Weshalb kann es in Unternehmen und insbesondere zwischen Geschäftsführern und Gesellschaftern oder deren Familien zu Streitigkeiten kommen?
Umstrukturierungen oder Vertragsdetails, Betriebsübergaben oder Nachfolgeregelungen, Haftungsfragen oder finanzielle Absprachen: In vielen Situationen kann es auf der Ebene des Unternehmens zu zum Teil schwerwiegenden Schwierigkeiten zwischen geschäftlich Beteiligten kommen. Die Folge ist dann oft eine juristische Auseinandersetzung, die nicht selten vor Gericht endet – also noch mehr Ärger, noch mehr Aufwand und noch mehr Kosten verursacht. Und dass das Tischtuch zwischen den streitenden Parteien dann zerschnitten ist, versteht sich ohnehin beinahe von selbst.
Wie kann man dies verhindern?
Eine Alternative zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen oder der direkten Beendigung der Zusammenarbeit ist die sogenannte Wirtschaftsmediation. „Mediation ist eine wertvolle Möglichkeit der Konfliktbeilegung unter Berücksichtigung der Interessen aller Parteien. Die strukturierte Vorgehensweise in der Mediation stellt das Grundgerüst eines jeden Konfliktlösungsprozesses dar“, heißt es beim DGMW – Deutsche Gesellschaft für Mediation in der Wirtschaft e.V. Die Wirtschaftsmediation wiederum sehe sich verpflichtet, um den Konsens zu ringen, Lösungen ohne Verlierer zu finden und den Blick in die Zukunft zu richten. Die Konfliktpartner erarbeiten laut der Fachgesellschaft selbst eine für alle Beteiligten vorteilhafte, individuelle Lösung. Sie lernen aus der Vergangenheit, aber sie gestalten die Zukunft.
Wie funktioniert die Wirtschaftsmediation?
„In der Wirtschaftsmediation wird wie bei anderen Formen der Mediation meist einem Fünf-Phasen-Modell gefolgt: Auftragsklärung, Themensammlung, Positionen und Interessen, Sammeln und Bewerten von Lösungsoptionen sowie Abschlussvereinbarung“, erklärt Marcus Wiemann, Steuerberater und Partner bei Beyel Janas Wiemann + Partner und Mediator nach § 5 des Mediationsgesetzes. Dabei braucht jeder Mediationsprozess einen Mediator. Dieser unterstützt die Konfliktparteien als neutrale unparteiische Person, die den Prozess organisiert und strukturiert. Wichtig dabei: Eigene Entscheidungsbefugnis besitzen Mediatoren nicht. „Als allparteilicher Dritter hilft er Konfliktparteien, gemeinsame Vereinbarungen zu finden, mit denen zu guter Letzt beide Seiten ‚leben können‘, wie man so schön sagt. Mediation löst die Verspannungen und sorgt für gerechte Kompromisse, nicht für faule, die beide Parteien als unbefriedigend empfinden“, sagt Marcus Wiemann.
Warum sollte man diese Alternative anstreben?
Der Steuerberater und Mediator weiß aus Erfahrung: Auch und zumal in rein wirtschaftlich begründeten Konflikten neigten viele Beteiligte dazu, allzu zügig die Eskalationsstufen zu überspringen und eine gerichtliche „Einigung“ zu erzwingen. Vor einem Zivilgericht werde dann auch Recht gesprochen, aber das Tischtuch zwischen den Parteien sei in aller Regel dann auch derart zerschnitten, dass eine Heilung kaum noch möglich sei oder anders gesagt: Vor Gericht streitende Parteien fänden später kaum noch einmal zu einer Geschäftsbeziehung zueinander. „Das ist besonders ärgerlich, wenn es um unternehmerisches oder familiäres Vermögen geht. Eine Vermögensnachfolge sollte nicht dazu führen, dass die Parteien sich nachher nicht mehr in die Augen schauen können und das Vermögenswerte vernichtet werden. Aus Erfahrung wissen wir Mediatoren, dass die Konfliktparteien nach einer erfolgreichen Mediation oftmals wieder gemeinsamen Geschäften nachgehen.“
Was ist das angestrebte Resultat der Wirtschaftsmediation?
Das strukturierte, konsensuale Vorgehen soll schwerwiegende rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen verhindern. Die Konfliktpartner erarbeiten eine für alle Beteiligten vorteilhafte, individuelle Lösung. Dabei lernen sie aus der Vergangenheit und gestalten die Zukunft, damit es nach der Auflösung des derzeitigen Konflikts nicht allzu schnell wieder zu erheblichen Problemen kommen kann. Zudem vermeidet die Wirtschaftsmediation, dass sich Streitigkeiten eben doch gerne hochschaukeln und häufig keine der streitenden Parteien gewillt ist, beizudrehen und eine Lösung finden. Das bedeutet: „Mediation sucht den Konsens, ist zuverlässig, wirtschaftlich, individuell und vertraulich. Mediation ist eine selbstbestimmte und gleichzeitig verbindliche Alternative zu Gerichts-, Schieds- und Schlichtungsverfahren, weil sie die individuellen Bedürfnisse der beteiligten Personen in den Mittelpunkt stellt, sich alle Positionen und Standpunkte anhört und daraus eine tragfähige Lösung ableitet. Diese Lösung orientiert sich immer an den Bedürfnissen aller. Keiner gewinnt auf Kosten des anderen – denn der Mediator ist niemals Parteienvertreter“, betont Marcus Wiemann.
Auf was kommt es noch an?
Wichtig ist laut Marcus Wiemann, dass die in der Mediation erarbeiteten Ergebnisse nachher auch Eingang in die Praxis fänden. Das schönste Ergebnis hilft nichts, wenn es in der Praxis nicht durch die Beteiligten und ihre Berater umgesetzt werden kann. Falls dabei Änderungen notwendig werden, werden diese noch in die Vereinbarung als dem Ergebnis der Mediation eingearbeitet. Der große Vorteil: Jede Partei bekommt in der Wirtschaftsmediation genügend Raum für ihre ganz persönliche Sichtweise. Der Mediator, der keinerlei Entscheidungsbefugnis besitzt, sorgt dafür, dass während der ganzen Zeit die gemeinsam vereinbarten Spielregeln von Freiwilligkeit und Vertraulichkeit eingehalten und die Privatsphären vollkommen geschützt werden. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse können dann am Anschluss in einer gegenseitigen rechtsverbindlichen Vereinbarung festhalten. Kurz gesagt schafft die Wirtschaftsmediation die notwendigen Voraussetzungen für ein effektives Miteinander.