliche Altersversorgung: Mindestangaben über den Versorgungsträger;
  • allgemeiner Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen;
  • Hinweis für den Arbeitnehmer im Falle der Kündigung: einzuhaltendes Verfahren vor dem Arbeitsgericht inkl. Hinweis auf die Schriftform und die einzuhaltende Frist;
  • erweiterte Nachweispflichten bei Auslandsaufenthalt von mehr als 4 aufeinanderfolgenden Wochen

Arbeitnehmer müssen künftig bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung informiert sein

Bislang hatten Arbeitgeber für die schriftliche Niederlegung der wesentlichsten Vertragsbedingungen 1 Monat, gerechnet ab dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses, Zeit. Diese Frist wird ab dem 01.08.2022 verkürzt.
So sind der Name und die Anschrift der Vertragsparteien, die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit, als auch die Art der Auszahlung, sowie die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen. Mit Ausnahme der Angaben des jährlichen Erholungsurlaubs, des Fortbildungsanspruchs, der Altersversorgung, dem Hinweis auf anwendbare Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und der Belehrung über das einzuhaltende Verfahren im Kündigungsfalle sind die restlichen Pflichtangaben binnen 7 Tagen schriftlich niederzulegen. Für die restlichen Pflichtangaben bleibt es bei der Monatsfrist.

Vorsicht bei den Informationspflichten über das einzuhaltende Verfahren vor dem Arbeitsgericht!

Künftig wird der Arbeitnehmer bereits in seinem Arbeitsvertrag über das einzuhaltende Verfahren vor dem Arbeitsgericht zu informieren sein. Hiermit soll der Arbeitnehmer vor den klassischen Fallstricken, wie der dreiwöchigen Anrufungsfrist nach § 4 S. 1 KSchG,  geschützt werden.

Welchen Belehrungsumfang die Arbeitgeberschaft konkret trifft, lässt der Gesetzgeber offen. Entsprechende Angaben lassen sowohl der neugefasste Gesetzeswortlaut, als auch die dazugehörige Gesetzesbegründung vermissen. Soweit jedoch der Hinweis zu dem einzuhaltenden Verfahren nach dem Gesetzeswortlaut als Mindestvoraussetzung gefordert wird, dürfte sich die Belehrungspflicht auch auf die Anhörung des Betriebsrats, der Schwerbehindertenvertretung sowie des Inklusionsamtes oder das komplexe Verfahren bei Massenentlassungen beziehen. Die tarif- oder arbeitsvertraglichen Besonderheiten zu Kündigungsfristen sind in jedem Falle sorgfältig zu benennen.

Probezeitvereinbarungen dürfen zukünftig nicht in jedem Falle 6 Monate umfassen

Zukünftig gilt, „Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.“

Das unter der neu eingeführten Verhältnismäßigkeit konkret zu verstehen ist, bleibt offen. Klar dürfte jedoch sein, dass die Probezeit zukünftig nicht mehr die gesamte Dauer der Befristung umfassen darf. Die weitere Bewertung dürfte dem Einzelfall vorbehalten bleiben und letztlich durch die Rechtsprechung zu beurteilen sein.

Besonderer Arbeitsaufwand bei Entfristungsanfragen und unbesetzten Stellen

Hinsichtlich unbesetzten Stellen hat der Arbeitgeber zukünftig einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand und der ihm in Textform den Wunsch nach einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Eine pauschale Mitteilung, dass es keine geeignete Stelle gibt, wird zukünftig nicht mehr ausreichend sein.

Zudem wird das Teilzeit und Befristungsgesetz (TzBfG) verschärft. Arbeitgeber müssen dem Arbeitnehmer auf entsprechende Anfrage hin zukünftig innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen welche Arbeitsplätze im Betrieb oder Unternehmen besetzt werden sollen.

Bußgelder drohen

Im Falle der Zuwiderhandlung sieht das neue Nachweisgesetz (NachwG) auch einen eigens eingeführten Bußgeldparagraphen vor. Es drohen Bußgelder von bis zu 2.000,00 €. Die Verhängung von Bußgeldern ist jedoch fakultativer Natur. Die Behörde darf also – insbesondere bei Verstößen in der Anfangsphase nach dem 01.08.2022 – von Bußgeldern absehen.

Was ändert sich noch?

Auch bei Ausbildungsverträgen sind zukünftig ergänzende Angaben erforderlich, unter anderem die konkrete Benennung des Ausbildungsortes, die Vergütungszusammensetzung und der Ausgleich von Überstunden. Auch hier sind Verstöße bußgeldbewehrt.
In der Gewerbeordnung werden unter bestimmten Voraussetzungen Fortbildungspflichten der Arbeitnehmer statuiert, deren Kosten nicht umlagefähig sind.

Parallel wird es unter anderem geringfügige Anpassungen des AÜG, AentG und der GewO geben, welche fachgebietsbezogen für die Leserschaft von untergeordneter Bedeutung sein dürften.

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