Suche

Der Verfall von Urlaubsansprüchen im Arbeitsverhältnis – die 5 wichtigsten Fakten

Urlaubsansprüche verfallen nicht einfach automatisch – das haben jüngere Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eindeutig klargestellt. Durch diese Entwicklung hat sich für Arbeitgeber eine deutlich schwierigere Rechtslage ergeben: Solange sie ihre Mitarbeitenden nicht aktiv über Resturlaubsansprüche und den drohenden Verfall informieren, können sich Urlaubsansprüche sogar über mehrere Jahre ansammeln.
Linten RechtsanwälteLinten Rechtsanwälte
Anzeige

Grundsatz: Arbeitgeber muss rechtzeitig informieren

Nach der Rechtsprechung des EuGH aus 2018 und 2022 sowie den darauffolgenden Urteilen des BAG reicht es nicht mehr, wenn Arbeitnehmer wissen, dass Urlaubstage verfallen könnten. Vielmehr müssen sie von ihren Arbeitgebern ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass und wie viele Urlaubstage noch offen sind und dass diese zum Jahresende oder zum Ende des ersten Quartals des Folgejahres verfallen können, falls sie nicht genommen werden. Erst wenn ein solcher Hinweis erfolgt, kann der Urlaubsanspruch tatsächlich erlöschen. Unterschieden werden muss im Einzelnen noch zwischen Ansprüchen, die das Gesetz gewährt und die nicht unterschritten werden dürfen auf der einen Seite sowie tarif- und arbeitsvertraglichen Urlaubsansprüchen, die über das gesetzlich notwendige Maß hinaus gewährt werden. Für alle Ansprüche gilt aber der Grundsatz, dass die Arbeitgeberseite über den noch offenen Umfang informieren muss.

Was bedeutet das für die Verjährung?

Grundsätzlich unterliegt ein Urlaubsanspruch der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren. Allerdings beginnt diese Frist erst zu laufen, wenn der Arbeitgeber seine Beschäftigten zutreffend informiert hat. Ohne diese Information droht dem Unternehmen, dass alte Urlaubsansprüche selbst nach Jahren noch bestehen bleiben und geltend gemacht werden können.

Sonderfall Krankheit: 15-Monats-Regel

Wer dauerhaft krank ist und im gesamten Bezugszeitraum keine Chance hatte, Urlaub zu nehmen, verliert seine Urlaubstage auch ohne Hinweis nach spätestens 15 Monaten. Den Unterschied macht aus, dass hier allein die Krankheit zum Ausfall führt, nicht ein unterlassener Arbeitgeberhinweis.

Wird jemand erst im Laufe eines Urlaubsjahres krank und hätte theoretisch davor Urlaub nehmen können, verfällt der Urlaub nur dann nach 15 Monaten, wenn es zuvor eine korrekte Information des Arbeitgebers gegeben hat. Fehlt dieser Hinweis, besteht der Anspruch fort.


Partner aus dem HORECA Scout
Pointchamp® GmbH

Urlaubsabgeltung nach Ende des Arbeitsverhältnisses

Löst sich das Arbeitsverhältnis auf, so entsteht anstelle des Urlaubstags selbst der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Hier gilt eine andere Interessenlage: Der Arbeitgeber kann keinen Freizeitausgleich mehr gewähren.

Deshalb greifen Verjährung und tarifliche bzw. vertragliche Ausschlussfristen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses auch ohne besonderen Hinweis. Das heißt, ehemals Beschäftigte müssen selbst darauf achten, Ansprüche rechtzeitig zu stellen.

Lesen Sie auch
Versicherungen und RisikomanagementPersonalentwicklung
Traumatherapie nach dem Arbeitsunfall – wenn die Seele verletzt ist

Tipps für die Praxis

Arbeitgeber sollten direkt zu Jahresbeginn alle Mitarbeitenden schriftlich oder per E-Mail über Resturlaub informieren und klar auf den drohenden Verfall hinweisen. So beugen sie unnötigen Streitigkeiten vor.

Ein Musterschreiben finden Sie hier.

Bei länger andauernder Krankheit empfiehlt es sich, gut zu dokumentieren, ab wann eine Krankheit bestand und ob zumindest zeitweise eine Urlaubsnahme möglich gewesen wäre.

Themen in diesem Artikel
Personalentwicklung

Endet das Arbeitsverhältnis, sollte rasch geprüft werden, ob noch Urlaubsansprüche offen sind. Diese gehen bei Ausscheiden in einen finanziellen Ausgleich (Urlaubsabgeltung) über, können jedoch Ausschlussfristen oder der Verjährung unterliegen.

Fazit

Die jüngere Rechtsprechung stärkt die Rechte von Beschäftigten erheblich, solange das Arbeitsverhältnis noch läuft. Arbeitgeber, die keine oder nur unklare Hinweise geben, riskieren, auf lange Zeit wachsende Urlaubsansprüche anhäufen zu lassen. Umgekehrt müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses selbst für die rechtzeitige Geltendmachung sorgen.

Weitere Artikel zum Thema

David Garrison, Pexels
Ob nach einem Arbeitsunfall oder einer Gewalterfahrung: Wer seelisch verletzt wird, braucht schnelle und professionelle Unterstützung. Die BGN stellt dafür ein bundesweites Netzwerk spezialisierter Trauma-Experten bereit – damit Betroffene rasch die Hilfe erhalten, die sie[...]
David Garrison, Pexels
RAUWOLF
Nachhaltigkeit ist kein Zusatz mehr, sondern eine Erwartung. Auch bei Kaffee. Für Gastronomie- und Hotelbetriebe wird es zur strategischen Entscheidung, wie sie nachhaltige Produkte wirksam in ihr Angebot integrieren. Michael Parzefall erläutert fünf zentrale Hebel[...]
RAUWOLF
ansiyuwudia, Pixabay
Der Fachkräftemangel im Gastgewerbe ist längst kein saisonales Problem mehr. Viele Betriebe kämpfen darum, Ausbildungsplätze überhaupt zu besetzen. Gleichzeitig gibt es weltweit junge Menschen, die genau diese Chance suchen: eine praxisnahe Ausbildung, internationale Erfahrung und[...]
ansiyuwudia, Pixabay
Mikhail Nikov, Pexels
Die Gastronomie zählt laut EWCS 2024 zu den anstrengendsten Branchen in Deutschland, mit dauerhaft hohem Arbeitstempo und überdurchschnittlichen Krankenständen, maßgeblich bedingt durch psychische Belastungen. Ein Erfahrungsbericht einer Servicekraft verdeutlicht die Überforderung. SIDES-Geschäftsführer Björn Wisnewski betont[...]
Mikhail Nikov, Pexels
Andrea Piacquadio, Pexels
Der Ausbildungsstart bringt in vielen Küchen und Betrieben nicht nur frischen Wind, sondern oft auch ein unerwartetes Hindernis: fehlende Gesundheitszeugnisse. Wer rechtzeitig plant und auf digitale Belehrungen setzt, kann Ausfälle vermeiden und neue Mitarbeitende ohne[...]
Andrea Piacquadio, Pexels
Unser Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit regelmäßigen Informationen zum Thema Gastgewerbe. Ihre Einwilligung in den Empfang können Sie jederzeit widerrufen.