„Wer nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie sein Geschäft zumindest teilweise langfristig digital aufstellen möchte, kommt an Pay-per-View-Events nicht vorbei. Mit virtuellen Veranstaltungen lässt sich genauso Geld verdienen wie mit klassisch analogen Events. Veranstalter müssen die Bezahlschranke aber standardisiert und unkompliziert implementieren, damit sich eine Zahlungsbereitschaft als Status quo bei Online-Veranstaltungen durchsetzen kann“, erklärt Maximilian Pohl, Gründer der Eventnet GmbH. Es sei ein Fehler, die digitale Variante lediglich aufgrund des ungewohnten Kanals als schlechte Behelfsvariante einzustufen.
Dem Experten zufolge ist es mit einer guten Planung und passenden Konzepten möglich, Online-Events dauerhaft aus dem Schatten der Kostenlos-Kultur zu hieven. Er erinnert an digitale Zeitungsangebote oder den lange vergeblichen Versuch, für Musik- und Videostreaming Geld zu verlangen. Mittlerweile sei die Monetarisierung keine Hürde mehr in der User-Experience und auch akzeptiert – wenn es zuvor keinen kostenlosen Gewöhnungseffekt gegeben hat. Erfahrungen zeigen, dass sich Verhaltensänderungen in der Regel nach 60 Tagen durchsetzen und zur Gewohnheit werden. Kostenlose Testangebote seien kein Tabu, sollten jedoch zeitlich limitiert und entsprechend gekennzeichnet sein. Die Einführung einer Paywall ist laut Eventnet jedoch nur ein Erfolgsfaktor.
„Was nichts kostet, ist nichts wert. Wer für ein Event zahlt, erwartet im Umkehrschluss aber Qualität, in die Veranstalter wie in jedes neue Geschäftsmodell erst einmal investieren müssen“, konstatiert der Experte. Dies gelte für technische Belange wie etwa eine professionelle Kamera- und Mikrofonausstattung genauso wie in Bezug auf die inhaltliche Programmgestaltung und das Veranstaltungskonzept, die beim Transfer in die Online-Umgebung den obligatorischen Dynamikverlust kompensieren müssen. Wer Nutzer zur Kasse bittet, muss neben einer professionellen Technik ebenso gute Inhalte wie eine gute Umsetzung liefern. Nachfolgend verrät der Online-Event-Profi, worauf es ankommt, damit es mit der Bezahlung bei virtuellen Veranstaltungen künftig besser klappt.
7 Tipps zur erfolgreichen Umsetzung
1. Dramaturgie: Mit Highlights bei Laune halten
Das Veranstaltungsprogramm sollte so aufgebaut sein, dass es dazu motiviert, bis zum Ende teilzunehmen. Pohl: „Geben Sie einen Überblick, was die Teilnehmer erwartet. Kündigen Sie Highlights an und setzen Sie diese eher in die Mitte oder an das Programmende.“ Highlights können etwa praktische Tipps sein, ein konkreter Nutzen für die Teilnehmer oder Handlungsanleitungen. Aber auch ein besonderer Interview-Gast oder eine Zusammenfassung kann einen Anreiz bieten. > Eine Möglichkeit sei zudem, zum Ende des Programms kleine Überraschungen oder einen speziellen Vorteil für alle Zuschauer in Aussicht zu stellen, die bis zum Ende teilnehmen. Das kann etwa ein Download-Code für eine Handlungshilfe, der Zugang zu weiteren Inhalten oder die Ergebnis-Präsentation von Umfragen sein. „Wichtig ist nur: halten Sie Ihr versprechen“, so Pohl.
2. Content is King: Sorgen Sie für spannende Inhalte
Am Ende zählt der Inhalt – und der sollte entsprechend aufbereitet sein. Denn: Das Feedback der Teilnehmer ist online kritischer als bei analogen Events. „Keine einfache Aufgabe für Veranstalter, die bisher nur analog unterwegs waren“, weiß Pohl. Ehrliche Selbstkritik kann weiterhelfen: „Fragen Sie sich selbst: Wann klicken Sie auf ein YouTube-Video?“ Die Antwort des Experten: „Wenn der Titel spannend klingt. Und wenn die ersten Sekunden bestätigen, dass drin ist, was draufsteht, bleibt der Zuschauer im Programm. Wenn nicht, wird abgebrochen.“ Pohl rät daher das eigene Programm kritisch zu hinterfragen: „Ist das Programm für die Zielgruppe interessant? Sind die Inhalte knackig aufbereitet? Und: Würde ich selbst als Zuschauer dranbleiben?“
3. Unterhaltsame Moderation
Online wie offline brauchen besonders längere Events eine Moderation, die durch das Programm führt, damit die Teilnehmer nicht Orientierung oder gar die Laune verlieren. Im Unterschied zu Online-Events wird bei Präsenzveranstaltungen eine wenig unterhaltsame Moderation oder ein holpriges Programm teils noch verziehen. „Wo soll man auch hingehen, wenn man schon einmal da ist?“ Bei Online-Events kann eine schlechte Moderation hingegen unmittelbare Konsequenzen haben: Im Zweifel wird einfach der Laptop zugeklappt. „Eine gute Moderatorin oder Moderator kann viel auffangen und ist bei Online-Events umso wichtiger. Denn hier kommt es noch mehr darauf an, eine Show zu zeigen und den Teilnehmern einen guten Grund zu liefern, dranzubleiben. Es kann sich also lohnen, für eine Produktpräsentation, ein Webinar oder eine Fachtagung professionelle Unterstützung zu holen“, erklärt der Experte.
4. Abwechslung – im Programm und in der Inszenierung
Nicht umsonst vergleichen Marketer die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne beim Medienkonsum mit der Leistung eines Goldfisches. Pohl rät deshalb, das veränderte Konsumverhalten bei der Programmgestaltung zu berücksichtigen. Der Trend geht immer mehr zu kurzen Informations-Häppchen und Video-Clips. „Schauen Sie sich gute Talk-Formate an und lassen Sie sich inspirieren“, empfiehlt Pohl. Ein gutes Beispiel seien die sogenannten TED-Talks, dass jedem Speaker jeweils 18 Minuten einräumt, um ein Thema mit einer Powerpoint-Präsentation umfassend und spannend zu inszenieren.
5. Kürzen, was das Zeug hält
Es scheint häufig unmöglich, noch weiter zu kürzen – doch dann geht es meistens immer noch ein wenig kürzer. „Versuchen Sie, es als eine sportliche Herausforderung zu sehen, die Essenz aus ihren Inhalten herauszupressen“, erklärt der Event-Experte. Das bekannte TED-Talk-Format ist aus gutem Grund auf 18 Minuten begrenzt. Pohl zufolge sollten Themen-Einheit auf maximal 15 bis 18 Minuten begrenzt sein. Sollte das nicht möglich sein, rät er das Programm in kleine Häppchen zu trennen, die diesen Zeitblöcken entsprechen.
6. Interaktion: Machen Sie Zuschauer zu Teilnehmern
Im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen besteht bei Online-Events zwischen Speaker und Publikum kein Blickkontakt. Der Bildschirm als Medium lege zudem eine Lean-Back-Haltung nahe, sprich einen passiven Medienkonsum, wie das beim Fernsehen oder Radio häufig üblich ist. Weil Passivität das Gegenteil eines Event-Erlebnisses sei, sollten Veranstalter Zuschauer zu aktiven Teilnehmern machen. „Das Gefühl, das Geschehen auf der Bühne oder eben auf dem Bildschirm beeinflussen zu können, sorgt für ein höheres Involvement. Das wiederum schärft die Wahrnehmung und die kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmer“, erklärt Pohl. Die Interaktion sei nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil sie das für Veranstaltungen wesentliche Gefühl der Gemeinsamkeit erzeugt, dass sich in der Online-Umgebung sehr schwer herstellen lässt. Technisch ließen sich Teilnehmer etwa über virtuelle Whiteboards, die Bildschirmfreigabe, moderierte und private Chats oder per Video in das Event-Geschehen integrieren.
Zuschauer sollten gleich zu Beginn der Veranstaltung kurz eingebunden werden, damit die Teilnehmer spüren, dass ein gemeinsames Event stattfindet und keine Frontalberieselung: „Aus welcher Stadt kommen die Teilnehmer? Wer hat sich über einen Laptop, wer über ein Tablet zugeschalten? Wer hat schon Erfahrung mit dem Thema?“
7. Meinungsbilder visualisieren
Das Involvement kann zudem weiter aufrechterhalten werden, wenn Meinungsbilder über die Veranstaltung hinweg visualisiert werden. Pohl: „Lassen Sie die Teilnehmer abstimmen und Fragen beantworten. Zeigen Sie die Ergebnisse direkt im Stream und lesen Sie gute Kommentare aus dem Live-Chat vor.“ Pohl legt Veranstaltern nahe, für diesen Zweck eine Redakteurin oder einen Redakteur einzusetzen, die die Interaktionen koordinieren und einzelne Beiträge an die Moderation übergeben können.
Den höchsten Grad an Partizipation erreichen Veranstalter, indem sie einzelne Teilnehmer per Video- oder Telefonverbindung zuschalten. Laut Pohl bedarf dies jedoch einer guten Vorbereitung sowie einer Technik-Redaktion, die vorher die Bild- und Tonqualität prüft, und die betroffenen Teilnehmer gezielt in das Programm schalten kann.